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Die Republik — 1849

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No. 51 - No. 77 (1. März - 31. März)
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_ berg vierteljährig 45 kr.

Erſcheint Montags auen. > üt w: dit
nommen täglich. In Heiden. Ü ii
Durch die Poſt bezogen im . Ic
ganzen Großh. Baden | fl. ;

10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2kr.





epublik.

„Für das Volk und gegen seine Bedränger.“’

Beftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.



|T;

Deutſchland.

Motto : Geht mer dorch die Welt derdorch
| Ma findt kan zweten Ladenborg:!
( Volkslied.)

F Heidelberg, 10. März. Der Landesausſchuß der
„Vaterlcndiſchen Vereine'" leidet an einem Uebel, das Leute
von ſchwacher Conſtitution gewöhnlich befällt, wenn der Schlee-
dorn zu blühen beginnt: an einem heilloſen literarischen Ab-
weichen! Unterm 6. März werden wir = vieler andern
Machwerke nicht zu gedenken ~ durch die ſchnurrbartbewach-
senen, aufgeworfenen Lippen des „Advokaten ohne Praxis“
Dr. La denb urg mit einem Wiſch beglückt, in welchem die-
ser Herr in talmudiſch sz ißfindiſcher Weise gegen einen Arti-
kel in der Abendzeitung losgeifert, in welchem es heißt: „daß
ein Geſchworener nicht darnach zu fragen habe, ob die Ange-
flagten gegen das Gesetz gefehlt haben, sondern nur darnach,
ob er in seinem Gewiſſen wünsche, daß die Angeklagten be
ſtraft werden sollen.: Was Don Ouixote aus romantiſcher
Ueberſpanntheit, das thut Herr Banquier und Advokat Laden-
burg aus fknabenhafter Unwissenheit: er ficht gegen Wind-
mühlen!

Herr Banquier und Vaterländer! wir haben gehört, sic
wollen hier Privatdozent werden, um für Ihre Dienste, wie
weiland Rauſchcnplatt, mit einer Profeſſur belohnt zu werden;
nun in der That, ſie ſind reif ~ zu einer deutſchen Profes-
' ſur! Che ſie aber das Katheder beſteigen, erlaubt sich hicr-
mit ein Student im erſten Semeſter Ihnen eine kleine Vor-
lesung zu halten, damit Sie hier, wo wir doch Beſſeres ge-

wohnt ſind, nicht ausgepsiffen werden, wenn ſie einmal über

Strafverfavren lesen sollten.

Die Aufgabe eines Geschwornen beſteht darin, daß er,
wenn Jemand eines Verbrechens bezüchtigt iſt, in einer öffent-:
lichen Verhandlung mit eigenen Ohren aufmerkſam zuhört,
was der Angeklagte gethan haben ſoll, was. zu seiner Enlſchul-

digung und Belaſtung vorgebracht wird und sich aus den ihm.

vorgelegten Thatsachen seine Ueberzeugung von der Schuld
oder Nichtschuld des Angeklagten biltet. Er ſteht also freier,
als die alten heimlichen Gerichte, die, wenn auch ihr Herz
nicht dabei war, freiſprechen oter verurtheilen mußten, weit
ein Paragraph des Sirafkgeseßbuches es wollte. Ift Jemand
alſo zum Beispiel eines Diebſtahls angeklagt, so fragen die
Geschworenen nur: geht aus den Thatsachen, die uns vorge-
legt ſind, hervor, daß der Ineulpat diesen Diebſtahl begangen ?
Sie haben ſich aber, da ſie nur Richter über die Thatfragc
ſind, nicht darum zu kümmern, ob und wie der Diebſtahl nach
dem Gesetzbuch beſtraft wird. Ihr Ausspruch lautet nicht:
der Angeklagte hat gegen Paragraph so und so viel gefehlt,
sondern: er hat das ihm zur Laſt gelegte Verbrechen begangen.
Sind ſie etwa im Zweifel darüber, wie ſie das Verbrechen,
wenn ihm mildernde oder erſchwerende Umftände zur Seite

Mittwoch, 1/4. März.





