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Die Republik — 1849

DOI Kapitel:
No. 78 - No. 101 (1. April - 29. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0389

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Erſcheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden 1 fl.
10 kr. Bei Inseraten koftet
die dreiſpalt. Petitzeile 2kr.

Die R



„Für das Volk und gegen seine Bedränger.‘"



Beftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

epublik.







Re 97

Mittwoch,



25. April. 1849.



+ Wird von Frankfurt eine Revo-
lution kommen ?

Dieser Frage kann man ſich wirklich nicht erwehren, wenn
man den Spektakel lieſt, den die Erbkaiſerlichen in der letten
Zeit zu Frankfurt verführen, wenn man ſieht, was für Fäuſte
ſie machen, wie ſie wit „Barrikaden-- um ſich werfen, und ſich
verſchwören „zu ſtehen und zu fallen- mit der Reichsverfaſ-
ſung und für den Erbkaiſer. Gebt Acht! wir erleben's noch
heut oder morgen: die Reichsminiſter, ein ganzes Rudel Erb-
kaiserlicher hinter drein, rennen zum Thor hinaus in die
Volksverſammlung auf die Pfingſtweide. Dann ſtürzen ſie mit
dem Ruf „„Zu den Waffen! Barrikaden !- in die Stadt her-
ein. Der ruhige Bürger von Frankfurt greift zur Wehr. In
einem Nu bedeckt ſich die Stadt mit Barrikaden. Der Auf-
ruhr heult von den Thürmen. Vorn auf der höchſten Barri-
kade ſteht der redles Gagern und ſchwingt ein mächtiges
deutsches Schwert. Dort fechten Mathy und Baſſermann, 1Ge-
ſtalten-- mit Heckerhut und blutrother Hahnenfeder. Mit über-
menſchlicher Kraft setzt Vater Jahn über die Barrikaden, bald
auf den Beinen ſtehend und mit den Armen kämpfend, bald
auf dem Kopfe mit ten Beinen kämpfend, und im Hinter-
grunte spielt der deutsche Arndt mit btutiger Hand die Harfe
und ſingt dazu „ Des Deutſchen Vaterland-. So wird es
kommen, eh’ ihrs glaubt.

Doch ~ Spaß bei Scite. Wir brauchen unsere Leser
nicht zu versichern , daß wir der unmaßgeblichen Ansicht sind,
wie dieſer Fall doch ſchwerlich einzutreten die Aussicht haben
dürfte. Wir haben uns ſchon neulich darüber ausgesprochen,
daß wir die Ueberzeugung haben, die Erbkaiſerlichen werden,
weun die Nationalverſammlung aufgelöſt und eine BVerfaſſung
von denrFürſten diktirt wird, gehorsam und hübſch nach Hauſe
fahren und wenn's hoch tommt, ein paar Erklärungen drucken
laſſen, um ihre Blamage zu verdecken. leber die Erbktaiſer-
lichen wollen wir daher kein Wort mehr in dieſer Sache ver-
lieren.

Wichtiger für uns iſt aber das Verhalten der r e publi-
kanischen Partei in der Nationalverſammlung zu der
Reichsverfaſſung und der bevorſteyenden Auflöſöung und Oktroi-
rung. Die Linke zu Frankfurt 1ſt iu diesem Augenbiick in
zwei Lager getheil. Das eine größere, will an der Reichs-
verfaſſung und dem Kaiſer feſthalten. Seine Mitglieder er-
blicken in dieser Verfaſſung den Ausfluß des souveränen Volks-
willens. Sie wollen sie daher müſamt dem Kaiser um jeden
Preis, nöthigenfalls mit Gewalt eingeführt haben.

Das andere Lager, die äußerſte Linke (im Donnersberg)
die jetzt auf 29 Mirglieder zuſammengeschmolzen iſt, erkennt
zwar auch die Reichsverfaſſung als gültig an, betrachtet aber
die Kaiserfrage, dadurch, daß der König von Preußen abge-
lehnt hat, als abgethan, und verlangt, konsequent ihren bis-
her befolgten Grundsätzen, eine demokratiſch:-republikaniſche Re-
gierung. Die äußerſte Linke glaubt nicht, daß die Mehrheit
der deutfchen Nationalverſammlung die Macht, das Vertrauen,
die Entſchiedenheit, ja nur den Willen besitze eine Revolution
zur Cinführung der Verfassung zu erregen und zu leiten.

