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Die Republik — 1849

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No. 51 - No. 77 (1. März - 31. März)
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to kr. Bei Inseraten koſtet

Erſcheint Montags ausges
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteliährig 45 kr.
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden | fl.



die dreiſpalt. Petitzeile 2kr.



Die Republik.

„Für das Volk und gegen seine Bedränger.'

Beftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch- -
druckerei von Renner nu.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.



V

Deutschland.

Maeanngßeim, 15. März. Seit vorgeſtern iſt die
Wache an der Rheinbrücke wieder verſtärkt und unter das
Kommando eines Offiziers geſtelt; Patrouillen durchziehen
nächtlich die ſtilen Straßen der Stadt. Auch Ludwigshafen
wird ſtärker durch bayrische Truppen besetzt und preußische Ar-
tillerie iſt im Anzuge. Ein Regierungscommiſssär aus Karls-
ruhe weilt tier, um die Sicherheitemaßregeln zu leiten und
zu forſchen, was an den Warnungsbriefen sey, welche die
Regierenden wieder erhalten haten wo ll en.

*+* Eſchelbronu. Hier hat ſich vor 14 Tagen ein
Volksverein gebildet, der bereits 105 Mitglieder zählt. Der
hieſige Bürgermeiſter benahm ſich hierbei sehr loyal und stellte
den Mitgliedern des Bereins den Rathhaussaal zur Verfü-
gung. Diese Conzessſion erregte den Unwillen und den Zorn
des hieſigen Vicars, eines blutjungen Pfäffleins, und mit sal-
baderntem Geifer fiel derselbe über die Ehrenhaftigkeit des
Vereins her Alsbald aber ging demseiben vom Verein aus
eine Note zu = keine öſterreichiſche und keine preußiſche, ſon
dern eine ächt deutsche, mit verſtändlicher Interpretation,
die wobl ihren Zweck nicht verfehlen wird, nämlich dem un-
chriſtlichen Pfäfflein chriſtliche Duldsamkeit zu lehren. ~

Auch in den nahgelegenen Nei denſteim. zeigten ſich
Männer zur Gründung eines Volksvereins. Dieselben wurden
aber . von einer reactionär - geimpften Brut, bestehend aus
dem dortigen Accisor, Förſter u. s. w., aus Subjekten von
geiſtlichem Kaliver, unter Androhung von Zuchthaus und Mili-
tärlaſt wieder eingeschüchtert. Die consequenten und kräftigen
Bürger Neitensteins ſchloſſen sich sofort dem hiesigen Vereine an.

Darrnurſtadt, im März. Volksoerſammlungen auf Volks-
verſammlungen werden hier gehalten; oft zwei und mehr an
demselben Sonntage in unserer Provinz. Wir wollen die
Freiheit wenigstens noch nach beſten Kräften ausbeuten, ehe
uns das pyreußige Erbkaiserthum und der allgemeine Belager-
ungszusiand einokroyirt wird; das Volk lernt wenigstens füh-
len, was es entbehrt, wenn es ſich nicht mehr unter freiem
Himmel. über seine eigenen Angelegenheiten beſprechen kann.
Der Umſchwung iſt bei uns fpät gekommen, aber daß er ge-
kommen iſt, dafür liefert Ihnen eine Volksversammlung, welche
am 6. März in der unmittelbaren Nähe der Residenz, inner-
halb der Bannmeile des Frankfurter Sumpfes ſtattfand, den
beſten Beweis.

