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Die Republik — 1849

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No. 51 - No. 77 (1. März - 31. März)
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Erſcheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteliährig 45 kr.
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden | fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2kr.



„Für das Volk und gegen seine Bedränger.“’



Befſtellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.










EE







Sountag, 44. März.



1V49.



§ „Hört ihr But; laßt Euch

Gar mancher Bürger iſt noch nicht recht im Klaren, was
es mit der Republik für ein Bewandtniß hat und manche
können noch nicht recht begreifen, wie es kommen soll, daß
eine republikaniſche Staatseinrichtung viel beſſer ſei, als die
jetzigen Regierungen. j

Vielseitig wurde dieses ſchon besprochen und erklärt, al-
lein immer und immer muß man die Sache besprechen, an-
ſchaulich machen, besonders da sich immer noch Punkte finden,
welche die Republik annehmbarer machen. |

Wir wollen zunächſt das Großherzogthum Baden als Re-
publik denken und somit vorerſt sagen, vaß der Präſid ent
der badiſchen Republik jährlich einen Gehait von etwa 50,000
Gulden bekäme, während der Fü r ' 800,000 fl. bekommt.
Die Kinder und die Frau des Präſidenten müßten von ihrem
Mann und Vater ernährt werden, wie es bei andern ehrli-
chen Leuten auch der Fall iſ. Würde der Fall eintreten und
ein ſolcher Präſident sterben, ſo wäre es wieder wie bei an-
dern Leuten, indem die Wittwe deſſelben gerade eine Wittfrau
wäre wie eine andere, und ſie würde nicht von den Steuer-
kreuzern der armen Taglöhner und Handwerker im Vollauf
ernährt werden. Hätte aber der Präsident noch so viele Brü-
der und Schweſtern, so würde die Republik sich darum gar
., nicht bekümmern, während wir jetzt jährlich bedeutende Sum-

[ men von den ausgepreßten Batzen der Arbeiter, den reichen

Prinzen auszahlen müssen.

Bei unserec jctigen Einrichtung gibt es so viele Mini-

ſterialräthe, Regierungsräthe, Amtmänner, Aſseſsſoren, und dazu
eine Unzahl Schreiber, daß dieselben eine schmerzliche Summe
jährlich koſten, ~ von den vielen uniformirten ſonſtigen Müſ-
ſiggängern gar nicht zu reden ~ während bei einer republi-
kanischen Staatsform alle dieſe Dinge viel einfacher würden,
oder mit dürren deutschen Worten : das Schreibſtuben-Weſsen
müßte aufhören.
i Da rufen die im jetzigen Zuſtande ſich recht behaglich
befindenden Stillſtandsmänner: „Seht, ihr lieben Mitbürgerl..
Czu einer andern Zeit sagen ſie nur schlechthin: das gemeine
Pack!) „seht, die „Wühler-1, welche Republik wollen, machen
Euch Dinge vor. Die guten Minister, Räthe, Amtmänner,
selbſt die Fürſten, Fürſtinnen und Prinzen 1c. verzehren das
Geld, welches ſie bekommen, alles wieder, und es kommt wie-
der in die Hände des Volkes zurück. - f

Das iſt dann zum größten Theil eine Lüge. Es iſt
am Deutlichſten zu verftehen durch ein Beiſpiel :

Es iſt ein Mann, um welchen ſich eine Anzahl Freunde
versammelt hat. Dieser hat eine gute Bratwurſt, welche er
ſeinem Nachbar zum Ansehen und etwaigen Verſuchen dar-
reicht. Dieser Nachbar gibt ſie weiter, Jeder versucht daran
und nur mit vieler Mühe kommt der Zipfel in die Hand des
Eigenthümers zurück. j :



Der größte Theil der Summen, welche aus dem Staats-
beutel an die Legion der Staatangeſstellten ausbezahlt werden,
kommt in die Hände des Volkes zurück, aber nicht als Eigen-
thum, sondern diese gut bezahlten Herren sparen die Kapita-
lien, welche das Volk bei ihnen leihen muß. Entweder müſ-
ſen in der Republik die Pensionen oder die g r o ß en Besol-
dungen aufhören. Werden die Beamten mit 1200 – 1800
2000 bis zu 3 und 4000 fl. beſoldet, so können ſie Kapita-
lien zurücklegen und doch noch besser leben, als der ſteuerzah-
lende, mit Schulden belastete Arbeiter, aber sie brauchen dazu
nicht auch noch Pensionen.

Das kann jeder ſchlichte Bürger begreifen. Kommt aber
dazu, daß die ungeheuern Koſten für das ſtehende Heer, die
vielen, vielen Sportel, Kauf- und Erbſchaftsacciſe, und wie
die vielerlei Gelderpreſſungen alle heißen, wegfallen, so iſt
es offenbar, daß es den gutmüthigen Bürgern so wohl wer-
den muß, ein mit vieler Mühe aufgefüttertes Schweinlein,
welches in vielen Fällen der Herr Presser für Steuer, Spor-
tel, Waldfrevelſtrafen und dergleichen pfändet, ſelbſt ſchlachten
und seine Kartoffel damit schmelzen kann.

Aber da kommen die im behaglichen Zuſtande lebenden
Geldmänner, die Besoldeten und ſogar Herr Miniſter Bekk
und sagen, daß. die „Wühler- das gute Volk aufregen, be-
trügen wollten. Sie machen die leichtgläubigen Menſchen da-
rauf aufmerkſam, daß in B ad en eine Million und viermal
hunderttauſend Menſchen lebten, und daß also auf den Kopf
nicht viel zu bezahlen käme. :

„Gut gebrummt !- h ;

Ganz pfiffig verschweigen die Gemüthlichen, daß unter
dieser Million und 400.000 Köpfen der größte Theil nichts
verdienen kann nichts verdienen darf. – Daß ein großer
Theil, und zwar die Reichſten, nicht an den Staatslaſten
zahlt.

“ Von 19 + 60 Jahren ſind im Großherzogthum Baden
etwa 640,000 männliche und weibliche Seelen. Hierunter

sind aber Soldaten, Kapitaliſten, Fremde, Kranke und Müßig-

gänger. Es geht alſo wieder eine Zahl Köpfe, eigentlich
Hände, ab, welche nichts arbeiten und zu den Staatslaſten
nichts beitragen..

Da die Staatslaſten bis jetzt immer auf den Grundbeſit
und dem Gewerbe liegen, so ſind gerade die Kapitalisten die-
jenigen, welche in den Steuerliſten a r m erſcheinen und die
eigentlichen Armen, welche den Reichen die Zinsen von den
Summen bezahlen, die ſie auf ihre Liegenschaften ſchuldig ſind,
erſcheinen als ~ reich d. h. Höchſtbeſteuer te! Kann
aber bei einer demokratiſch - republikaniſchen Staatseinrichtung
ſolcher baare Unsinn, solches schreiende Unrecht vorkommen ?
Niemals! - Denn in der Republik iſt man ſo vernünftig,
die Männer, welche das Wohl des Landes berathen sollen,
nicht nach dem Vermögen, sontern nach Verſtand und Bater-
landsliebe zu wählen. is

Wählt man aber in der Republik auch rechtſchaffene Be-
amte in die Ständekammern, jo iſt dies ganz natürlich, weil
 
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