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Die Republik — 1849

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No. 78 - No. 101 (1. April - 29. April)
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ganzen Großh. Baden l.

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die dreiſpalt. Petitzeile 2kr. j 1





„Für das Volk und gegen seine Bedränger.'“

HBeſtellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-

i druckerei von Renner n.
_ HWoltf und bei Kaufmann
Bernt'er; auswärts bei
allen Poftämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.





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NE §G1.
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An den vaterländiſchen Verein zu
Heidelberg!

! (Schluß.)

Der gröbſte Irrthum aber, der ſich in Ihrer Erwiederung
findet, iſt der, daß Sie ſagen: Wenn eine Republik kommt,
ſo werden wir nicht ihre ſchlechteſten Bürger ſein. Ich aber
ſage Ihnen: Wenn in Deutſchland die Republik gesiegt haben
wird, dann werden Sie Bürger des Himmels, auf den Sie
ja ſo kindlich naiv vertrauen, geworden ſein , nicht aber Bür-
ger der deutschen Republike.

Sie sprechen weiter von einem jungen Spießer, der auf

| dem Heidelberger Arbeitercongreſſe dazu aufgefordert habe, die
Kiſten und Käften der Geldsäcke zu erbrechen. Das Wortſpiel
| auf den Namen Hirſch iſt nicht ſchlecht, es zeugt ſogar von
etwas Wig. Ich würde daher dem Herrn vom vaterländiſchen

HH...

Verein , aus dessen Gehirn derselbe entſprungen iſt, in allem
Ernſte rathen, sich um die noch vakante Stelle eines Hofnarren
beim deutſchen Erbkaiſer zu bewerben. Was nun alber die
Worte betrifft, welche Sie dem jungen Spießer in den Mund

, legen, ſo muß man Sie, meine Herren, wiederum für erbärm-

liche Lügner erklären, denn weder Hirſch, noch ſonſt ein Mit-
glied des Arbeitercongreſſes hat eine solche Aufforderung aus-
geſprochen. Ebenso iſt es eine infame Lüge, wenn Sie be-
haupten, vaß Ludwig Feuerbach die Suittichkeit des Volkes
untergrabe.

U kann in der That die Unverſchämtheit nicht faſsen,
mit der Sie, meine Herren vom vaterländiſchen Verein, Be-
hauptungen aufstellen, welche Sie nicht beweiſen können. Ge-
schieht dies von uns ? Haben wir je behauptet, die Mitglie-
der des vaterländiſchen Vereins seien Freunde des Vaterlands ?
Haben wir je behauptet, die Mitglieder des vaterl. Vereins
seien redlich und uneigennütig ? Haben wir endlich auch nur
behauptet, die Mitglieder des vaterl. Vereins beſäßen Ver-
ſtand ? Nichts von allem dem! Der Beweis für ſolche Be-
hauptungen würde uns unmöglich gewesen sein. Verfahren
Sie doch ebenſo; behaupten Sie nichts über die Demotraten,
was Sie nicht beweiſen können. ;

Ich würde noch lange fortfahren können, Ihre Erwiede-
rung zu beleuchten, aber ich will Sie nicht länger langweilen ;
denn auch hierin bin ich großmüthiger als Sie, meine Herren
vom vaterl. Verein, welche sich nicht entblöden, tagtäglich un-
bezwingliche Maſſen von weichem, mit Ihren Lügen ge-
drucktem Papier in die Welt zu senden. Leben Sie wohl!
Ich hoffe, daß Sie meiner mit Haß uud Verachtung gedenken
werden.

Heidelberg, 1. April 1849.

Ein Demokrat.

Deutſchland.

§§ Voun Neckar, 3. April. Als Napoleon, und mit
ihm die letzten Reſte der großen franzöſischen Revolution durch
die vereinten Monarchen Europa’s in den Staub getreten wa-
ren, als der alte Staatéunfug in seiner ganzen Fülle ſich in
Frankreich wieder niederließ, [kamen auch tie Junker und



Pfaffen, die das vom Volke eroberte Land verlassen hatten,

Dounerſtag, 5. April.







