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Die Republik — 1849

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No. 102 - No. 124 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0449

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Erscheint Montags auen.
nomnen täglich. In Heidel- s tung. 4 :
berg und Umgrgend monatl.. gg
15 kr., vierteljährig 45.tr. >
Durch die Poſt bezogcn im A
sanzen Großh. Baden x lei...
10 kr. Bei Inseraten kolſe.
die dreiſpalt. Petit;eile 2 kr.
Einzelne Rummern 2 kr.



„„Für das Volk und gegen seine Bedränger.''

Beſstellnng wird gemacht in
Heidelberg in der Buchdruk-
kerei von O. A. Oßwald,
bei Kauſmann Berner,
Peonrzelanmaler Wagner,
u. bei der Expedition Lit.
V. 306; auswärts bei allen
Poſtämtern, Briefe wer-
den frantkirt erbeten.



N 113.

Mittwoch, 16. Mai

~

1849.





Deutſchland.

*.*" Heidelberg, 15. Mai. Eine feſte Zwing-
burg iſt gefallen, eine Zwingburg der Tirannei, an

welcher Jahrhunderte ſchon gebaut, melche man für

Jahrhunderte gebaut glaubte und befürrcbtete, die Zwing-

burg der militäriſchen Disziplin. -- Die badiſche Armee |

hat sich aufgelöst, hat den Offizieren den Gehorſam
gekündigt. Wie ein Lauffeuer giengen dieſelben Er-
eigniſſe durch alle Garuiſonen des Landes. Die ſol-
datiſche Moral iſt vernicht, die Soldaten ſind Bürger

. geworden. – Wir haben geſtern ſchon die Ereigniſſe
von Karlsruhe mitgetheilt und können ſie heute im

Wesentlichen beſtätigen. Die Infanterie und Artillerie

kämpſte von Nachts 10 bis Morgens 4 Ubr gegen

Dragoner und Hofpauker von dex Bürgerwehr. Am
Morgen neigte ſich der Sieg auf Seite dec Erſleren,
und nun trat das erhebende, inhaltſchwere Ereigniß
ein, daß ſämmtliche Truppenkörper sich auflösten und
als Einzelne in die Heimath abzogen. Dragoner solien
mit Sattel und Zeug, AUrtilleriſten gar mit Kanonen,
die Lelztern nach Raſtatt, abgezogen sein. Geſtern
Nachmittag langten Züge von 30 –~ 100 Mann In-
fanteriſten mit Sack und Pack hier an, Abends mar-
ſchirte gar eine halbe Kompagnie mit ihrem Tambonr
an der Spitze hier ein. Mit grenzenloſem Jubel wur-
ben die Soldaten hier empsangen und sſogleieh. bei den
Bürgern einquartirt.

In Mannheiw, Bruckſsal, Lörracb, Raſtatt dasſelbe
Schauſpiel; überall Auflösung des Militärs als be-
sondere Kaſte und Vereinigung mit den Bürgern. In
dieſem Augenblick giebt es keinen Großherzog von Ba-
den und keine badiſche Armee mehr. Deuiſche Krieger!
ahmet allenthalben dieſes erhabene Beiſpiel nach, das
Euch Eure Brüder in Baden gegeben, welche zuerſt
in Maſſe die Bande der Ordnung getiöst und die mi-
litäriſche Anarckie herbeigeführt haben.

Der Sil; des Landesausſchuſſes iſt immer noch Ra-
ſtadt, wo derselbe eine Besetzung von 3000 Mann
zur Verfügung hat, doch wird er ſich nächster Zeit

wahrſcheinlich nach Karlsruhe begeben, da der große

Herzog wit ſammt seinen Miniſtern schon vor einigen
Tagen entflohen iſt. – Der Gemeinderath von Karls-
ruhe hat bereits dem Landesausſchuß die Einladung
zur Einziehung in die Reſidenz machen lassen und ihn
vollſtändig anerkannt. ; lesf

_ Einer der auf der Offenburger Versammlung gefaß-
ten Beſchliſſe lautet: alle Gemeindebehörden, welcbe
nicht ſchleunigſt jene Beſchlüſse vollzieheit, ſind augen-

. blicklich abzuſegen. – Es ſollen in vielen Gemeinden,
_ HBiürgermeiſter, die aus der alten Zeit herſtammen, ſehr

nachläſſg in Anſchaffung von. Waffen überhaupt in
Beziehung auf Volksbewaffnung ſich zeigen, wir ma-
chen die Gemeinden auf den Artikel 4 der Offenbur-
ger Beſchlüſſe aufmerkſam, und rathen namentlich dem
Bürgermeiſter von Handſchuchsheim und Stbrießheim
ſich zuſammenzunehmen. Der letztere iſt ohnehin ein
altes Weib und thäte ſehr wohl daran abzutreten.

