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Die Republik — 1849

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No. 125 - No. 141 (1. Juni - 21. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0523

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Erscheint Moùtaqs ausge-
nrRommen täglich. In Heidel-

berg und Umgegend monatl. D d f li q t j b [ ® |
1 5 kr., vierteljährig 45 kr. ; j
Durch die Poſt bezogen im : te cp n | 0

ganzen Großh. Baden 1 fl.

1 0 kr. Bei Inſeraten koſtet

die dreiſpalt. Petitzeile 2 kr.
Einzelne Nummern 2 kr.

„„Für das Volk und gegen seine Bedränger.''

Beſtellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buchdruk-
kerei von O. A. Oßwald,
bei Kaufmann Berner,
Porzelanmaler Wa gn e r;
auswärts bei allen Poſtäm--
tern. Briefe werden
frankirt erbeten.







N 133.



Souutag, 1 0. Juni



1849.







Deutſchland.

* Heidelberg, 8. Juni. Ueber die jüngſten Vor-

fälle in Karlsruhe erfahren wir Folgendes : Gleich nach
der Konſtituirung des Landesausſcbuſſes ſtellle ſich eine
Meinungsverſchiedenheit in demſelben heraus, vertre-
ten hauptſäcklich durch Struve einer - und Brentano
andererſeits. Der leztere namentlich hielt hartnäckig
an dem Gedauken sfeſt, tie Revolution auf gesetzlichem
Wege durchzuführen, während Struve der Anſicht war,
daß eine Revolution nur revolutionär ſein köune, wenn
sie eine Revolution ſein wolle. Alle Mazpregelu des
Landesausſchuſſes deuteten das Uebergewicht Brentanos
au. Während Struve die gefangenen Ofſiziere gefangen
halten wollte, lies Brentano ſie frei, ließ namentlich
trotz der energiſc!ſten Vorſtelungen Struve’s ſogar
Hiuukeldey wieder frei. Während Struve in allen Be-
ziehungen die badiſche Erhebung als eine deutſche be-
trachtete, ſuchte Brentano ſie womöglich als eine aus-
schließlich badiſche zu erhalten. (Wir unterlassen es
durch Beiſpiele dieſe Behauptung zu belezen.) Die
Meinungsverſchiedenheit zwiſchen beiden Mäunecn führte
endi1ch den Rücktritt Struve's aus ſeiner amtlichen
Stellung herbei. – ; .
Struve und ſeine Meinungsgenoſſen gründeten nun
einen Clubb des entschiedenen Fortſcbritts, welcher die
vollſtändige Durchführung der angefangenen Revolutien
beaiſichtigte und die entschiedenſten Männer als Mit-
glieder unter ſich zählte. Nach einer der letzten Suzun-
gen glaubte vielleicht Brentano von dieſer Seite her
ſich hier gefährdet und befahl dem General-Komman-
danten Becker mit seiner Legion nach Heidelberg ab-
zumarſchiren. Dieſer Abwmarſch war jedoch an dem-
ſelben Tage mcbht mehr möglich, und wurde deßhalb
von Becker auf den felgenden Tag verſchoben. Nach-
mittags wurde er zu Brentano eingeladen, und bei
ſeiner Ankunft von ihm , umgeben von einer Maſſe
Bürgerwehrmänner verhaftet. Ebenso wurde Struve
bei seiner zufälligen Anwesenheit im Regierungsgebäude
perſönlich von Brentano verhaftet, zugleich marſchirte
die Bürgerwehr ſo wie emige Kompagnien Soldaten
auf, welche Brentano in der Stille von Bruchſal hatte
kommen laſſen, Kanonen wurden aufgefahren und Alles
wartete der Dinge die da kommen ſolten.

Bald aber wurden die Soldaten über die Lage der
Dinge aufgeklärt und weigerten ſich einzuſchreiten ; ge-
ſern nahm die ſchweizeriſche Legion eine ſo entſchie-
dene Haltung an, daß Brentano ſich veranlaßt ſah,
nach 2 Stunden die Verhafteten wieder frei zu geben.
Im Kleinen ganz dieſelbe Entwicklung der Dinge wie
im Großen in Frankreich nach der Februarrevolution.
_ Sieidelberg, 9. Juni. Das Kriegsgeset, !outet

folgendermaßen:

. Art. 1. Das Land wird von der heſſifchen Grenze
bis zur Murg, einſchließlich der Feſtung und des Amts-
bezirks Raſtatt, in den Kriegszuſtand erklärt.

