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Die Republik — 1849

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No. 78 - No. 101 (1. April - 29. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0393

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Erſcheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Poft bezogen im
ganzen Großh. Baden | fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2kr.







Die Repul

„Für das Volk und gegen seine Bedränger.‘"

Beftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner nu.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.







R 98,

Deutſchland.

*Heidelberg, 24. April. Wir haben in unserem Artik.
Nro. 06, über „Krieg oder Frieten mit Dänemark-- uns ge-
gen den Krieg mit Dänemark ausgesprochen und unter anderem
bemerkt, daß man jedenfalls die demokratischen Regimerter
nach Holstein ſchicen werde um dieſelben turch Generäle
öſtreichiſcher Art ins Feuer und Verderben führen zu laſſen.
Wir haben auch in unseren neuern Artikeln, die wir ſtatt der
dünnen Renomagen der nationalen Duſelblätter, über den
Werth des Kriegs mit Dänemark unseren Lesern brachten, da-
rauf aufmerkſam gemacht, daß die ganze Sache nichts als
eine Comödie sei, aufgeführt, um die Augen des Volks vom
Kampfplayze in Ungarn, von den siegreichen Schlachten, die die
Freiheit gegen Deſterreich erringt, abzulenken. Wir haben aus
diesen Gründen hauptsächlich dem Volke gerathen, ſich nicht
über diesen Krieg zu freuen, ihn nicht zu unterſtüten, sondern
ihn mit aller Macht zu hintertreiben. Hatten wir recht ê
Alle unsere Befürchtungen waren nicht vergebens, unſere Pro-
phezeihungen gehen jetzt ſchon in Erfüllung. Bei dem Sturme
auf Dannewirke wurde das ſcächſiſche Schützenbataillon aus
Leipzig, das seines ausgezeichnet demokratiſchen Sinnes halber
ſchon vielfach in Zeitungen gelobt wurde, vorangeschickt und
mußte un geschützt lange Zeit dem Kartälſchenfeuer däniſcher
Batterien gegenüberſtehen, wobei 11 Offiziere und 147 andere
Soldaten getwdtet und verwundet wurden. Die Baiern, be-
kanntlich das servilſte Militär, ſtelte man hinier die Wälle,
und nur wenige wurden verwundet. Auch die Nassauer, von
deren guten Gesinnung wir Heidelberger selbſt Zeuge waren,
ſollen jehr bedeutend gelitten haben, ſowie unsere badische In-
fanterie. Der „Hamb. Courier-- ſchreibt: jDie erforderliche
Truppenzahl zu einer Invaſion in Jütland iſt jetzt vorhanden
und ſchon seit einigen Tagen vorhanden gewesen und immer
noch kein Befehl zum Vorrücken. Hohe Offiziere, die ich Ge-
legenheit hatte zu sprechen, zucken mit den Achjeln und machen
ein betrübtes Geſichtz; sollte ſich das vorigjährige Spiel er-
neuern, ſo wären die Folgen, bei der Stimmung unſerer tap-
feren Krieger, höchſt bedenklich. Man ſpricht hier wieder von
Waffensſtillſtand.--

Ganz, wie wir's voraus gesagt! Freuet Ihr Euch noch
ob der ſchleswig-holſteinischen Komödie ? –

* Heidelberg, 25. April. Folgenden Brief werden
wir gebeten in unser Blatt aufzunehmen. Wir thun dies um
unsern Lesern ein kleines Muſter von badiſcher Militärgerech-
tigkeit zu geben, die übrigens der Gerechtigkeitsliebe des Herrn
Bekk und Conſ. nicht viel nach gibt :

„Bürger Redacteur! Zur Steuer der Wahrheit und als
Beleg für die Behandlung unglücklicher Beſtegten unter mo-
narchiſchen und besonders Militärgesetzen, erſuche ich Sie fol-
genden an mich gerichteten Brief eines jungen Mannes , der
bei der bad. Artillerie gedient, nach seiner Des ertion ün
Juni 1848, bei. dem Septemberaufſtande eine Stelle als re-
publ. Hauptmann bekleidet hatte, gefangen und vor 2 Mona-
ten von hier aus an Militärkommando ausgeliefert worden
war, in die Spalten Iyres Blattes aufzunehmen.

Garniſionsgefängniß Karl s r uh e, 20. April 1849,

Lieber Karl! Ich benachrichtige Dich, sowie unsre Freunde,

hiermit, daß ich geſtern vor dem Kriegsgerichte war und daß
mein Anwalt, der die Vertheidigung ſchriftlich abgab , so i n -

» EUER E E R E I I TCE HH S N
D, 1 o
Donnerſtag, 26. April.









