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Die Republik — 1849

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No. 51 - No. 77 (1. März - 31. März)
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Erſcheint Montags ausgen
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Poft bezogen im
ganzen Großh. Baden | fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2kr.

.





s D) - _ [ R : bl k Heidelberg in der Buch-
J | druckerei von Renner u.
. Ic JP cp | ! > Wolff und bei Kaufmann

. y Für das Volk und gegen seine Bedränger.'"

Beftellung wird gemacht in

Berner; auswärts bei
allen Poftämtern. Briefe
î_ werden frankirt erbeten.





R2 73.

Dienstag, 27. März.



1849.





Prozeß des Leopold von Baden und des Baptiſt Bekk
_ gegen Guſtav Struve und Carl Blind.

"ru! E
_ Wir haben in No. 71 der Republik versprochen,, die 2.
Vertheidigungsrede Struve's mitzutheilen, es iſt dies aber des
großen Umfangs halber, den ſie naträglich bekommen hat, nicht
möglich, wir theilen daher nur einige Krafiſtellen aus dieſer
Rede mit :

„Durch die überlegene Kriegsmacht der Monarchiſten ſind

die Republikaner für den Augenblick beſiegt worden“ ~ ſagt

Struve — „,,deshalb halte ich aber die ſiegende Partei nicht

für berechtigt, Gericht über mich zu halten, und habe mich |

während der Untersuchung ſtets geweigert, auf thatſächliche
Fragen zu antworten. Jett aber hat ſich der Stand der Sache
einigermaßen verändert. Ich ſtehe vor Richtern, die aus dem
Volke genommen ſind , und werde antworten.# An einer an-

dern Stelle ſagt Struve: :

„„Wenn die Fürſten nach und nach die freiea Städte und

Völker unter ihre Botmähßigkeiten brachten, dies war freilich

kein Hochverrath. Sollte dies nun ein Verbrechen sein, wenn
ein monarchiſcher Staat zur republikaniſchen Freiheit übergehen
will ? Durch dieſe Behauptung würden die Fürſten mit ſich
ſelbſt in Widerspruch kommen. Nur der Unterſchied beſtelt,
.f te lezte Handlungeweiſe den Willen des Volkes fur
ich hat. ,

_ Mit der republikanischen Freiheit ging auch die Macht
und der Wohlſtand Deutschlands zu Grunde. Kein Volk
ku B; Außen mächtig sein, wenn es nach Innen ge-
nechtet iſt. : : -

. Die Befreiung und Einigung Deutschlands iſt nur durch
die Cinführung der Republik möglich. H 91:1 mut

Die Volksversammlung -in Freiburg habe ſich offen für
die Republik erklärt, sagt der Angeklagte ; eine Verſammlung
vom 30: bis 40,000 Männern habe ihren Bruch mit der
Monarchie erklärt, und zur Einführung der Republik ihre Zu-
ſtemmung gegeben, wogegen ſich nur 3 Anwesende erklärt hät-
ten. Von allem, was damals auch in Offenburg verlangt
'wurde, troßdem zwölf Monate seitdem vergangen , iſt noch
nichts b ew i ll i gt. Wenn wir zur Republik kommen könnten
ohne Oyfer, fährt Struve fort, wer weiß, ob nicht viele ihrer
jeßzigen Gegner ſich zu ihr bekennen würden. (Ohne Zweifel!)
Aber soweit die Weltgeſchichte reicht, iſt ein Umſchwung nie-
mals durch Berathung, sondern nur durch das Schwert zu
Stande gekommen. Doch waren wir entſchloſſen, wenn irgend
möglich, auf ruhigem Wege die Umgeſtaltung ins Werk zu
seßen. In Frankfurt begab ich mich mit Fickler zu Welcker,
wir stellten ihm die Unmöglichkeit einer Fortdauer der derma-
ligen Verhältnisse dar und erſuchten ihn, durch seinen Einfluß
bei der badischen Regierung zu erwirken, daß dieselbe die Ge-
ſtaltung unserer politiſchen Zuftände der Abſtimmung des Vol-
kes, die in vier große Volksversſammlungen auf Einem Tage
vor ſich gehen sollte, anheim stellen möge. Wir erklärten, für





