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Die Republik — 1849

DOI Kapitel:
No. 27 - No. 50 (1. Februar - 28. Februar)
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Erſcheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
î berg vierteliährig 45 kn.

Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden ! fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreisſpalt. Petitzeile 2kr.









Die Republik.

„„Für das Volk und gegen seine Bedränger.'t

Beftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wol ff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.





R 39.0. Dounersſtag,

Jammerverhandluugen.

s Karlsruhe, 10. Febr. (Schluß.) Lam ey's Rede iſt
Uh! roähnenswerth. Cr blamirt ſich mit abgedroſchenen
Phraſen. Ö
? Junghans 2. sagt unter Anderem: ohne die kräftigen
Arme des Volkes hätten wir keine Freiheiten errungen , das
haben die Arbeiter in Paris und Wien bewiesen. Reden wir
nur nicht so wegwerfend von dem Stande der Arbeiter, ge-
rade der Stand der Arbriter iſt es, der unsere vollſte Achtung
verdient. Nach seiner politiſchen Rundschau wendet Junghans
seinen Blick auf die jetzige Kammer und ſagt: j eine ſolche
Zerriſſenheit, wie in dieſer Kammer, kommt nicht leicht in ei-
ner Kammer vor, und darum bringt auch dieſe Kammer nichts
zu Stande. Mar fürchtet, durch die Auflöſung kämen Demo-
kraten in die Verſammlung, nun wenn das Volk Demokraten
will, so hat es ein Recht, Demokraten zu verlangen.

Reichsmundſchenk Baron von Soiroo n ſchwätztt ungefähr
wie Weller, damit iſt genug gegn. H

„Ku enzer.. Die Befürchtungen Bekk’'s wegen neuen Auf-
ständen ſind ungegründet. Man ſoll ſich doch nicht so sehr
vor Revolutionen fürchten. Die Regierung macht auch Ne-
volutionen, nur im Stillen; das Volk macht laute Revolu-
tionen. Und diese lauten Revolutionen entſtehen aus den ſtil-
len Revolutionen. Seit die badiſche Verfaſſung beſteht , exi-

î Nîiren diese ſtilen Revolutionen der geheimen Kabinette. Wo
î ſollte alſo das Volk hirkommen, wenn es nicht auch revolu-

tioniren würde ? Das Volk, das im Schweiße seines Ange-
ſichts sein Brod verdient, läßt ſich nur zu viel gefallen, und
wenn es tie Regierungen nicht so weit getrieben hätten, dann
bätte auch Niemand an eine Revolution gedacht.
; Mathy, fluchwürdigen Andenkens, bezahlter oberfter
Reichspolizeidiener mit seinem Judaslächeln, hatie wohlweis-
lich auf das Wort verzichtet, ansonsten er furchtbar hergenom-
men worden wäre, da sich ja ſchon bei seinem Namensauvfruf
ein allgemeines P fu i auf der Gallerie hören ließ (der Prä-
ſident droht zum wiederholten und letzten Male die Gallerie
räumen zu laſſen.)

Brentano’s Rede werden wir ausführlich nachliefern.
Er vernichtet dnrch seine hinreiſende Beredsamkeit den Mini-
fter Befkk. Und er erwähnt hauptsächlich wie dieser Minister
in seiner ſcandalöſen Taktik einen Menſchen wie Mathy zum

Staatsrath hat machen können. Allgemein anhaltentes Bravo -

auf der Gallerie. Der Präſident befiehlt in großer Aufregung
die Gallerie zu räumen. Da das Publikum keineswegs Miene
macht, diesen: Befehl nachzukommen, fordert der Präfident die
Kammerhusaren wiederholt auf, ihre Pflicht zu erfüllen. Das

Publikum beharrt darauf, die Gallerie nicht eher zu vertaſsen, |
bis auch die Avelsloge geleert sei. Nachdem die Krautjunker |

hinauedirigirt waren, entfernte ſich auch das übrige Publikum
mit treffenren Bemerkungen gegen dieſe faule, wurmftichige und

15. Februar.





1 V49.

ſchamloſe Kammer. Draußen hört man Pochen und Sturm
auf die geſchloſſenen Thüren. Unterdessen wird die Sitzung

ohne das Publikum jedoch unter Anwesenheit der Journalie.

