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Die Republik — 1849

DOI Kapitel:
No. 125 - No. 141 (1. Juni - 21. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0539

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Erſcheint Montags augen.
nommen täglich. In Herden
berg und Umgegend monatl.
1 5 kr., vierteljährig 45 kr.
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden 1 fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2 kr.
Einzelne Nummern 2 kr.

Die |



epublik.

„Für das Volk und gegen ſeine Bedränger.'“

Beſtelung wird gemacht in
Heidelberg in der Buchdruk-
kerei von O. A. Oßwald,
bei Kaufmann Berner,
Porzelanmaler Wa gn e r;
auswärts bei allen Poſtäm-
tern. Briefe werden
frankirt erbeten.













r 187.



Freitag, 1 8. Inui

1849.









Denutſchland.

+ Heidelberg, 14. Juni. Bekanntlich hat die
liberale Märzregieruug in Württeniberg, bat Römer,
der ſchwäbiſche Bekk, eine Ansprache an das Volk er-
lassen, worin er dieſes gegen die deutſche Nationalver-
sammlung in Stuttgart und die von ihr eingeſette
Regentſchaft aufhetzt. Dieſe Proklamation gab einem
Abgeordueten Veranlaſſung, folgende Fragen an die
Regentſchaft zu ſtellen:

1) Ob ihr offizielle Mittheilung geworden iſt von
einer Proklamation des württiembergiſchen Ge-
ſammtminiſteruums an das württembergiſche Volk ?

2) Was die Regentſchaft –~ dafern die Antwort
eine bejabeude iſt ~ in Folge dieser reichsfeind-
lichen Manifeſtation gethan hat ?

Vogt, einer der neuen Regenten, verneint die erſte
Frage, und in Betreff der zweiten autwortete er, nach-

dem er die Proklamation ſelbſt kritiſirt und widerlegt hatte:

»Das Gesetz der Nation hat uns, der Regeutſcbaft,
den Oberbefehl über die geſammte bewaffnete Macht
Deutſchlands gegeben. Derjenige, der diesem Geſetze
nicht gehorcht, der iſt treubrüchig, und wir werden
alle Meittel, die in unſern Kräften ſtehen, in Anwen-
dung zu bringen wiſſen, um dem Geſetze, so wie cs
ſich gebührt, Geltung und Anerkennung zu verſcbaffen.«

Nun, wir wollen sehen, was die neue deutſche Re-
gentſchaft der württembergiſchen Regierung gegenüber
thut! –~ So ſehr die Partei, zu welcher die Vogt, die
Raveaur gehören, wit radikalen Redensarten um ſich
zu werfen weiß, so ganz traurig benimmt ſie ſich, ſo-
bald es zum Handeln kommen sol. An dem ganzen
Unheil, das die Nationalverſammlung über Deutſch-
land gebracht hat, ſind diese Leute ſchuld; die Leute
nämlich, die auf der linken Seite in der Paulskirche
ſtehen und eine sehr ſtarke Minorität bildeten. Hätten
ſſe eine revolutionäre Oppoſition der Recbten gegen-
über gebildet, ſo hätten die volksfeindlichen Beſchlüſſe
dieſer Partei gar nictt ausgeführt werden können.
Statt deſſen aber fügten sie ſich der Majorität und
gingen mit dieſer unter. So z. B. ſtimmten die Herren
Vogt und Raveaux gegen einen unverantwortlichen
Reichsverweser, allein troßdem halfen ſie ihn nachher
wählen. Hätten ſie nicht mitgewählt und dem Reichs-
Johann bei ſeinem erſten Eintritt in die Paulskirche in
Prozesſſton als Zeichen ihrer Anerkennung einen Hans-
wurſt entgegen getragen, der Unverantwortliche wäre
schnell wieder zurückgekehrt und Deutschland von einer
Zentralgewalt, die mit dem gekrönten Schuft in Preu-
Hen ſich verband, verſchont geblieben. Allein die Herren
Vogt und Raveaux ſind liberale Diplomaten und
Sctwätzr, aber keine revolutionäre Charaktere.

~ 1A4. Juni. Während in Preußen, Baiern und
Sachsen eine allgemeine Demokratenhetze angeſtellt wird
und die dortigen Regierungen ganz im Ernſt den Plan
gefaſſt haben, alle Demokraten einzufangen, läßt man
unsere Reaktionäre wieder frei. Faſt alle Muckir-
pfaffen, die in jüngster Zeit eingethürmt waren , ſind
wieder frei.

r Hs Juni. Ein gewiſſer Bürger Doll iſt zum
Mitglied des Kriegsminiſteruums ernaunt und ihm die
Orgauiſation der Volksweyhr übergebeu worden !!!