die Erhaltung der Ruhe und Ordnung in diesem Falle ein-
ſtehen und uns unter allen Umständen dem Beschluſſe der
Mehrheit fügen zu wollen. Welcker forderte uns auf , unsern
Antrag ſchriftlich einzureichen. Wir willfahrten ihm, Fickler
übergab ihm denselben. Die Antwort war die Verhaftung
Ficklers und die Ausſlellung von Verhaftsbefehlen gegen andre,
der Sache des Volkes treue Männer.

Stets sei es ihr Grundsatz gewesen, Eigenthum und Per-
ſon zu ſchüten, heißt es an einer andern Stelle, aber ſie ſeien
freilich nicht Gebieter von an Gehorsam gewöhnten Leuten,
sondern Gleiche unter Gleichen gewesen, die nicht den Tor ei-
nes Befehlshabers annehmen durften und ſomit auch nicht
verantwortlich sein könnten für dasjenige, was Andere ohne
ihr Zuthun etwa begangen. Was würde man z. B. sagen,
wenn ich, sagte Struve, den Miniſter Bekk einen Mörder
nennen würde, weil badiſche Soldaten am Tage nath der Ein-
nahme von Staufen 7 harmlose Muſiker erſchoſſen hätten ; und

| doch iſt Bekk im Beſitze einer vollkommen organiſirten Macht,

welche uns durchaus abgegangen ; man nehme aber ſämmtliche

sogenantte Exceſſe der beiden Schilderhebungen zuſammen, so

würden diese nicht so schwer ins Gewicht fallen, wie jene ein-
zige Chat bei Staufen. | t '

Unser erſtes Strelen ging dahin, das Volk zu erleich-
tern, sagt der Angeklagte schließlich, unsere Grundsätze „Wohl-
ſtand, Bildung und Freiheit für Aller- zu verwirklichen. Die-
ſes aber läßt ſich nimmermehr durchführen, ſo lange alle diese

Uekbelſtände noch beſtehen, alle diese Blutegel noch an ihrem

Geſchäft belaſſen werden, ſo lange jene sechs Geiſeln, die Mo-
narchie, die Ariſtokratie, die Büreaukratie, das ſtehende Heer,
das Pfaffenthum und der Geldwucher den deutschen Volkskör-
per zerfleiſchen, so lange endlich diese Männer in Ministerien
und Kammern sigen. Ich bereue nicht, was ich gethan. Ich
bin überzeugt, daß auch dieſes Thun zum Wohle des Volkes
gereichen wird. Haben wir auch nicht die Republik, ſo haben
wir doch eine republikaniſche Partei errungen! Diese konnte
nur hervorgerufen werden durch Thaten. Die an der Spite
ſtehen, müſſen leiden; ich bin bereit, meinen Antheil an den
Leiden zu tragen, wie ich bereits einen guten Theil getragen
habe. Aber das Eine soll man mir nicht nehmen: Wie ich
auch immer gehandelt habe, ich habe gehandelt nach reiner
Ueberzeugung, ohne Nebenrückſichten, wie ich es dem Volke
verſprochen hatte und wie ich auch glaubte zur Befreiung des
Volkes handeln zu müſſen.. s ctzghs

Nach Strve ſprach Blind, der mehrmals vom Präſiden-
ten unterbrochen wurde. So verlangte derselbe, Blind ſolle
die Perſon des Großherzogs nicht in ſeine Rede bringen,
Den Schluß bildete ein nicht intereſſantes Zeugenverhör.





Deutschann.
Heidelberg, 26. März. Folgende Kerkerſcene möge
einen kleinen Beweis hiefern, daß auch von nichtbadiſchen Ge-
fängnißwärtern die ſchändlichſte Barbarei ausgeübt wird.
 
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