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Die Republik — 1849

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No. 27 - No. 50 (1. Februar - 28. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0201

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Erſcheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel
berg vierteliährig 45 kr

53 Die Republik.

ganzen Großh. Baden | fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſspalt. Petitzeile 2kr.




kr

„Für das Volk und gegen seine Bedränger.'

Beftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.








~ 30,

D. f

Mittwoch, 28. Februar.







1849..



Die Nevolution uud das Volk.

(Von einem Handwerker.)

Es iſt schon öſter die Behauptung ausgesprochen worden,
das Volk sei die Revolution müde, es ſehne ſich nach Ruhe;
und Diejenigen , die ſolches glaubten und ſprachen , wendeten
auch alle Mittel an, um das Volk in den Schlaf zu lullen.
Sie setzten sich Anfangs ganz zärtlich vor die große Wiege
des Volkes, worin das jüngſt geborne Kind von Deuiſchland,
Revolution genannt, lag, und erzählten ihm allerlei schöne
Geschichten und Mährchen, worinnen gar viele ſchöne Dinge
vorkamen von deutſchen Grundrechten, einer Flotte, welche auf
dem Meere ſegle und die ſchwarz-roth- goldene Flagge bis in
die entfernteſte Welttheile trüge, und von einem großen, mäch-
tigen Kaiser, der eine güldene Krone trüge, deren Glanz alle
anderen Kronen der Welt überſtrahie. Doch der wilde Junge
wollte sich nicht einſchläfern laſſen und hatte auch für all’ die
hübschen Geſschichtchen keinen Sinn. Er ſchlug zuweilen heftig
mit Armen und Beinen aus und drohte seinen Wärierinnen.
Darob erſchracken dieſe sehr und wendeten Gewaltmittel an,

banden ihm Hänte und Füße, gaben ihm Schläge, und zwan-
gen ihn so, geduldig ihr Geplauder bis zum Ende anzuhören; |

hoffend, ihn damit zu ermüden und so den Schlaf herbei zu
führen.

Vergebliche Mühe! er liegt noch immer wachend da,
und wenn er auch die Augen zuweilen scheinbar ſchloß, so
war ties nur Täuſchung, er blinzelte dann immer durch die
Wimvrern und beobachtete Alles, was um ihn vorging.

Selbſi die wunderbare Hiſtorie von dem großen Kaiſer,
welche gar nicht zu Ende kommen will, verfehlte ihre Wir-
kung, denn dieselbe hat ihn gerade wach erhalten und ihm die
Augen noch mehr geöffnet. Ja, ſingi, plaudert, bindet und
knebelt nur immer, ihr werdet ihn doch nicht hemmen, er
wächſt unterdeſſen immer fort, und wird bald mit mächtigem
Ruck ſcive Baude zersſprengen, dann aber möget ihr vor ihm
erzittern!

Glaubet ja nicht, daß das Volk revolutionsmüde gewor-
den iſt; es wird nicht eher müde, bis es Alles errungen,
was ihm fehlt, und worauf es gerechten Anspruch zu machen
hat. ;

Gehet hin unter das Volk, und überzeuget euch davon!
Sehet, wie es bei der geringsten Aussicht auf eine abermalige
Erhebung friſch auflebt, wie es bei der Kunde von einem
kräftigen Auflodern des Volksunwillens , der in einen neuen
Sturm überzugehen droht, hoch aufjauchzt, und sagt dann noch,
das Volk iſt revolutionsmüde!

Müde iſt das Volk des ewig langen Geſchwätes, der
Phraſenmacherei und des Wortgepränges, bei welchem es mit
trockenem Munde und leerem Magen zusehen muß, wie ihm
der letzte Heller aus der Taſche heraus diskutirt wird. Müde
iſt es des langen Streites und Gezänkes über des Kaiſers
Bart, wie um den Kaiſer selbſt.



In Frankreich versucht es ein Hanswurſt, den Kaiser zu
spielen; er glaubt, mittelst eines hiftoriſchen dreieckigen Hütchens
und ererbten Degens es um oo leichter thun zu können. Er
fängt aber die Sache so tölpelhaft an, daß das Volk ſchnell
unter der Löwenhaut den Esel erkannt hat, und ihm jetzt ſchon
ein donnerndes „Genug'' zuruft. Wenn er sich des 24. Feb-
ruars 1848 erinnerte, so sollte er wohl so klug sein und die-
ſen bedeutungsvollen Monat nicht durch gefährliches, elendes
Poſſenſpiel entweihen; denn noch iſt die Zeit zu kurz, als daß
das Volk von Frantreich sich nicht mehr der großen Februar-
tage von 1848 erinnerte.

Nein! Das Volk iſt nicht müde vorwärts zu gehen,
denn rückwärts liegt ödes Land, dürre Wüſte, in der es ver-
geblich Nahrung suchte. Wer nur Schlimmes zu verlieren
hat, für den iſt die Wahl nicht ſchwer, der kann nur gewin-
nen. So denkt, so fühlt heute das Volk, und in diesem Glay-
ben liegt seine Zukunft, liegt sein Glück. Sagt die Bibel
doch: „daß der Glaube Berge versetzen kann,“ so wird dieser
Gloube auch so ſtark sein, daß er die Berge von Hinvernisſen
hin wegräumen wird, welche sich dem Volke im Erreichen seines
einmal festgeſteckten Zieles entgegenthürmen , im Erringen des
demotktratiſchen Staates! (Fr. Omnibus.)



Vereinigte Staater von Deutſchland.

Heidelberg, 21. Februar. Wir ſehen uns genöthigt,
heute » eines der, ohne Ruhm zu melden, aller entſchiedenſten
deinokratiſchen Blätter - zum Gegenstand einiger Bemerkungen
zu machen, nämlich den ., Velksführer ,, das Blatt des Hrn.
Lehrers Filipp Stay. Derselve macht in einem Artikel der
Nro. 41 den Heidelbergern schwere Vorwürfe darüber, daß
ſie auf den rVolksführer- nicht abonniren und dem -, Volks-
führer keine Anzeigen zufließen laſſen. Die Demokraten, sagt
er, „ laſſen ſich von den Regierungszeitungen „ anbellen - und
„beißen und füttern ihnen iyr eigenes Geld, ſtatt ſie
\ verrecken zu lassen, oder sie todt zu schlagen. Ihre eigenen
Zeitungen dagegen, die treuen Hunde (!), die das Haus
bewachen und die „Feinde anbelleu.., laſſen sie faſt elen-
diglich verhungern.. Wenn Herr Stay, der rVolksführer-
seine Verhältniſſfe und Persönlichkeit in jublimen Bildern dar-
ſtelt, ſo können wir natürlich dagegen nichts einwenden, Je-
der kann - wie man zu ſagen pflegt, zu ſeinem Heu Stroh
sagen. Wenn aber Herr Stay von demotkratiſchen Zeitungen
Heidelbergs spricht, und sie die r treuen Hunde-, nenrt, welche
„rie Feinde anbellen-- und trotz dieſer hündisſchen Verdienſte „faſt
verhungern müſſen--, so sehen wir, die wir auch demokratiſche
Tendenzen verfolgen, uns veranlaßt, zu erklären, daß wir die
Gemeinſchaftlichkeit in der Hundehütte durchaus von uns wei-
ſen, und dic Ehre, ein treuer Hund zu sein, der die Feinde
der Demokraten anbellt, in die Waden beißt und doch faſt
elendiglich verhungern muß, ganz allein „Herrn Stay , dem
Voltsführer,\ überlaſſen. Gott bewahre uns vor ſolchen
 
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