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Die Republik — 1849

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No. 78 - No. 101 (1. April - 29. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0381

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j;

Erſcheint Montags ausge- fz1
nommen täglich. In Heidel- q
erg vierteliährig 45 kr.

ganzen Großh. Baden 1 fl..
10 kr. Bei Inseraten koſtet..
die dreispalt. Petitzeile 2kr.

5:7: Die Republik.





„„Für das Volk und gegen seine Bedränger. ““ Ö



Beftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner n.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poftämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.





N- 95, Sonntag,

Nothgedrungene Erklärung der Wein-
producenten in und um Heidelberg.

Auf das ſtrenge Einschreiten Großh. Oberamts und ver-
ehrlicher Dienſtmannſchaft, bezüglich des von den Weinprodu-
centen in und um Heidelberg betriebenen Nothzapfrechts. finden
wir uns veranlaßt, tie Gründe zur nothgedrungenen Betrei-
bung des Zapfens, sowie des entgegengesetzten Verhaltens unſ-
rer Regierungsbehörden zu veröffentlichen, um ſämmtlichem
Publikum, Hohem wie Niederm, eine richtige Uebersicht von der
jetzigen Belaſtung der Weinproduzenten, jowie den dazu erfor-
derlichen Mitteln, wodurch es uns möglich wird , diese Bela-
ſtung zu erſchwingen, zu geben. Es wurden von uns alle
möglichen Schritte versucht, dieses Recht zu erlangen, und wir
harren jetzt der Resolution letter Instanz, Hochpr. Miniſterium
des Innern, mit Sehnsucht entgegen.

Bekanntlich verſteht man unter Weinproduzenten eine Klaſſe,
die ſich mit dem Wein-, nur sehr sſpährlich mit dem Feldbau
beschäftigt und dies meiſt in Gegenden, wo der Unterhalt aus
Mangel an eigentlichem Beſit von Feld, zum größten Theil
auf Pachtfeld erworben werden muß, ſo daß jeder Weinpro-
duzent zur Deckung des Lebensunterhalties ſeiner Familie mit
einer Summe von 30 bis 50 fl. Pachtgeld belaſtet iſt. Nun
kommen die Staats- und Gemeindeſteuern, dann die Zinſen
von unsern Privatſchulden, die Allodifikations - Termine von
Leibgedings- und Erbſtandsgut, von dem in unserer Gegend
saſt durchgängig die geiſtlichen Corporationen die Obereigen-
thumsberechtigten waren; dann die Zeyntablöſungstermine an
die Zehntſchuldentilgungskaſsse , die Unterhaltuug zu unſerem
Gewerb in Schiff und Geſchirr, ſowie die Anschaffung des
erforderlichen Wingertholzes nebſt Brennholz noch dazu. Wir
fragen daher das Publikum, beſonders aber das höhere, die
Herrn Profeſſoren und alle Angestellten, die gewöhnlich unsere
Creditoren ſind , und auch alljährlich ihre Intereſſen wollen,
ob es möglich wird (indem wir seit Aufhebung des Zolls auf
die Rheinweine von 90 fl. per Fuder gar keinen Abſayg unſsres
Produkts mehr haben, da alle Wirthe und Weinhändler, sogar
die des hinterſten Odenwaldes, aus reinem Vorurtheil für das
ausländiſche Produkt, ihren Bedarf aus dem Ueberrhein be-
ziehen), alle diese Laſten alljährlich zu beſtreiten, besonders da
wir kein anderes Produkt außer unserem Weine zu verkaufen
haben. Da wir nun wegen Mangel an Abſayg nicht mehr
verkaufeu können und nicht verzapfeu ſollen , so ſind wir auf
dem Punkt angelangt, notorisch zahlungsunfähig zu sein. Wir
fragen : leiden alle diese oben genannten Lasten Verſchub,
müſſen ſie nicht alljährlich geleiſtet werden ? Das entgegenge-
setzte Verhalten unserer Regierungsbehörden durch Zustellung
von Zahlungsbefehlen, Erequiren, Auspfänden und dgl. mag
unserm Publikum diese Frage beantworten; darnach möge wohl
däſſelbe die willkührlichen Betreibungen des Zapfrechts beur-
theilen.

h Kann es blos im Intereſſe der Regierung liegen uns zu
telaſten? Iſt es nicht auch heilige Pflicht derselben, die in-
ländiſche Induſtrie in Schutz zu nehmen, oder will ſie durch
Entziehung ihres Schuzes die Summen, die durch unſere
eigene Produktion erſchwungen werden können , und deren der
Weinproducent zur Bestreitung aller dieser Laſten bedürftig
iſt, fahren laſſen ? §
Wix werden von dem Uteberrhein mit Wein, Früchten,