Art. 2. ) Wer in dieſem Bezirke in Beziehung
auf die Zahl der Marſchrichtung der operirenden
Truppenkorps die angeblichen Siege des Feindes oder
augeblichen Niederkagen unserer Armee falſche Gertichta
ausſtreut oder vervreitet, welche geeignet ſind, das
Publikum zu beunruhigen, oder die Civil- und Milirär-

behörden in Beziehung auf ihre Maßregeln irre zu
hit: ex zuſtändigen Handlung der Civil - oder Mi-
litärbehörden ſich widersetzt;

I) gegen die jetzt beſtehende Regierung oder ihre
Behörden zum Ungehorſam oder Widerſetzlichkeiſ auf-
f.! die aufgebotene Mannſchaft vom Einrücken ab-
zuhalten, oder die unter den Waffen ſtehende Mann-
ſchaft zum Ungehorſam oder zur Treuloſigkeit zu ver-

leiten ſuckt, wird ſofort verhaftet und, ſo lange der

Kriegszuſtand dauert, als Kriegsgefangener behandelt.

Art. 5. Je nach Umſtäänden ſteht es den Truppen-
kommandanten zu, ſolche Kriegsgefangene ſofort vor
ein Srugtgttist zu ſtellen und kriegsrechtlich aburthei-
len zu lassen.

Art. 4. Ueber die Zuſammenſetzung des Kriegs-
gerichts und ſeine Zuſtändigkeit iſt der Kriegsminiſter
unter Beiſtimmung des Civilkommiſſärs eine Verord-
nung zu erlassen berechtigt.

Art. 3. Ebeuſo hat der Kriegsminiſter das Recht,
ſobald er es für nothwendig erachtet, das Standrecht
f proflamiren und dieses ſofort in Anwendung zi
ringen.

Urt. 6. Gegen Jeden, welcher ſich mit den Waffen
in der Hand den Anordnungen der Civil- und Militär-
e. widerſegt, iſt ſofort mit Waffengewalt ein-
zuſchreiten.

Wir versehen uns zu allen Denjeuigen , denen es
darum zu thun iſt, die Freiheit zu erringen und zu
begründen, daß ſie durch alle Mittel der Belehrung
und Verſtändigung dahin wirken werden, daß von der
Anwendung des Geſetzes einen wirklichen Gebrauch zu
machen nicht nöthig wird, und erwarten namentlich
von uuſern Beauftragten, daß ſie ſelbſt keine Veran-
laſſaung geben werden, daß Thatsachen ſich ereignen ,
welche ein ſolches Einschreiten gebieten müſſen, und
daß namenttich keine unbegrüudeten, aus Privatleiden-
ſchaften abgeleiteten Anzeigen und Verhaftungeu vor-
kommen, indem wir andernfalls mit der gleichen
Strenge solchen Mißbrauch der Amtsgewalt zu beſtrafen
keinen Anstand nehmen.

Kaulsruhe, den 5. Juni #ſ649,

Brentano. Goegg. Peter.

+ Heidelberg, 9. Juni. Bekanutlich hat die bai-
riſche Regierung von jeher mit der öſtreichiſchen ein
freundſct aftlic eres Verhältniß unterhalten, als mit der
preußiſchen, weil diese proteſtantifch, jene aber katho-
lifch iſt, und der Katholizismus der bairiſchen. Regie-
rung viel geeigneter zur Erhaltung der Votksdummheit
ſcheint, als der Proteſtantismus. In neuerer Zeit nun
hat sich die bairiſche Regierung wieder an Preußen
angeſctloſſen, durch dasselbe Interesse dazu geirieben,
durch den Widerſtand gegen die Reict sverfaſſung näm-
lich. Der Preußenkönig hat bekanntlich vor einigen
Tagen eine neue Reictsverfaſſoung aus höcbſt eigener
Macttvollkommeuheit erlaſſen, welche ihm fo ziemlich
das Uebergewicht in Deutschland gibt. Dies macht deu
Baiernkönig stutzig und er ſcheint ſich nun wieder
Destreich zu nähern, wie aus ſelgendem Artikel des
Frankfurter Jornruaks hervorgeht: : q

» Berlin, 8. Juni. Der ſchon in nahe Aus §r
 
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