Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Republik — 1849

DOI Kapitel:
No. 102 - No. 124 (1. Mai - 31. Mai)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0473

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


Erſcheint Montags auge.
nommen äglich. In Heidel- hure»
berg und Umgegend monatl.
15 tr., vierteljährig 45 tr.
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden 1 fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2 kr.
Einzelne Nummern 2 kr.



Jie lie | ublilk.

„Für das Bolk und gegen seine Bedränger.'



Beſtelung wird gemacht 'in
Heidelberg in der Buchdruk-
kerei von O. A. Oßwald,
bei Kaufmann Berner,
Porzelanmaler Wa gn er,
u. bei der Expedition Lit.
D. 306; auswärts bei allen
Poſtämtern. Briese wer-
den frankirt erbeten.



NG 119.



Dounerſtag, 24. Mai

CG G m

TEM

1 849.





Deutſchland.

+ Heidelberg, 22. Mai. Wir haben geſtern
die Nacbrictt mitgerheilt, der Preußenkönig laſſe be-
reits Truppen in Fraukfurt einmarſchiren, und die-
selben seien ſchon so massenbaft dort angekommen, daß
der Kampf unzweifelhaft und zwar in den näctſten
Tagen beginnen werde. Neuern Natcthrickten zufolge
ſollen die Preußen zwar auf dem Marſcbe nach Süd-
deutschland und theilweiſe in Frankfurt auch ſckton ein-
getroffen sein, aber noch nicht in ſo großer Anzahl,
daß jetzt ſchon losgeſchblagen werden könnte. Dabei
entſteht unwillkürlich die Frage nach dem Grunde die-
ser Verzögerung. Will man von Seite der Fürſten
in Baden uud in der Pfalz die Begeiſterung verrauct en
und die Erhebung in ihrem eigenen Fette erſticken laſſen
und erſt dann energiſch auftreten, wenn die Wellen
der Begeiſterung nickt mehr ſo hoch gehen und in
Felge des langen Wartens in der ungewohnten Lagzze,
Miymuth an die Stelle der Aufregung getreten it ? ~
Es ist möglich, daß dieſer Plau um Hintergrnnde der
preußiſchen Manoeuvres liegt, allein eben ſo leicht

möglich iſt es auch, dasz der Preußenkönig, namentlich

im Hinblick auf die Siege der Ungarn über die mit
1hm verbündeten ruſſiſclhen Schweine und auf die Er-
hebung im eigenen Lande, zum Nacbgeben, zum Ver-
rindaren ſich entfchloſſen hat, um eine Vewegung,
deren er mit den Waffen in Hand nicht Herr zu wer-
ſich getraut, auf dem Felde der diplomatiſchen Ver-
handlungen zu beſlegen. Im Interresſe des Preußen-
Königs wäre der letztere Entſchluß der zweckmäßigſte,
= denn die ganze Bewegung im Süùddeutſchland ruht
in den Händen ſo ängſtlicher uud gemäßigter Staats-
bürger und ſo vorſichtiger Advokaten, daß ein halbes
Entgegenkommen von Seiten der Fürſten ſur ſie hin-
reicht, um das Schwert das sie mit der Scheide noch
in Händen haben,, wieder abzugeben an die rechtmä-

Higen Herrſcher. Einige heuchleriſche Versicherungen,

Anerkenung der Reichsgewalt von Seiten der Fürſten
und das Volk iſt abermals von ſeinen Führern ver-
lassen. .

r viel ſteht fett, fängt der Preuße den Krieg nicht
an, ſo iſt der Großherzog von Baden in wenigen
Wochen wieder im Lande, Brentano ſein Miniſter und
die Pfalz wieder bei Baiern. Kommen aber die Preu-
ßen und werden ſie besiegt, ſo haben wir in Stùd-
deutſchland eine Republik, wie die Franzoſen im Fe-
bruar vorigen Jahres; eine Republik, welche nach
Jahresfriſt den Papſt wieder einsetzen will – weil
Anfangs die Lamartine’'s an ihrer Spitze ſtanden.

