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Die Republik — 1849

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No. 78 - No. 101 (1. April - 29. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0361

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Erſcheint Montags aszgte. . .
nommen täglich. In HeideleeÖ .

berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreispalt. Petitzeile 2kr.

c :



Republik.

„„Für das Volk und gegen seine Bedränger.''

Beftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.





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Dienfſtag, 17. April.



1 §V/49.



îDieeutsſchlandö.
® Heidelberg, 16. April. Unsere Bändiger, die Trä-
ger des Thrones , die letzten Stützen der Monarchie , „unsere
Brüder- werden wie allbekannt eben auch aus unſerem Beu-
tel, wie so viel Unnützes, ſo viele Faulenzer, mit unseren
Blutkreuzern gefüttert und erhalten. Nicht blos, daß wir die
Hohen selbſt, mit unſerm Gelde erhalten müssen, nein, wir
müſſen auch noch die Stüßen der Hohen, ihre Knechte und
Diener, unsere Feinte erhalten. Das ſind eben die Segnun-
gen der conſstitntionellen Monarchien, das ſind die Früchte der
Jürſtenſtaate, die wir mit großer Schrift in ten ſtockenten,
zerfallenden G eſchäſten leſen können, die Früchte, die man
da nennet, allgememes Elend, Hungerpeſt und unendliche
Volksarmuth. Wie iſt es auch anders wöglich ? Es muh ja
o kommen.
. In Württemberg koſtete das Militär jährlich über 3
Millionen Gulden und dieſes Jahr ſteigerten ſich die Ko-
ſten dieser volksfeindlichen Einrichtung auf nahe 5 Millionen.
Würtemberg hat 1,700,000 Cinwohner, also konimt auf den
Kopf, blos für das Militär 3 Gulden jährlich. In Preußen
mußte bis jett tas Volk für das Militär jährlich 49 Mill.
Gulden, aber ſeit dem März vo.izen Jahres ſchon nahe au 90
Mill. Gulden bezahlen. 90 Mill. Gulden bei 16 Mill.
Einwohner macht auf den Kopf nahe 6 Gulden. Ihr Armen
und Gedrückten, ihr Weiber und Kinder, ihr die ihr kaum die

Kreuzer zuſawmen bringt um euch Schuhe zu kaufen, die ihr 1

euch abquält Tag und Nacht um nur Brod eſſen zu können,
ihr müſſet 3 bis 6 Gulden jäyrlich hergeben, müſſet 12 Tage
umsonst arbeiten damit man das ſtehende Heer erhalten und
euch zusammenſchießen kann, wenn ihr euer Recht verlangt!
Sehet das sind die Segnungen der konſtitutionellen Monarchien,
die Segnungen des Fürſtenſtaates, den die Herrn Vaterländer
so gar gerne in ihren Flugschriften lobend erheben , das ſind
die Segnungen der conftitutionellen Wirthſchaft, wie ſie euch
aufgezwungen iſt ! :

§s§s Voumr Neckar, 14. April.*). Was wird jetzt aus
der deutschen Verfaſſung, was aus der Frankfurter Na-



*) Obige Beurtheilung der Sachlage in Frankfurt und
deſſen, was von dort noch für das Volk zu erwarten steht, ist
von der in der legten Nummer unseres Blattes unter Aufschrift
„Die Lage der Dinge in Frankfurt- gegebenen wesentlich
verschieden. Wir theilen die Anſicht unseres heutig en Mitar-
beiters „V om Neckar-1, daß aus der Paulskirche keine Freiheit
für das deutsche Volk zu erwarten steht. Die Gegenrevolution
der deutschen Fürſten hat fürs erſte gesiegt. Die Mehrheit der

frankfurter Abgeordneten hat ihnen dazu redlich verholfen. Wenn

dies unläugbar iſt, so haben wir auf der andern Seite nie ver-
kannt, daß die republikanische Partei der Nationalversamm-
lung, welche in der Minderheit geblieben iſt, uon Anfang an
den entschiedenſten Widerſtand gegen eine Reihe von Verräthereien,
die am deutschen Volke verübt wurden, geleiſtet hat. Allein wir
können die Hoffnung nicht theilen, daß durch das Beharren der
Linken auf der jetzigen Reichsverfasſung, welche neben dem preu-
ßiſchen Erbkaiserthum allerdings auch eine Reihe demokratischer
Beſtimmungen enihält, diese Verfasſung zur Wahrheit werden
wird — ohne neue Revolution. Denn die Gewalt iſt
jeßt noch bei den Fürſten, und die Fürſten werden sich diese