18/49.

fam war, mich eher kräftiger 'anzugreif en als
zu ver the id ig en.*) Meine von mir vorgetragene Verthei-
digung wurde ſtets dur < Murmelnec. c. unt erbrochen
und zulegt mußte ich ga nz schweigen. Ich bin deßhalb auch
gewiß, daß ich sehr ſtreng beſtraft werde. Da ich aber, ehe
mich das Gericht verurtheilte, wieter ins Gefängniß abge-
führt wurde, so kann ich Euch nicht agen, was ich ſür eine
Strafe erhalte. Ihr werdet gewiß nächſtens frei werden und
ich wünsche Euch Glück dazu. Nach meiner Abführung in's
Zuchthaus (in ungefähr 8 Tagen) werden einige Scenen aus
dem Trauerspiele -das Kriegegericht-. veröffentlicht werden. Ich
habe auch gegenwärtig viel mit meinen Eltern zu kämpfen,
doch werde ich ſtets feſt bleiben.

Grüße alle Freunde und sage ihnen mein herzliches Le-
bewohl; denn wenn ich in Penſsylvanien bin, werden ſie meine
Stimme nicht mehr hören können. Lebe wohl, theuerſter Freund
uad denke bisweilen in freundſchaftlicher Erinnerung an Dei-
nen eingekerkerten Freund

| Ph. Z enthöffser.

Der brave Bürger Zenthöffer iſt, wie wir jetzt erfahren
zu zehn Jahren Zuchthausſtrafe verurtheilt.

Bruchsal, 20. April. K. F. Bauer, polt Gefang.

Hört es, ihr gebildeten Nationen, das iſt die groh. ba-
dische Gerechtigkeit Struve nnd Blind, die Führer des Auf-
ſtandes werden zu 5 Jahren, und ein ganz untergeordneter
Theilnehmer zu 10 Jahren Zuchthaus verurtheilt! Is Sol-
ches ſchon erhört worden?

:) Moth, 24. April. Unsere Gemeinde hat einen glän-
zenden Beweis ihrer Mündigkeit abgelegt. Die Regierung,
die es eben immer noch mit den Muckern und Jeſuiten zu hal-
ten ſcheint, wollte auch uns einen Erzyfaffen in Geſtalt des
Herrn Becker aus Rothenfels zum Seelsorger anhängen, aber
kam an die Fa!ſchen. Kaum ward es im Dorfe bekannt, daß
ein Jeſuit uns in Zukunft unsere Kinder erziehen helfen, ein
Jeſuit mit seinen Teufeleien in unsere Gemeinde einziehen
ſolle, so thaten sich die Bürger zusammen und reichten einen
Proteſt mit 180 Unterschriften gegen diese Bescheerung ein.
Den Herren in Karlsruhe aber und deren treuem Knecht, dem
berühmten Kirchgäſſner von Philippsburg, ſchien dies nicht recht
zu gefallen. Mit 8 Mann Schandarmen erschien Kirchgäſſner
in unserem Orte und hinter ihm Pfarrer Becker mit der Frau-
Haushälterin an Arme. Die Gemeinde wurde zuſammenbe-
rufen, erschien aber nicht; die Kinder auf der Straße hingegen
begrüßten mit lautem Miau-., „Pfaffr , auch wollen einige
Steine fliegen geſehen haben, das Pfaffenpärlein, das nichts
Ciligeres zu thun hatte, als rechts um kehrt euch zu machen u.
mit Sack und Pack zum Tempel hinaus zu wandeln. Der
Amtmann entfernte ſich auch glücklich wieder, und man denke
ſich , welch ein Wunder, wir leben au < ohne Pfaffe, ohne
Kanzelſchwätzer ; wenn die Regierung uns noch viele Poſſen

macht, so werden wir alle, mit Weib und Kind, deutchka-

th ol i ſch, dann haben wir tie ganze Langweilerei vom Halſe.
Unser Bürgermeister, auch so ein B e kk ianer, ein Vogel, wie
ihn unsere Regierung zu lieben scheint, wird auch bald ausge-
pſiffen haben; wir gedenken ihm jetzt ein Mißtrauensvotum zu



*) Wir werden uns eines Tags an diesen gewisſsenhaf-
ten Anwalt und an das Kriegegericht erinnern !
 
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