1849.

wieder zurück, und mit ihnen die lieblichſten aller, die Bour-

boniſchen Prinzen.

Die ungeheuern Güter der Flüchtlinge hatte aber 1793
der große Nationalkonvent zur Zeit der Gefahr des Vater-
landes den Kämpfern für die Repnbkik versprochen, jedem Bür-
ger ein patriotiſches Geschenk von 2 Hektaren. Tauſende
gingen in den Kampf, Tauſende fochten für die Freiheit Frank-
reichs, aber die versprochenen Güter wurden nicht vertheilt,
gingen nicht in die Hände des Volkes über. Am neunten
Thermidor geschah der große Meuchelmord, Robespierre stürzte.
Die zweihundert Millionen Hektaren geriethen in Vergeſsſen-
heit, und die Besieger Robespierre's, die Geldsäcke, verſchleu-
derten im Stillen unter sich die Güter. Für Speottpreise
kauften die Herren der damaligen Regierung (jetzt Millionäre)
die großen, fruchtbarſten Ländereien an; das Volk aber , das
thätige, das sein Blut verſpritzt, erhielt keinen Gewinn da-
von, und die zurückgekehrten Prinzen, Junker und Pfaffen
verlangten ihre Güter noch dazu wieder zurück oder eine Ent-
ſchäöigung von einer Milliarde. Die Ankäufer dieser
Güter, die damals in der Kammer ſaßen , beſannen sich nicht
lange, und zahlten flugs aus der Volkskasse die verlangte Ent-
schädigung. Das war im Jahr 1825.

Man dachte und sprach nichts mehr von dieser Miltiarde,
ſie war vergeſſen, als in ter Mitte vorigen Sommers an
den Straßenecken von Paris ein Anſchlag erſchien, welcher mit
den Worten anfing : Braucht Ihr Geld ? In oieſem wurde
geradezu darauf angetragen, die Milliarde zurückzuverlangen.
Die Könige waren wieder fortgejagt : die Beſchlüſſe des Con-
vents von 1793 erhielten wieder ihre volle Gültigkeit, und
was war natürlicher, als daß der Schadenerſatß dem Volke
wieder zukommen mußte. Die Plakate, in welchen die Wie-
dereinforderung der Milliarde in dieser Weise auseinanderge-
ſetzt wurde, wurden von den Arbeitern mit allgemeinem Ju-
bel begrüßt, aber kaum wurde es Nacht, so waren ſie ver-
ſchwunden. Die Fürſtenpartei, welche die ganze Gefahr, wo-
mit ſie bedroht war, erkannte, hatte ſie entfernen laſſen, und
abermals vergaß das Volk sein Guthaben, bis zum 15. Mat,
wo Barbes die Millarde wieder anregte. Wie ein Blig fiel
dies ins Volk und zündete. Von Mund zu Mund, von Pro-
vinz zu Provinz ging es wie ein Lauffeuer : wir haben eine
Milliarde zu verlangen, eine Milliarde Entſchädigung !

In allen Städten und Dörfern werden jetzt Petitionen
um Rückersat, der Viilliarde unterſchrieben, und es ſollen deren
r viele Hundert an die Nationalverſammlung gegangen
ein

Unter der Uebersſchrift „rappel du Miliard‘“ tragen die
Journale tagtäglich die Namen neuer Gemeinden ein, die ſich
dieser großartigen Maßregel anschließen. Bald wird man auf
den Mauern in allen Gemeinden obige Jnſchrift leſen, und
sollte jeut durch das allgemeine Stimmrecht hierüber entschieden

werden, so würde der Antrag Barb es noch mehr Stimmen

erhalten als Napoleon. Wenn erſt die bevorſtehenden Wahlen
unter diesem Rufe geschehen, dann wollen wir sehen, was die
Geldsäcke, heißen sie nun wie ste wollen, dieser Milliarde ent-
gegenzusetzen haben, um die demokratischen Kandidaten zu ver-
drängen, die mit dem Mitgifte dieser Milliarde in die neue
Kammer treten wollen, um ſie als Apanage - Gelder und Ci-
f den Bauern und Arbeitern zu Gute kommen zu
lassen.
 
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