Die oppoſitionellen politischen Vereine hatten die ,„Geſin-
nungsgenoſsen‘“ zu einer „Besprechung der Märztage' + da
man ſie einer Feier nicht wehrt hielt ~ nach dem ,Karlshofe‘‘
eingeladen. Statt einiger Hunderte, auf die man gerechnet,
fanden ſich hier einige Tauſend ein, für die natürtich bie Säle
zu eng waren. Die Redner, faſt nur der demokratischen Par-
tei angehörig, sprachen aus einem Fenster des Saales hinaus,
und auf dieſe Weiſe ward eine verbotene mit einer erlaubten

Mittwoch,





21. März. 18/49.

Versammlung vereinbart. Auf die Reden folgten Toaſte, und
ſelbſt ein Toaſt auf die rothe Republik war mit vielem Ent-
huſiasmus begrüßt. Diese extemporiſirte Domonſtration hat

die zahlreichen Heulerorgane der Residenz so überracht und in

Schrecken gesetzt, daß sie selbſt ihr gewöhnliches Geheul dar-
über vergeſſen und lieber die ganze Sache ignorirt haben, um
nicht durch ihre Weiterverbreitung die jungfräuliche Stadt vor
aller Welt zu beschimpfen. Es versteht ſich von selbſt, daß
den ganzen Abend alles Militär unter Waffen stand; ſchon
am Morgen waren scharfe Patronen ausgetheilt, Chevauxle-
gers hatten den Theaterplat, 100 Mann Jnfanterie das
Zeughaus besetzt, die Geschütze waren mit Kartätſchen armirt.~
Am 4. März aber iſt der Großyerzog, um zu zeigen, daß er
keine Furcht vor den Märztagen habe , im ſchnellſten Trabe
um die Stadt gefahren, und einige Tage ſpäter zeigte er ſich
mit dem erſten preußiſczen Helme, mit der gefährlichen Spitze,
die auch auf dieses unglückfſellzge Haupt noch des Himmels
moderuſte Bliye herabziehen wirke

* Köln, 15. März. Die Neue Rhein. Zeitung bringt
über den Centralmärzverein in Frankfurt folgendes Urtheil,
welchem wir vollkommen beiſimmen. „ Wäre der Märzver-
ein eine Organisation der P ar tei der Re voluti o n, wäre
er ſeibſt auch nur eine konsequente, friſche Frucht der Mä r z-
emeute, wir würden eine Ungeschiklichkeit von ihm hinnehmen,
wie es ohne Widerrede seine Annoncenspekulation war. Der
Märzverein ift erſtens ohne Wirftſamkeit, wenn Adreßen nicht
etwa dieselben ausmachen, er iſt ferner ein hoffnungévolles
Thor zwiſchen Konſtitutionelle (das sind für uns ſchlimmere
Reaktionsanhänger als der Club des Ritters von Radowiyt)
und einigen biedermänniſchen Demokraten, deren Blick vom
Reichversöhnungsdunſte ſich benebeln ließ. Die Unentſchieden-
heit wird ſlets dic Majorität in jenem Central-Co.nmerzverein
ureigenthümlich besitzen, das Volk wird er vielleicht zum Miß-
vergnügen aufſtacheln, im entscheidenden Augenblick aber ver-
rathen und nachträglich ſeinen Irrthum bejammern. ,

Matibvor, in Schlesien, 11. März. Die flüchtigen öſt-
reichiſchen Abgeordneten paſſirten unsere Stadt auf ihrem Wege
nach Breslau. Zwei öſterreichiſche Polizeiſpürhunde folgten
einem derſelben, dem Profeſſor Fü st e r, auf der Spur. Und
wirklich fanden ſie den hieſigen Bürgermeiſter Sempricht elend .
genug, auf einen Befehl der k. k. militärischen Standrechts-
beſtien in Wien, dieſen Abgeordneten zu verhaften. Vergebens
bemühten ſich unſere Demokraten, die Rechtswidrigkeit dieser
Handlung zu beweisen und seine Freilaſſung zu erwirken.
Man mußte zur Liſt greifen und zum Jubel des Volkes ge-
lang es dem Abgeordneten, zu entsſpringen. Das Volk hat
ſich die bürgermeiſterliche schwarzgelbe Natter ad notam ge-
nommen!

Lirrz, 8 März. Das Strafhaus am hieſigen Sdchloß-
berg wird zu einem Kaſtel hergerichtet; bis den 16. d. M.
wird bereits eine Batterie aufgeführt. Man scheint ſich auf
alle Fälle rüſten zu wollen. Die starke Rekrutirung hat auf
 
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