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Die Republik — 1849

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No. 78 - No. 101 (1. April - 29. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0401

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z _ 10 kr. Bei Inseraten koſtet-

Erſcheint Montags augen.
nommen täglich. In Heinkſlen.

berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden l1 fl.

die dreiſpalt. Petitzeile 2kr.



Republik.

„Für das Volk und gegen seine Bedränger. ‘“

Beftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner n.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.







R~: 100.

c Die Pariser Legion unter Bornstedt.

_ Am 2. Mai wird die 2. Abtheilung der gefangenen Re-
publikaner vor den Geschworenen in Freiburg erſcheinen, und
in dieſer der Führer der pariſer Legion, Bornſtedt, um
ſich zu verantworten für sein unerhörtes Wagniß, die Herrn
„von Gottes Gnaden ‘“’ von dem Throne ihres hiſtoriſchen
Rechtes herabſtürzen zu wollen. Die Legion Bornſtedts iſt
von dem gotteebegnadeten Miniſterium und käuflichen Zeitungen
ſo vielfach angegriffen, ſo ſchändlich verleumdet worden, daß
einige Worte über dieselbe jest wohl am Platze ſein dürften.

Der größte Theil der Legionäre, die unter Herwegh und
Bornstedt im Anfang vorigen Jahrs in Paris zuſammentraten,
um den deutschen Republikanern zu Hülfe zu eilen, beſtand
aus Arbeitern, welche auf den Februa rbarrikaden in Paris
mitgeſchlagen hatten. Es waren diese ein Hauptelement der
Bewegung, und was war natürlicher, als daß die , welche in
fremden Landen ihr Leben in die Schanze geſchlagen, nicht
gleichgültig bleiben konnten bei dem Hülferufe ihres Vater-
landes ? A. Bornſtedt, ein Mann, der, in der hohen Ariſto-
kratie geboren und erzogen, die Kraft hatte, alle Vorurtheile
von sich abzuwerfen, der in einem Leben von Erfahrungen
ê und Opfern ſich zum entschiedenen Republikaner heranbildete,
rellte ſich an die Spitze einiger Tauſend entſchloſſener Männer,

um dem Vaterlande zu Hülfe zu. eilen. Mit aller Liebe hin- |

' gen die Arbeiter an ihm, der die Saiten ihres Herzens an-
[ geschlagen, die die feurigſte Liebe zum Vaterlande, den wil-
deſten Haß gegen die Unterdrücker in. ihnen entflammt hatten,
sund er war die Seele der Legion. Raſch bildete ſich unter
seiner Leitung ein Bataillon und marſchirte an die Grenze,
drei andere folgten ſpäter. In Straßburg angekommen war-
tete man des Rufs zum Uebergang; aber das Miniſterium
Bekk- Mathy hatte vorgebaut, hatte durch Zeitungsblätter und
Käuflinge die wackern Arbeiter als Räuber und Diebe, offi-
ziell als Schreckgeſtalten für den „ruhigen Bürger“’ ausposau-
nen laſſen. Die Philiſter bis nach München hin ſahen ſich
ſchon beraubt, ihre Hütten und Palläſte in Flammen, und
ſtatt des Signals zum Einmarſch, erfolgte ein fürchterliches
Geheul der geängſtigten Beſitzer. Die Legion lag in Straß-
burg einquartirt, und Spione des Karlsruher Kayhlkopfs, des
bekannten Jesuiten sorgten dafür, daß immer falſche Nachrich-

ten unter derſelben verbreitet waren, und ſo kam es, daß wäh-

rend die Mannſchaft am nöthigſten gewesen, dieſe die keſtbare
gZeit mit den Händen im Schooße zubringen mußte. Nachdem
das Gefecht bei Kandern vorüber war, die Freiburger Kämpfe
begonnen hatten, erhielt erſt Bornſtedt den Befeyl zum Ab-
marſch und mit dem Rufe: „„Es lebe die Republik!“ über-
schritt die muthige Schaar bei klein Krems den Rhein, aber
zu spät. Struve war bei Güntersthal geschlagen, Freiburg
genommen, und von dem Alle war der Legion nichts mitge-
theilt worden. Verfolgt von einer Uebermacht monarchiſcher
Truppen, müde und hungrig kam dieselbe nach Doſenbach, und
wurde daselbſt von den Würtemberger nReichstruppen-- ange-
griffen und auseinnander gesprengt. Mehrere blieben, ſo Rein-
hard, Schimmelpfennig, Muſchab c., die Meiſten wurden ge-
fangen,, und nur Wenige wurden durch Bornſtets Aufopfe-
rungsfähigkeit gerettet. Bornſtedt erklärte : Deutſchland nicht
verlassen zu wollen, bis der letzte seiner Leute gerettet sei. Er
fuhr mit eigner Hand mehere Schiffe Flüchtiger über den Rhein,
wurde aber zu letzt ergriffen und nach Bruchſal geschleift, wo

