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Die Republik — 1849

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No. 125 - No. 141 (1. Juni - 21. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0513

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Erſcheint Montags ausge-

nommen täglich. In Heidee D 0 , s
berg und Umgegend monatl. z | . ;
15 kr., vierteljährig 45 tr. , i
Durch die Poſt bezogen im E 0

ganzen Großh. Baden 1 fl.

10 kr. Bei Inseraten koſtet

die dreiſpalt. Petitzeile 2 kr.
Einzelne Nummern 2 kr.

„„Für das Volk und gegen seine Bedränger,'

Beſtelung wird gemacht in
Heidelberg in der Buchdruk-
kerei von O. A. Oßwald,
bei Kaufmann Berner,
Porzelanmaler Wa g nn e x;
auswärts bei allen Poſtäm-
tern, Briese werden
frankirt erbeten.





L

Mittwoch, G. Juni

1849.





Deutſchland.

+ Heidelberg, 4. Juni. (Corr.]) Das Ergeb-
niß der Wahl für die Stadt Heidelberg iſt dies, daß
unter 1682 Stimmen 1 648 auf Juſtizminiſter Peter,
41404 auf Pfarrer Lehlbach, 1 4,400 auf Gallus Maier
und 1266 auf Lehrer Letzeiſer gefallen. Die von
Ihrem Blatte letzthin vorgeſchlagenen Kandidaten er-
reichten außer Peter kaum 200 Stimmen; Scheibel,
Blind und Struve ſind, wie die andere Partei ſagt,
»mit Glanz durcbgefallenn. Frage ſich aber einmal
dieſe andere Partei, dieſe Partei des ſogenannten Volks-
vereines, ob sie wirklich einen Sieg. davongetragen ?
Ich für meine Person möctte es eher eine Niederlage
nennen. » Die drei mit Glanz durchgefallenen Bür-
ger « ſind in unserm engern Vaterlande nicht nur, son-
dern auch weiterhin als Volksmänner und bewährte
Volksſührer bekannt und desonders gebühet Struve vor
allen Andern das Verdienst, zuerſt den Weg der That
eingeschlagen zu haben. Niemand wagte es vor eini-
gen Jahren, unſere liberalen Deputirten anzugreifen ~
er that es ur.d wurde deßhalb von den Liberalen an-
gefeindet; er ſchritt die einnal betretene Bahn vör-
wärts – er wurde gepackt. Die Zeit kam wo man
einſah, daß er Reckt gehabt und es wurde ihm von
allen Seiten im März des Jahres 1 848 Weihrauch
geſtreut. Sein zweiter Zug mißglückte und er wurde
verflucht; ſein Leiden im Kerker und ſein Auftreten vor
den Geſchwornen verſöhnte wieder ale Gemüther und
das Volk führte ihn mit Jubel aus dem Gefäugniß.

Auch die beiden Andern ſind als Männer der That
bekannt und haben für das Volk geſtritten und gelit-
ten, und dieſe Männer hat der Volksverein neben ſei-
nen eigenen Mitgliedern nicht für würdig gefunden,
zu Kandidaten vorzuſctlagen. Allerdings gab man von
ſeiner und der von ihm bearbeiteten Partei vor, daß
ſie ja wo anders gewählt würden; allein nicht ein
Einziger wußte den Bezirk ihrer Wahl anzugeben, und
gesetzt ſogar, daß sie an einem andern Orte vorge-
ſchlagen gewesen, ſo war es ja auch Lehlbach. Dies
wußte man gewiß und dennoch ſtand er auf allen ih-
ren ausgegebenen Wahlzetten. Man hat ſich sonach
alle Mühe gegeben, anerkannte Volksmäuner bei Seite
zu schieben und ſich nicht entblödet, da man die Tüch-
tigkeit und Bewährtheit „„der mit Glanz durchgefallenen
Bürger‘! nicht in Abrede ſtelen konnte, mit unſanften
Redensarten denen zu begegnen, die für ſie gewirkt.
Hätte man einmal, wie es gewöhnlich geſcrieht, eine
Probe und Gegenprobe angeicelt und den Soidaten
auch solche Zettel in die Hand gegeben, worauf die
socialen Demokraten geſtanden, ſo hätte die Mehrzahl,
wie nachher von ihnen ſelbſt eingeſtauden wurde, ſich
für letziere erkläre. So wußten hie nichts davon und
wählten unbewußt Männer des Volkes, die gegen die
Führer des Volkes wätblten.