tivnalverſammlung werden? Dies iſt die Frage, die man
aufwirft, wenn man einen Augenblick von den großen Ereig-
niſſen in Italien und Ungarn sich abwendet und über unser
großes deutsches Vaterland hinſieht. Denn so weit iſt es
leider gekommen, daß es faſt scheinen muß, als würden die
Geschicke unseres Vaterlandes nicht bei un s und durch uns,
ſondern durch die andern Völker Europa's für uns ent-
ieden.
ly Die Mehrheit der deutschen Nationalverſammlung hat
ihren gerechten Lohn empfangen. Gewählt durch das deutsche
Volk und kraft des auf den Barrikaden von Wien und von
Berlin zur Geltung gebrachten Volkswillens, war ſie beſtimmt,
die Freiheit, d. h. die Demokratie und die Einheit Deuiſchlands
gesetzlich feſtzuſtellen, die Revolution für permanent zu erklären
und sich an ihre Spitze zu ſtellen, bis deren Aufgabe vollendet
war. Aber ſtatt einer Dienerin des Volks und der Volks-
ſouveränität iſt ſie die Buhlerin der Fürſten und der Wirth-
ſchaft „von Gottes Gnaden geworden. Sie hat gegen die
Republikaner in Baden, die zu den Waffen griffen, um die
bedrohte Revolution zu retten, nur Kanonen, Bajonette, Ketten
und Kerker gehabt. Sie hat Wien, das ſich erhob, um für
sie Demokratie gegen die ruſſiſch - öſterreichiſche Knechtſchaft zu
kämpfen , fallen laſſen; sie hat es ruhig geschehen laſſen, daß
fines ihrer edelſten Mitglieder , ein Liebling des Volkes, daß
Robert Blum durch Henkershand ermordet wurde. Sie hat
die konſtituirende Versammlung in Berlin fallen laſſen und

Terren Steuerverweigerung für null und nichtig erklärt. Ver-

gebens erſchienen zu Frankfurt Gesandte Ungarns, die dem
deutschen Volke ein Bündniß antrugen. Sie hat entlich ihren
Werken die Krone aufgesetzt, und die Souveränität der deut-
ſchen Nation als erbliches Cigenthum des Königs von Preußen
erklärt, indem ſie ihn zum Kaiser von Deutſchland ernannte.

Und als sie ihn ernannt hatte und mit Glockengeläute dieſe .

That begrüßt und als sie mit Pojaunenſtößen durch die feilen
Blätter das neue Glück Deutschlands verkündet hatte, als das
Reichsblatt des „edlen Herrn von Gag ern gerufen hatte :
„Die Revolution iſt erfüllt-, und als die Champagnerflaſchen
verknallt hatten , da ernannten ſie eine Deputation, die dem
neuen Kaiser bie Botschaft bringen, die Krone und das Schwert
über Deutschland übergeben sollte. Und die Deputation der
deutschen Nationalverſammlung zog nach Berlin und + die
erſte Strafe hat sie erreicht ~ erhielt von dieſem Könige, den
ſie ſich anmaßen wollte zum Kaiser zu machen, einen aller-
gnädigſt en Fu ßtr itt. Preußens „gewaltiger Herr- von
Gottes Gnaden nimmt keine Krone aus den Händen von
1r|Unterthanen-..

Er wird sich mit seinen Tollegen, den Fürſten besprechen,
wie er die deutsche Sache zu ordnen gedenkt, wie die deutſche
Reichsgewalt und die deutſche Verfaſſung. Er wird einen

Fürſtencongreß abhalten und da beſchließen, was da geschehen

Verfassung nicht gefallen lasſen. Das Volk kann und wird sich
aber nicht erheben für ein Erbkai sert hu m. Die wenigen de-
mokratischen Beſtimmungen , welche die „Reichsverfassung‘“ ent-
hält, wecden wir beim nächsten europäischen Sturm wohl mit in
den Kauf bekommen und noch etwas mehr! Und daß dieser
Sturm nahe iſt, das wird nit jedem Tage klarer. Möge daher
die Reaktion immerhin ihren lezten Streich führen, die National-
versammlung auflöſen. Das Volk wird dadurch nicht mehr ver-
lieren als es verloren hat.
 
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