Wir haben uns der Hauptſache nach ſchon vor einigen
Tagen zu der letztern Ansicht bekannt. Die deutſche Reichs-
verfaſſung, wie ſie iſt, iſt eine m onarch isch e. Sie erklärt
das deutſche Volk als erbliches Cigenthum eines Königs. Wir

erblicken daher in dieſer Verfassung einen Hochverrath gegen
die Souveränität der deutſchen Nation , aber wahrlich keinen
Ausdruck des souveränen Volkswillens, der ſich nicht ſelbſt
vernichten wird durch einen Kaiſer. Und in dieſem Punkte
können wir auch mit der äußerſten Linken nicht übereinstimmen.
Die äußerſte Linke erkennt die Verfaſlung als gültig an.
Wenn sie das thut, ſo muß ſie konsequenterweiſe auch den
Erbkaiser anerkennen, der ein Theil der Verfaſſung iſt, und so
gut wie die ganze Verfassung von der Mehrheit der National-
versammlung beſchloſſen iſt. Wir unſrerſeits halten an dem
Grundsatze feſt: daß d a s Volk ſouverän iſt und seine
Selbſtherrlichkeit weder an einen Kaiser – aber
auch eben so wenig an eine Nationalverſamm-
lung unwiderbringlich und für immer aus der
Hand geben kann. Wir verlangen als Verfechter der
Grundſätze der radikalen Demokratie, daß das Volk
tas alte germaniſche Recht, das ſich in den Republiken der
Schweiz erhalten hat, aueübe , nämlich, daß das ganze Volk
in den Urverſammlungen der Gemeinden abſtimme über die
von der Nationalverſammlung entworfene Verfassung.
Denn diese Verfaſſung iſt ſo lange «Entwurf., als sie nicht
vom Volke selbſt beſchloſſen iſt. Wir hätten gewünscht, daß
die radikal - demokratiſche Partei der

Nationalverſammlung
diese Forderung gestellt hätte und hegen

die lleberzeugung, daß
die Mehrheit des Volkes die Verfaſſung mit dem kaiserlichen
Erbeigenthümer der Nation verworfen hätte.

Darin aber ſtimmen wir ganz mit der äußerſten Linken
zu Frankfurt überein, daß das Volk für diese Verfaſſung
und ihren Erbkaisſer nicht aufſtehen wird. Die gemäßigte
Linke täuscht ſich über die Stimmung des Landes; sie täuſcht
ſich über den Muth und Willen der Mehrheit der National-
verſammlung , welche nichts weniger will und nichts mehr
fürchtet, als „ Barrikaden /, so sehr ſie auch damit renomirt;
ſie täuſcht ſich endlich, wenn ſie glaubt, die wenigen demokra-
tischen Beſtimmungen der papierenen Reichsverfaſſung würden
unter ter 38tachen Herrſchaft und Allmacht der deutschen Für-
ſten eine Wahrheit ſein.

Von Frankfurt wird daher keine Revolution
komm en. Die Revolution von 1849 wird in Wien oder
in Paris das Licht der Welt erblicken.



Deutſchlkand.

'1. Adelsheim, 23. April. Gestern wurde die angezeigte
Volksversammlung dahier abgehalten. Wenn der bisherige Mi-
niſter Bekk an eine göttliche Vorsehung glaubt, so muß es ihm
sſelbſt einleuchten, daß das Volk mit dem Himmel, mit der Got-
teslraft, in Verbindung ſteht und darum endlich ſiegen muß.
Den Tag vorher, bis zum Morgen des 22., fiel Schnee und
Regen, welche die Verſammlung offenber zu verderben drohten.
Allein wir erhielten einen herrlichen Tag und schon um 11 Uhr
Vormittags kamen die prächtigen Züge der festlich empfangenen
Volksvereine, theils zu Fuße, theils auf geschmückten Wagen, in
unserer Stadt an, welche ebenfalls durch alle Straßen, mit Fah-
- Blutzengewinoen, mit den Biloniſſen Heckers und Blums
geſchmückt war.

Des Nachmittags um 2 Uhr, als der lezte große Zug
aus dem Würtembergiſchen von Mö > mühl angekommen war,





verſammelten ſich die Vorſtände der Volksvereine im Rathhaus-
 
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