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Die Republik — 1849

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No. 78 - No. 101 (1. April - 29. April)
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Erſcheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden | fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreispalt. Petitzeile 2kr.



Z zr



L R Z

M b: 92. Do
Das Vaterland iſt in Gefahr!

Z. Wir ſind sonst nicht gewohnt, Phraſen von Halblibe-
ralen und am allerwenigſten von dem Apoſtat Welcker in
den Mund zu nehmen, aber wir thun es diesmal, um zu
zeigen, daß wir allerdings ein drohendes Gewitter ahnen, nur
nicht von der Seite, von welcher es die Erbkaiserpartei heran-
ziehen ſieht: Nichre von Oſten und nicht vom Norden, am
allerwenigſten von Westen her zuckt der Strahl; unsere Feinte
und Widersacher wohnen mitten unter uns und unſere eigene
Partei, die der Republikaner, nährt die Schlange an ihrem
Buſen. Wir warnen alles Ernſte s vor einer Ver-
bindu ng mit den re actionären Vaterländlern,
die den letztern erwünſcht und, wie die unzweideutigſten That-
sachen zeigen, auch den entſchiedenern Demokraten nicht unzweck-
mäßig zu sein ſcheint. Uls R o b e r t B l u m ermordet
wurde und wir uns der ſchmeichelnden Hoffnung hingaben,
jetzt würden die blinden Fanatiker der Ruhe ſhehend, jett
würde ihr patriotiſches Gemüth, das ſie so gern zur Schau
tragen , einen Schrei des Entſeßens , jeßt würde ihr Arm ein
Schwert der Züchtigung haben : was haben wir erlebt? Hie
und da einen Laut der Mißbilligung, aber gegenüber den of-
fenen Anforderungen der Volksstimme hämiſche Verdächtigungen,
Verhöhnungen der Feierlichkeiten zu Ehren des leider zu früh
dahingeſchiedenen Märtyrcers. Als muan die Preußiſche Na-

tionalverſammlung auseingnderjagte, als die Standrechtebeſtien .!

mit Kugel und Blei überall den Freiheits- Veſtrebungen ant-
worteten, was hat jene Partei gethan, um ihrem Rechtsge-
fühle, das sie als Monopol gepachtet zu halen vorgibt, zu
genügen? Nichts, gar Nichts. Uno tiesen Menſchen sollen
wir die Hand reichen zum Schutze der Märzerrungenſchaften,
dieſen Verräthern (Pfui Mathy, Baſſermann et Conſ.) sollen
wir glauben, wenn sie uns versprechen, gemeinſame Sache mit
uns gegen den König von Preußen machen zu wollen. Es
iſt allerdings eine traurige Nothwendigkeit und die Folge der
Faulheit der Paulskirche, daß in dem entscheidenden Augenblick
Louis Simon Brüderſchaft trinken muß mit Simſon! Aber
wenn ihr in der Paulekirche euch an ein ſchwankes Brett
anklammert, wir da draußen wollen lieber auf eigenen Füßen
untergehen, als durch andere ~ nochmals verrathen werden.
Und welches iſt denn eigentlich der Sinn dieser unnatürlichen
Coalition ? | U

Die Verfassung, diesen elenden Broſamen, will die Rechte
und die Linke ſchüßen gegen den König von Preußen mit
ſeinem fuürſtlichen Anhange , ſchüten –~ mit Worten.

Wenn worgen oder übermorgen die Kaiſerkrone glück.i h
an den Mann gebracht iſt, und wenn es ſich dann darum
handelt, daß wir ausrücken sollen gegen das knchtende Regi-
ment in Oefterreich, daß wir überall die Presse entfeſseln, tie
Kerker lüften und der Standrechtswirthſchaft gegenüber treten
sollen , glaubt ihr , daß auch dann der edle von Gazern, daß
Rießer, der Wohlgenährte, daß Dahlmann, \Biedermann, Baſſer-
many, daß der biertrinkende Apoſtat S o ir on das Gewehr

ſchultern und den Anmaßungen der glücklich geschaffenen |

900,000 Bajonette ihre auf Reichskoſten zärtlich gepflegten
Leiber entgegenſtemmen werden ? j

Ja noch mehr! Wenn Friedrich Wilhelm Hohenzollern
mit dem Herrr Schwager und dem Vetter in Ogßterreich hiel-
ten, trotz der Poſaunenſtöße der Paulskircher die Herrn heim-

Die Republik.