~~ 14. Juni. Wie die franzöſiſcke Regierung nach
der Februarrevolution ſozialiſtische Erperimente machte,
die unausführbar waren, so fängt man nun auch bei
nns mit Progreſſivſteuern und Zwangsanlehen an. –~
Es iſt wirklich unerklärlich, mit der Piſtole der Exe-
cution in der Hand das Privateigenthum durch Zwangs-
aulehen und Progresſſivſteuern anzugreifen, während in Ba-
den mehr denu 200 Millionen in todter und in der Hand
von Ariſtokraten ſich befinden, welche geſtohlene Millio-
nen dem Volke zurückzuerſtatten haben. Wenn doch nur
ein tüchtiger Nationalökonom in der conſtituirenden
Verſammlung ſich befände! Wir werden auf dieses
Kapitel morzen zurückkommen.

Heidelberg, 8. Juni. Wenn je eine Oppoſition
zur reckten Zeit gekommen iſt, so iſt es diejenige des
«Klubs des entsctiedenen Fortſchrittes.s. Die Sarthe
drohte einzuſchlafen; faſt schien es, als ob Brentano
des eigenen Werkes überdrüſſig würde. Die Schonung
des Beutels ging so weit, daß man das Friedensbudget
nicht überſchreiten wollte. Obgleich die Soldaten ihre
Feldzulagen erhielten, zogen die Volkswehrmänner in
der letzten Zeit keinen Kreuzer Sold, und blieben dem
Patriotismus der Bürger überlaſſen. Es geschahe denn
auch in dieser Beziehung viel, so ſandte Heidelberg
vorgeſtern noch mehrere Wagen voll Brod und Bier
hinaus, obgleich es mit Einquartierung überhäuft iſt.
So iſt mir ein reicherer Bürger hier bekannt, der ſchon
bis 1 10 Mann Einquartierung wit Verpflegung auf-
nahm, und durchgängig 40 bis 60 Mann im Hauſe
hat. Aber der Patriotismus einzelner Orte kann doch
auf die Dauer die Pflicht des ganzen Landes nicht
übernehmen, es preßt dabei die Gutgeſinnten aus,
während dabei die Reaktionäre frei ausgehen. So
mußten denn die Voklkswehrmänner in der glühenden
Hitze ſich Strapatzen und Gefahren ausſetzen, und hatten
nicht einen Kreuzer in der Taſche. Es iſt zu verwun-
dern, daß dadurch kein Unfug herbei gerufen wurde,
und man kann, wenn man die Leute und ihr treffliches
Benehmen ſieht, in Wahrheit ausrufen: «Es wärchſt
der Menſcb mit seinem höhern Zweck.»

Heidelberg, 11. Juni. An der Grenze iſt immer
noch Nichts gejchehen. Warum ? Darüber wollen wir
unſere Vermuthungen einſtweilen nicht ausſprecten.
Unsere Freiheitsarmee iſt aber fehr mißmuthig, weil
bis jetzt noch kein Angriff geschehen. Hoffentlich gehen
die kriegeriſchen Unternehmungen jetzt einen raſcheren
Gangz geſtern Abend iſt nämlich der von der Regie-
ruug aus Paris berufene, ausgezeichnete polniſche Ge-
neral Mieroslawsky in Begleitung des Juſtizmini-
ſters Peter im hieſigen Hauptquartier eingetroffen. ~
Der einstweilige Oberbefehlshaber, Oberſt Beck, der
kein Vertrauen bei den Soldaten hat, wird also zurück-
treten und Mi er os la ws k y den Oberbefehl über un-
sere Armee übernehmen. Dem Bürger J. Pyr. Beckcr
iſt vom Kriegsminiſter Sig el das Kommando der mit
der Neckararmee vereinigten und noch zu vereinigenden
Volkswehren übertragen. Zugleich wurde ihm dec Ober-
befehl über eine Heeresabtheilung der Arntee zuge-
sichert. ~ Die Hessen haben ſich weir von der Grenze
zurückgezogen. Die Vorräthe in der Gegend von Darm-
ſtadt ſiud aufgezehrt. Die dortigen Quartierträger ſind
unzufrieden wegeu ſtarker Einquaitirung ohue Bezay-
 
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