+ Aus der Pfalz. Von der grozen Begeiſte-
rung, die durch alle Schichten der Bevölkerung geht,
nur Folgendes als Beweis: Gebrüder Wolf in Dùrk-
heim haben zur Anschaffung von 50,000 Gewehren

die Summe von 90,000 fl. auf den Altar des Vater-
landes gelegt.

Der Landesansſchuß erläßt folgende Bekanntmachung:

Auf Grund der im Namen der proviſoriſchen Cen-

tralgewalt durch den Reichskommiſſär Eiſenſtuck er-

tbeilten Befugniſſe vom 7. Mai 1849, Ziffer 2 Lit.

a. und e. welcte also lauten : '
«Der Landesausſchuß iſt berechtigt: alle ihm er-
forderlich scheinenden Maßregeln zur Verthei-
digung der deutschen Reichs-Verfaſſung in der
Pfalz einzuleiten, in soweit sie nicht in die Be-
fugniſse der zu Recht bestehenden Landesbehörden
eingreifen, demnach insbesondere die Organisation
der Volkswehr zu leiten und zu überwachen; ~
Gegen gewaltsame Angriffe auf die Reichs-Ver-
faſſung in der Pfalz äußerſten Falles ſelbſtſtändig

einzuſchreiten.»

beſchließt der Landesansſctuß:

1. Die gesammte Wehrwannſchaft der Pfalz wird
in 3 Aufgebote abgetheilt :

a) in die bewegliche oder Mobilgarde (1tes Aufge-
bot];

b) in die bleibende Wehrmannſchaft (2tes Aufge-
bot), welcher zunächſt die Vertheidung des eige-
nen Hauſes und Heerdes obliegt ;

c) in Reserve (5tes Aufgebot.)

2. Jeder waffenfähige ledige Pfälzer bis zum 50.

Jahre hat sofort in die bewegliche Wehrmannſchaft

einzutreten, ſich zu bewaffnen, wenn auch vorläufig
nur mit gerade gemachten Sensen, und ſogleich zu
exerzieren. ; '

Z. Jeder waffenfähige ledige Mann vom 30. bis.
40. Lebensjahre, und jeder waffenfähige verheirathete
Mann bis zum 40. Jahre hat in die bleibende Wehr-
mannſchaſst einzutreten, ſich zu bewaſfnen, und zu ex-
erzieren. , !

A. Jeder waffenfählizge Mann vom A40. bis G0.
Jahre hat in die Reserve einzutreten, ſich ebenfals zu
bewaffnen und zu exerrieren. ..

3. Jeder Pfätzer der in die 5 Abtheilungen gehört,
iſt perſänlich verantwortlich ſür seinen Eintritt in die
Wehrwannſchaft. -

6. Jeder waffenfähige Mann iſt verbunden, auf die
erſte Aufforderung des Oberkommandanten der pfälzi-
ſchen Volkswehr gerüſtet zu erſcheinen.

7. Jeder Bürgermeiſter iſt perſönlich verantwortlich
für die Bekanntmachung und den Vollzug dieser An-
ordnung, sowie überhaupt für die Bekanntmachung
und den Vollzug jeder Anorduung und Aufforderung,
welche von dem Landesausſchuß an die Bürgerreiſter-
ämter wird erlaſſen werden.

Kaiterlautern, 12. Mai 1849.

Der ' Landesausſchuß , ]

Gez. N. Schmitt. Schmidt, Not. Greiner.. Hepp-
; H. Dùidier.

! Neuſtadt a. d. H., 12. Mai, Abends. Der heu-
tige Tag war ein schöner Beweis,, wie die Sache des
in ſeinem Rechte ſtehenden und für ſein Recht ernſtlict
und thatkräftig ſich erhebenden Pfälzervolkes immer
mehr Anklang sindet. Außerdem, daß ſiets bewaffnete
Zuzüge hier ankommen und ſich dem Landesvertheidi-
gungsausſchuß zur Verfügung ſtellen, abgeſehen davon,
 
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