ſten) wieder eröftneen. :

Brentano frägt: Herr Präſident, iſt die Siuung eine
geheime oder eine öffentliche? Präſident: Die Journaliſten
ſind ja anwesend, ich habe Nachſicht genug an der Gallerie
geübt. Iustein und Lehlbach proteſtiren gegen eine geheime
Sigung, und drohen, den Saal zu verlaſſen, wenn die Siz-
zung nicht öffentlich wäre. Baſſermann nnd Schaaf weiſen
auf Frankfurt hin, wo die Sitzung bei Anwesenheit der Jour-
naliſten für eine öffentliche erklärt worden wäre.

Iuftei n. Ich laſſe mir nichts weiß machen.

Zittel trägt auf Aufschiebung der Sitzung an. Viele
Stimmen : Nein, nein, die Sitzung muß fortgesetzt werden und
das Publikum wieder herein. :

Mittermaier: Nun, ich werde das Publikum bald
wieder hereinlaſſen. Zumal da der Miviſter Bekk auf die An-
griffe Brentano's hin, vor dem Gesammtpublikum ſich verthei-
tigen muß. Der Präſident winkt den Kammerwachen, daß
ſie das Publikum wieder hereinlaſſen sollen. Aber bereits war
die eine der Thüren gesprengt und in einem Augenblick war
die Gallerie bis zum Erdrücken gefüllt.

Brentano ſsett seine unterbrochene Rede fort, als let-
ter eingeſchriebener Redner. Nach ihm bekommt

B ek k das Wort. Er will auf Brentano's Rede ſich
ganz kaltblütig vertheidigen, wird aber auf die roheſte Weise
perſönlich. Sucht Brentano und ſeine Genoſſen auf die rück-
ſichtsloſeſte Weiſe in den Koth zu ziehen. Während Bekk's
Rede verhält sich Brentano trotz der überhäuften Angriffe ganz
cuhig. Nur ein mitleidiges Lächeln wirft er auf den Mini-
ſtertiſch. In aufbrauſender Weise weist ihn Befk zurecht.

Duſc ch eilt dem Miniſter Bekk zu Hilfe. Bekk habe die
Staatslaſt, sagt er, vom März an bis auf unsere Tage faſt
allein getragen, und Ne ben iu s erinnert ſtotternd, daß sogar
ein Theil der erſten Kammer den Befkk als Hochverräther er-
klärt habe, und wie dem Minister Bekk von allen Seiten Un-
recht geſchähe. j

DVBaum motivirt seine Umſsattlung, worin er eine bedeu-
tende Uebung hat und stimmt jeßt gegen seine eigene
Motion.

Buhl schlägt vor, dem Commissionsantrag noch die
Worte beizusetzen rin kürzeſter Friſt «

Häuſs er (zukünftiger Redakteur der Karlsruherin) als
Verichterſtatter hat zulegt das Wort und kaut wieder, was
alle seine Vorgänger vor ihm gesagt haben und sucht rie Pe-
titionen verächtlich zu machen.

Nach einer furchtbaren Begriffsverwirrung über die Feſt-
ſtellung des Antrags zieht Chriſt seinen Antrag zurück und
vereinigt ſich mit Vuhl, der im Wesentlichen daſſelbe wolle.
Bekk und Häuſſser läugnen. dies und fordern Chriſt auf, ſeinen



Antrag wieder aufzugreifen. Buhl will den Sinn seincs Au-
trags erklären und trägt nur noch zu größerer Verwirrung
 
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