„„Für das Volk und gegen seine Bedränger.“

nuerſtag, 19. April.



Beftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner n.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

1.849.

ſchickt und uns den alten Bund zu oktroyiren geruht; seid ihr
ſo vernagelt, euch einzubilden, daß diese Reactionäre reinsten
Waſſers Barrikaden bauen und an der Fürſtensouveränität
rütteln werden ?

Nun Demokraten, wenn ihr so verbohrt ſeid , dann laßt
euch aufnehmen in den hiesigen Lyceumssaal, dann ſeid ihr

reif für einen vaterländiſchen Verein und zu schlecht - für

die Demokratie.



Deutschland.

X Aus dem Vadiſchen, 17. April. Armer Belkk,
armer Baptiſt! Trotz Wahlgeſet, trot; Verfaſſungsänderung,
trog „Vaterlandsblättern,« „ter Bienen- des Herrn Giehne
und Ihrer lieben Freunde Mathy, Welter, Bassermann, hebt
eben der alte Staat nicht mehr, bricht das künstliche Mach-
werk Deines „ ſchlauen Staatsmannskopfes - zusammen vor
Deinen Augen. Wahrlich, wir rathen Dir ,
Prgut. s könnte der ſtürzende Bau auch Dich
Erschrickſt

ſei auf der

' verſchütten.
Du nicht, wenn Du jeden Tag von den neuen

Veolksvereinen lieseſt ? Erſchrickſt Du nicht, wenn Du die

laute Stimme des Volkes hörſt, die nicht undeutlich auch über
Dich ſich ausſpricht k ~ ~ Ihr Staatsmänner ſeid taub, seid
blind! Jhr »ſehet nicht die Lawne, die mit Riesenſchnelligkeit
anwächſt, um sich auf Euch zu ſtürzen, Itr höret die war-
nende Stimme nicht, die euch ſtündlich zuruft: „VLaſſet ab, laſſet
ab !-: Ihr steuert unaufhaltſam auf euer Verderben los. Ihr
ſaget: nicht das Volk, nur wenige Schreier, Zeitungsſchreiber,
Nichtsthuer ſind gegen uns, das Volk iſt zufrieden # Gut
denn, wir werden fortfahren, euch die Volksstimme zu ſchil-
dern und wollen sehen, ob wir nicht den Beweis m
nen, daß Dreiviertheile Badens mit dem Beſtehenden nicht
zufrieden ſind ; vor allen aber Cuch haſſen als die größten
Feinde. ~ In Ra ſtadt hat ſich, durch das Feuerwehrkorys
unterſtütt, am 14. ein Volksverein gebildet, der sogleich 150
Mitglieder zählte. In Haslach, im Kinzigthal, traten die
Bürger ebenfalls am 14. zusammen, um einen Volksverein zu
gründen und in Sasbach bei Achern beſteht ebenfalls fit
dem 9. April ein ſolcher. Daß auch an dieſen Orten die
Verbündeten Bekks, die Amtmänner und Pfaffen alle Mittel
gegen die neuen Vereine anwenden, verſteht ſich beinahe von
ſelrsſt, daß aber all ihr Lärmen und Heulen vergebens iſt, iſt
ebenfalls klar. So ſchreibt man uns aus Sasbach, daß nach
dem ſich der Volksverein dort gegründet hatte, das Pfäfflein
Sonntags tarauf ganz gräulich von der Kanzel herab ge-
ſchimpft und gelärmt habe. Lumpen, Müßiggänger, Säufer
waren die heiligen Worte, mit denen der Seelſorger ſeine Ge-
meinde erbaute ; und ſchließlich forderte er nicht undeutlich auf
auch einen Baterlandsverein zu gründen. Das half aber nichts,
die Bürger blieben feſt, troß Pfafsengewäſch. Die Leute ſag-
ten : Der hat gut ſchwägen mit seinen 3300 fl. Beſoldung it
und thaten, was ſie ſür gut befanden. ;
Auch aus Nußloch ging uns ein ähnlicher Bericht zu;
such. dort verſucht der ,' Pfaffe des Herrn ,. der vielgerühmte
Pietiſt Eichhorn das Himmelreich der Welt zu bringen , in-
dem er Flugschriften über „ die Pfälzer Bauern - und andere
vaterländischen Vereinswiſche vertheilt, auch dort werden alle
Sprüche der Bibel angewendet, um die Volksvereine zu ſchmä-
hen; hilft aber auch nichts. Alles lacht über die Jeſuiten-
 
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