Samſtag, 28. April.

a



IEA

1 8/49.

er seit 1 Jahr, in Unterſuchungshaft sich befindet. Jetzt end-
lich nach einem Jatre erſcheint Bornſtedt vor dem Gerichte,
und wird er wohl für „.ſchuldig- erklart? Wenn die Herrn -
Geſschworven ſich auf den Stundpunkt des Vindiſchgräg, des
Welden, Wrangel stellen werden, wenn ſie nach dem Willen
der „Hohen-, die gerne das Volk in Dummheit und Sclaverei
wüßten, handeln wollen; wenn ſie den Standpunkt der großh.



bad. „Gerechtigkeits- Diener einnehmen, den der Herrn Staats-

anwalt Winter und Wänker, dann müſſen fie freilich jagen:
Bornſtedt iſt schuldig; wenn ihnen aber die Noth und das
Eiend des Volkes bekannt iſt, und daran zweifeln wir nicht,
wenn ihnen bekannt iſt, wie drückend die Laſten der Monar-
chie im Nacken des Volkes liegten und wenn ſie endlich wiſ-
ſen, daß gerade, die im April vorigen Jahres das Schwert-
gezogen, und ihr Leben in die Schanze geschiagen, die die Ge-
drückten befreien und die Gequälten erlößen wollten, werden
ſie denn auch durch ein „Ja, ſchuldig-- den wackern Born-
ſtert in die Hände seiner Feinde liefern ? Wir glaubens nicht,
wir können es nicht glauben, daß zu den gequälten Struve
und Blind noch neue Opfer gehäuft werden sollen, und haben
die feſte Zuverſicht Bornſtedt in Bälde dem Volke wieder ge-
geben zu Jehen ?



Deutschland.
K Aus dem Vadiſchen. Mit den Blumen und

Blüthen. mit dem neuen Leben in der Natur, brachte uns der

April auch neues Leben im Volke. Ueberall regt und bewegt
es ſich, Volksverſammlungen auf Volksverſammlungen, Con-
greſſe auf Congreſſe; es kann nicht anders ſein, die Herrſchaft
des Winters endet, fällt uud mit ihr die Noth und das Elend

des Volkes ; denn der Sommer ziehet ein, heilbringend für





Alle, die da gedrückt und geknechtet ſind. Sind das keine
Vorboten des Sommers , die vierhundert Volkevereine , tie
Beschlüiſſe der Versammlungen ? Sind das keine ſichern Bürg-
ſchaften, daß eine neue Zeit für das Volk herankommen muß,
wenn Neunzehnttheile der Bewohner eines Landes so entschieden
und unumwunden ihren Willen ausſprechen. – Wenn ein Volk
ſich ſo klar und so ſicher bewußt iſt, was ihm fehlet und mie
ihm allein geholfen werden kann, iſt man dann nicht berechtigt
anzunehmen , daß diese ungeheure Mehrheit ihren Zweck bald
erreichen muß ? Zweifle nicht länger, du armes, getrücktes
Volk, alle Vorzeichen ſind da, eine beſſere Zeit wird für dich
geboren! Nicht blos bei Euch im Odenwalde, nicht blos bei
Euch am Mittelrhein, nicht blos bei Cuch ihr wackern Ober-
länder hat sich der Geiſt der Freiheit Bahn gebrochen; in allen
Theilen tes Landes, im kleinſten Orte iſt er eingezögen und
mahnet seine Bewohner, die hemmenden Banden ihm endlich.
zu lösen. So schreibt man uns heute wieder aus HÜn dhe i m
(im Amte Tauberbiſchofsheim), daß der neugebildete Volksver-
ein den Abgeordneten Kieser abberufen; ſo wurde Welcker
aus 16 Gemeinden sein Mandat abgefordert ; ferner daß der
Gemeinderath in Gengenbach beſchloſſen, nur bei freieſter direc-
ter Wahl — mit Ausnahme jedes Cenfus wieder in die Kam-
mer zu wählen. So berichtet man, daß der dritte Aemter-
wahlbezirk, Mößkirch, nicht wieder gewählt, daß vgn 89 Wahl-
männern 68 erklärten, bei der nächſten Tagfahz%ßzgr nicht mehr
erſcheinen zu wollen, ebenſo beſchloſſen in Donaueſchingen 500
Männer, es dürfe in dieſe Kammer nicht mehr gewählt wer-
den. So zeigen die Berichte vom Kreiskongreß zu Sug gen-
 
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