22. Abril.





E §

1 V49).

Kartoffeln, allen Markt-, sogar Hölzerwaaren, und mit weißem
Sand auf unsern Kirchweihen reichlich verſehen; wir fragen :
was ersetzt uns das Ausland dagegen ? Wabrſcheinlich nichts
als die Armuth und Geldnoth; ſind nicht alle Summen durch
die Entziehung des Schutzes von Seiten der Regierung dem
Cours bei uns entzogen; wird nicht dadurch der größte Theil
der badischen Weinproducenten in einen Bettelhaufen verwan-
delt? Was wird die Folge davon sein? – Notoriſche Zah-
lungsunfähigkeit! Die meiſten Weinproducenten werden ge-
zwungen sein, alle Zahlungsbefehle von den oben angeführten
Laſten unsrer Regierung zu Füßen zu legen und ſte um Rath
fragen, durch welche Mittel wir all’ dieſe Laſten bestreiten
ſolrna, da wir unſer einziges Produkt, unsern Wein ,
nicht verkaufen können und nicht verzapfen ſollen. Muß es
einen redlichen Bürger nicht mit Unwillen erfüllen, daß er ſich
ſoll exequiren und auspfänden laſſen,, da er doch durch Ver-
werthung seines Products ſich von all diesem Schimpf be-
freien kann! JI das der Lohn seines Fleißes,, den er Jahr
aus Jahr ein auf ſein Gewerb verwendet, um ſich turch das
ausländische Produkt, und unsern wuchernden und habsüchtigen
Wirthen, die immer erndten wollen, wo ſie nicht gerflanzt,
zum Hohn muß ruiniren lassen; iſt das der Schutz, den man
der inländischen Industrie ſchuldig iſt? Wire es nicht Pflicht
aller Regierungsbehörden, die Klage der Wirthe so lange mit
Entſchiedenheit zurückzuweiſen, bis ſie ſich bequemten, ihren
Wucher mit dem inländijſchen Produkt zu unterlaſſen ? Wenn
ſich das ſtets widerſtrebende Benehmen unſerer Regierung ge-
gen tie inländische Induſtrie nicht ändert und die allgemeine
Zahlungsunfähigkeit und Verarmung unter dem bad. Volle
wird eingeriſſen sein, ſo werden die Folgen davon wohl auf
dies Regierung selbſt zurückfallen. Darum leiſte Hülfe unserer
gerechten Sache wer ein Freund der Gerechtigkeit, des Volkes
und unserer eignen Induſtrie iſt !



Deutſchland.

* Heidelberg, 16. April. Von den noch übrigen
politi ſchen Gefangenen, ſchreibt die Mannb. Abendztg.
in einem Bericht über den Stand der politischen Prozeſſe mm
Baden, haben bis jetzt die folgenden, ihren UAnklagea kt oder
ihr Erkenntniß erhalten: Steinmetz Literat, Krebs
Student der Mathematik aus Mannbeim, wegen einer Rede
in Achern und Theilnahme an dem Zuge der Pariser Legion; )
Pedro Duſ ar aus Mannheim, Schwager Struve's, Schrift-
ſeßer; Ba um an n (Heinrich) aus Lahr, Kaufmann wohn-
haft in Basel; Sch ne p f (Cyriak) aus Sulzbach, Steinhauer,

Inspector in der Kolonne von Auguſt Will ich, der ihn zu
ſeinen tüchtigſten Leuten zählte, im Anklageakt und in den ſer-
vilen Blättern auf das ſchmählichſte verleumdet und als be-
sonders gefährliches Individum bezeichnet; C o h n h e im (Max)
Publiziſt aus Frauſtadt CGroßherzogihum Poſen) Mitglied
des demokratischen Comités in Berlin, Verfaſſer des bekann-



ten republikanischen Catechismus; Liebkn e cht (Wilhelm) Pri-
vatdozent aus Gießen, Neffe des im Gefängniſſe so ſchauder.

ehem. Unteroffiziee; Ba u er (Karl) Student der Theologie.
aus Sinsyeim, bereits im Jahre 1847 wegen einer angeblinie.
chen Gottesläſterung verurtheilt; Lefébur e E
Berlin, ehem. preußiſcher Feldwebel und später Führer uw
 
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