Namentlich ſcheinen auch die Angelegenheiten der
Pfalz in den Händen von Leuten zu ſein, welcbe ſo
lange die Welt ſteht in Revolutionen nur zu pfuſchen
verſtanden. Es kommt uns heute ein neues Blatt zu
Gesicht, der zu Neustadt erſcheinende ,„„Pfälziſche Volks-
mann'’, welcher ſich ſehr bedenklich und mißtrauiſch
uyegen die Führer der pfälzer Bewegung änßert und
unter Auderm ſagt: :

«Es thut uns leid, gegen eine Partei in einem Au-
genblicke auftreten zu müſſen, wo Einigkeit ſo ſehr
noth wäre, wo Mancher Nachgiebigkent und Schwei-
gen für Klugheit halten würde, Allein wohin die gut-

müthige Nachgiebigkeit, wohin das deutſchmichelhafte
Schweigen in entſcheidenden Augenblicken führt, das
hat uns ſattſam die Nationalverſammlung in Frank-
furt, Berlin und Wien und zumal die Linke derſelben
bewiesen. Die entſchieden demokratiſche Partei, ſie darf
ſich nicht verflachen und zur Unenliſchiedenheit hinreißen,
noch viel weniger aus thöricbhter Klugheit oder vielmehr
Unbeſonnenheit ſich geſchweigen oder gar gebrauchen
laſſen von ein paar dummgeſchwätzigen notabeln Maul-
demokraten, die der Meinung ſind, Demokratie ſei nichts
anders, als daß ſie ihre ehrgeizigen , ihre herrſchſüch-
tigen, ihre iutereſſirten Abſichten durch ſetzen und als
allein berechtigte Herren über das Volk gebieten.
Mein! gerade in entſcheidenden Augenblicken thut auch
die größte Entſchiedenheit noth ; gerade da iſt es noth-
wendig, die Partei, welche ſelbſiſüchtig, eigenmächtig
und anmagßend, ſich an die Spitze der Bewegung ge-
ſtellt, in ihrer Gehaltloſigkeit, in ihrer Unbraucbbarkeit,
in ihrer Blöße und in ihrem eigenmächtigen Handeln
und feigen Nichthaudeln darzuſtellen.»

Der ,,„Pfälziſche Volksmann“ ſtelt ſodann folgende
Fragen an die proviſoriſche Regierung der Pfalz:

» 1) Warum iſt der Brückenkopf in Mannheim noch
nicht beſſer wit Kanonen beſetzt, da das Volk doch
Kauoneu hat ? iy

2) Warum iſt Miroslawski, der berühmte polnis
ſche General und ächte Demokrat ſammt seinen Po-
len, die ſich ſchon läygſt, zur Verfügung geſtellt, noch

ts

nicht berufen ? %

5) Warum hält man die deutſchen Freiſchaaren
von Willich und Becker, geordnete, bewaffnete Corps,
von der Pfalz zurück, obgleich ſte ſich gleichfalls zur
Berfügung geſtelt, und gleich den Polen die beſte
Bürgſchaft für die Sicherheit und Freiheit der Pfalz
uud Deurſchlands gegenüber der fürſtlichen Tirannei
und der Ruſſen ſind ?

4) Hängt das vielleicht zuſammen mit der ſchkauen
Warnung des hoch verrätheriſchen Reick sminiſteriums
Gagern in Frarkfurt: «keine fremden Elemente in die
Pfalz hereinzulassen ?»

3) Warum geht es mit der Organiſation des erſten
Aufgebots ſo langſam und warum ermüdet man die
armen Familienväter durch zu vielen Wachdienſt ohne
entsprechende Vergütung ?

6) Iſt es wahr, daß der Oberkommandant Baron
Fenner von Fenneberg weder die Polen noch die deut-
ſchen Freiſchaaren Willichis und Beckers will ?

7) Es iſt wohl eine Verleumdung, daß Fenner durch
ſeine Frau ein Verwandter des Kriegs-Kommiſſärs in
Landau und des Fürſten Metternich iſt ? '

8) Warum hat man den Kommandanten für die
Vorderpfalz, Bürger Straſſer, einen ehrlichen Wiener
Demokraten, zwar mit der Aufgabe der Bildung eines
Freikorps, das weder Sold erhalten und entscheidenden
Falles den gefährlichſten Poſten einnehmen soll (?),
von seinem Poſten entfernt ?

9) Warum hat der Landesvertheidigungs-Ausſchuß
den auf der zu Neuſtadt abzehalteucu Volksverſamm-
lung gefaßten Beſchluß betreffs der Erhebung einer
progreſſtven Einkommenſteuer ganz umgangen ?

10) In der Proklamation der proviſoriſchen Re-
gierung vom 18, dſs. Mts. heißt es unter Andersm :
 
Annotationen