1V49.
ſtehen, nennen sollen, so fragen sie (und so iſt es in England)
einen Juriſten. So wenn z. Beispiel die Frage entsteht : iſt
der Mord qualifizirt? Das wird nöthig sein, so lange unsre
Geſetzbücher nicht einfach sind!

_ So, Herr Doctor, nun machen Sie Ihre Maype zu!
Gehen Sie hübſch nach Hauſe und studieren Sie recht fleißig;
ſo lange Sie die erſten Elemente der Jurisprudenz nicht los
haben, ruft man Ihnen zu: „ue sutor ultra crepidam ! ‘'
zu deutsch : Banquier bleib bei deinen Wechseln!

§ Konſtanz, 28. Febr. Endlich iſt der Schreckenstag
herum, der gefürchtete 24. und Alles blieb ruhig; nicht das
geringſte Pütſchlein ging los, trog Hahnenfedern und Hecker-
bärten und unheimlichen Gestalten, welche in den hirnverbrann-
ten Schädeln der Giehne'ſchen Beamtencorreſpondenten ihren
Spuck treiben. Aber dieſe Strolche werden ebenſobald wieder
einen andern Putſchſchlag wissen, denn ihre Feigheit iſt sprüch-
wörtlich und ihre Angſt ohne Maaßen , ihre Bosheit aber
kolossal.

| . den Don Quixottiaden , die die hiesige Behörden

im Verein mit ihren würtembergiſchen Beschütern wegen m

früberen Redakteur der Seeblätter Letour aufführen, werden
Sie in dieſen geleſcn haben. Die Solraten sind erboßt über
dieſe unnöthigen Plackereien, welche ſie bei jeder Gerichtssitzung
sechs bis ſieben Stunden unter die Waffen r.ifen. Letour selbſt
iſt in ſtrenger Haft; es befindet ſich derselbe hinter doppelten
Gittern und Blendkaſten in einem dusſtern Gemach, in welchem
seiner Zeit die Raubmörder Saalmüllers saßen. Wenn wir
nicht irren, ſo beläuft sich sein bereits erkannies Strafmaaß
auf 13 Monate Gefängniß und noch stehen einige Prozesse
aus. Sein vom Staatsanwalt verfolgtes Gedicht: „Neujahr
1849- ift seitdem bei Jen n i in Bern erſchicnen und findet

reißenden Absatz. Das Leben in den Vereinen iſt sehr rührige.

besonters auf dem Lande, wo ein Heuler zu den Raritäten
gehört, obgleich man über Militär- und Civilgewaltthaten zu
lamentiren Gelegenheit genug hätte. Aber wir Oberländer
ſind die alten geblieben, trotz allen Reichs- und Landgraben-
maaßregelungen. Wir sind treu der hohen Sache der Demo-
fratie, der reinen Republik. Sind die Freiheitsbäume, die faſt
jedes Ort des Seetreises ſchmückte, auch gefallen, in unsern
Herzen grünen ſie noch friſch und die Tage, an welchem nun
vor bald einem Jahr der erſte republikaniſche Heerhaufen durch
das Rheinthal und die Schluchten des Schwarzwaldes zog,
die Tage von Kandern , Günterstha! , Freiburg, Dosſsſenbach
ſind noch nicht aus unserm Gedächtniß verschwunden. In
vielen Hundert Banketten werden wir den Jahrestag unserer
Erhebung allenthalben feiern. Iſt sie auch verunglückt, wir
haben doch unsere Schuldigkeit gethan und wenn ihr Unter-
länder tamals aus eurer Unentſchloſſenheit herausgetreten
wäret, ſo ſtünde es anderſt. Ein andermal beſſer !

Michelſtadt, im Odenwalt 5. März. Gestern fand
hier eine große Voiksverſammlung statt. Es hatten ſich mehr-
 
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