Den Aritilleriſten, der Bürgerwehr von Aglaſterhau-
ſen und Offenburg hat man gesagt, daß auch andere
als Struve, Scheibel und Blind vorgeschlagen, man
hat ibnen die Namen Lehlbacb, Letzeiſer und Mayer
angegeben, allein es waren ihnen unbekaunte Namen

und aus Ueberzeugung gaben ſie ihre Stimme ten

Erſtern, die ihnen Alle gut bekannt waren. Es kön-

nen sich darum auch die Gewählten damit beruhigen,
daß die Stimmung in Heidelberg eine ruhige und we-
nige von ſeinen Bürgern den unruhigen „„Rothen‘’ die
Stimme gegeben, daß ſie alſo wirklich die Bürgerſchaft
der Stadt, aber auch nur ſie, vertreten, denn laut
Nachrichten von obigen drei Mannſchaften gehören faſt
alle Stimmen, die Struve, Blind und Scheibel er-
hielten, ihnen. Es ſcheinen die getäuſckten und nicht
getäuſchten Soldaten die Zeit besser zu verſtehen, als
ihre Väter, und vollkommen überzeugt zu sein, daß
man eine Revolution nicht auf dem Wege der Ruhe
durchmacben kann.

0 Heidelberg, s. Juni. (Corr.) Noch iſt das
Wahlreſultat unseres Bezirkes nickt bekannt und wenn
auch hier einige Kandidaten eine bedeutende Stimmen-
mehrheit auf ſich vereinigt haben, so könnten leicht
andere Männer aus der Wahlurne der beiden übrigen
Amtsdiſtrikte in unseren Ortſchaſteu hervorgehen. Ge-
rade aus dieſem Grunde nun, weil man durchaus noch
nicht mit Bestimmtheit angeben kann, wer gewählt
wird, wird es auch nicht als eine Perſönlichkeit a-n
geſeben werden können, wenn ich die Wähler auf einen
früher im Volksführer erschienenen Artikel aufmerksam
mache, worin die Kandidaten ein politiſches Glaubens-
bekenntniß abzulegen aufgefordert werden. Alerdings
haben ſich ſämmtliche bis jett als Volksmänner ge-

. zeigt, allein wenn man einmal auf den grünen Bän-

ken ſitt, iſt es gerade als wenn der Teufel des Ehr-
und Geldgeizes sich der Köpfe bemächtigte und wir
ſehen dieſe Menſchen eine Feuerprobe durchmachen,
aus der ste nichts weniger als rein hervorgingen. Bei-
ſpiele der Art ſind nicht weit zu holen und es iſt da-
her dringend nothwendig, daß man den Kandidaten
das eidliche Versprechen abnimmt, immer mit Hintan-
ſetzung des eigenen das Wohl des Volkes im Auge zu
behalten und dieses auch wit deu größten Opfern, mit
den energiſchen Maßregelu zu erringen und zu ver-
theidigen. Unsere Zeit ijſt durch und durcb revolutio-
när , daher man wohl zu bedenken hat, daß nur Blut
zum Ziele ſühren kann und wer dieſes zu ſehen Schau-
der empfindet und in der Seclenangſt glaubt, daß man
ohne Blut ebensoweit zu kommen vermöge, der gehe
ſtatt zur konsſtituirden Verſammlung nach Hauſe und
denke hinter dem Ofen nacb, in welcher Kellertiefe
oder auf welcher Bergeshöhe er wohl am ſicherſten
seinem Schicksale entgehen könne. Gibt er aber das
Versprechen, die Forderungen der Zeit zu erfüllen, fo
muß er, sobald ihn Schwäche anwandelt, dem Rufe
der Wähler folgen und seine Stelle in ihre Hände zu-
rückgeben. Nehme man ſich daher iu dieſer kritiſchen
Zeit sebr in Act! Vorſictt ſchadet nichts.

§ Vom Neckar, /. Juni. (Correſp.) Es ſcbeint,
daß der Poliverkehr von Heſſen nur depwegen wieder
eröffnet wurde, um einen Aufruf an die Soldaten Ba-
dens gelangen zu laſſen, worin ſte von ihrem vielge-
lebten Führer Hoffmann aufgefordert werden, zu
ihrer Pflicht, d. h. zu ihm und dem ſoldatenfreund-
lichen Lerpold zurückzuket ren. Faſt will es mir schei-
nen, als habe der Präſident des großherzogl. Kriegs-
Mauuniſterinms bei Heppenheim empfunden, daß mit
Gewalt nichts gegen die badiſche Bewegung unternom-
men werden könue und ſollte seine Excellenz ſelbſt an
 
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