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Die Republik — 1849

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No. 51 - No. 77 (1. März - 31. März)
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Erſcheint Montags augen.
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 435 kr.
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2kr.









Für das Volk und gegen seine Bedränger.“'

Beftellung wird gemacht in

... R ) L f Heidelberg in der Buch-
\ s p P ; . druckerei von Renner n.
U Ic cpu l > Wolff und bei Kaufmann

Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.





R~ 64.

Freitag, 16. März.



1849.



Die Reaction und die Revolution.

Als der poetische Träumer, der Meſsſias aller Feigheit,
Mittelmäßigkeit, der Mann, welcher von Anfang seiner poli-
tiſchen Laufbahn kein anderes HWeort verſtand, als das der
Versöhnung, des Zweifels, der Energielosigkeit, als Lamar-
tine an der Spitze der proviſoriſchen Regierung der neuen
Republik sein berühmtes Fri ede n s manifest an die Völker
erließ : da war die franzöſiſche Republik vernichtet, die demo-
kratiſche Erhebung Europa’s zum Poſsenſpiel herabgewürdigt,
die Reaction, der Sieg der absoluten Monarchie über allen
Zweifel geſtell. Die Fürsten und der ganze Troß der Hof-
knechte, die Spießbürger und ihr Geſindel konnten ruhig dem
verzweifelten Ringen der besten Söhne des Vaterlandes zu-
ſchauen, sie wußten, daß ter Stein nicht zur Höhe gewälzt,
daß er im Gegentheil nur so hoch gewälzt werden konnte, um
in seinem Falle alle Demokratie zu zermalmen, alle Herzen
zu luechen, in die nur ein Strahl jener heiligen Morgensonne
gefüllen worauf wir gehofft, darnach wir verlangt, darnach
wir uns in den Tagen unſerer Schmach, unserer Entwürti-
gung gesehnt hatten, so heiß, wie nur ein Kind ſich nach tem
treuen Auge seiner Mutter sehnen kann. :

Frieden mit aller Welt! Der gewaltige Mann der er-
ſten sſranzösisſchen Revolution, Napoleon war todt! Er allein
hatte begriffen, daß es eine blöde Kinderei, eine aberwitzige
Sentimentalität iſt, dem Bunde der Hohen gegenüber, jenem
ſcheußlichen europäischen Henkerbunde gegenüber, geſtiftet, um
dort wie hier, im Norden wie im Süden, in Oſt und in
Weſt mit gemeinschaftlicher Macht den zuckenden Geiſt der
Freiheit in Ketten und Banden zu legen, daß es jenem Bund
gegenüber, der später mit dem Namen „,pheilige Allianz“, „eu-
ropäischer Fürſtenbund““ alles Erhabene gebrandmarkt hat, ein
offenbarcr Vätrath, ein Selbſtmord ſei, das Schwert in dic
Scheide zu ftecken, daß es da nur ein Mittel gäbe, das junge
Kind der Freiheit vor dem Würgengel zu retten: der Krieg,
die europäische Schlacht, der Krieg gegen Alles, was Tyran-
nen heißt, was in den alten Ränken und Diplomatentünſten
ergraut iſt. was seit Jahrhunderten das Brod der Fürſten ge-
fſſr. was seit Jahrhunderten vom Blute der Völker ge;
lebt hat.

Bei den eisernen Fußtritten Napoleons brach die Welt
der Lüge und Heuchelei, ſanken die Herren der Welt in die
Knice und ſtammelten um Gnade und Barmherzigkeit. Bei
[ den Friedensworten des ,,edlen‘“’ Lamartine, jubelte und jauchzte
das ganze Gelichter der Vergangenheit, wurden die weggewor-
fenen Kronen wieder auf das Haupt gesetzt, wurden die alten
Pergamente wieder zuſammengelesen, aus denen das Recht auf
Tyrannei tewieſen, das Recht auf Freiheit als Hochverrath
dargethan werden sollte. Das Manifeſt des Friedens war
die Verkündigung der berechtigten Reaction, der ver-
urtheilten Rev olution. ;



Die Reaction iſt da, der alte Fürſtenbund iſt da, das
Einschreiten zu Gunsten des fürſtlichen Erbrechts iſt wieder da,
die diplomatiſchen Staateſtreiche ſind wieder da, — die Re-
volution, die franzöſiſc)e, die römiſche, toskaniſche Republik,
die europäiſche Demokratie iſt wieder v ogelfr e i geworden!

Die traurigen Schwätzer haben von dem ganzen Prinzip der

Brüderlichkeit nichts gelernt, als die Furcht vor einer entſchei-
denden That, als die Weiberfurcht ror einem kühnen Griff,
der sicherer geht als der des „edlen“ Gagern, des Mannes
der Unterhantlung, des Sich Fügens. Als ob die Hand ei-
nes Metternich, eines Louis Philipp, eines Fritz-Wilm nicht
weiter gercicht hätte, als bis an die Marken der eigenen Dy-
naſtie, als ob Metterzrich nicht in Frankreich, Louis Philipp
nicht in Preußen, der Herr von Preußen nicht in Oeſterreich
regiert hätte! Als ob es genug wäre von 3 Dynaſten, von
3 Despoten, von 3 Würgengeln den einen verjagt dem an-
dern die Hand abgeschlagen zu haben, als ob auf dem Feſt-
lande ein Land frei und das sſ?tre Sclave sein könnte!
Schluß folgt.)





Deutſchland.

_ * Heidelberg, 15 März. Man erzählt ſich hier all-
gemein, Welker habe am Tage zuvor, ehe er seinen Erl kai-
ſerautrag gestellt, im Gaſthofe zum römischen Kaiſer in Frank-
furt, bei ſeinem ihm bleſtim!::.ten Erſagmann, dem Herrn von
Dusch, zugebracht und dort in Gegenwart des Herrn Unter-
ſtaatesetretairs Baſsermaun mit beiden ein Geſpräch gepflogen,
deſſen Ergebniß der preußischfarbige Antrag und das Berblei-
ben des Herrn Welker im Amte eines badiſchen Bevollmäch-
tigten gewesen sein ſjoll.

~ Mus den: IMnterlande, 14. März. Das Hei-
delterger Journal bringt in der No. (; 1 mit obiger Auſſchrift
aus dem Zittel- und Biss ing’sche n Vaterlandsblatt eine
Giftbrühe, auf welche wir darum eine Bemerkung machen,
weil aus denselben die offenbare Schlechtigkeit urd ~ um die
Proteſtation der wackern Haueknechte zu achten ~ totale Ver-
ſtandsloſigkeit hervorſchaut, wie aus dem hellſten Spiegel.
Nachdem rdie Republik auf eine ganz fein Zittel'ſche Art
durchgehechelt iſt, kommt eine Sache, wie an blauen Lippen
herbeigezogen unter die Scheere und wird gesagt: --Das iſt
freilich noch schlimmer als die Zukunft, welche jüngst ein ge-
ſinnungstüchtiger Schullehrer auf einer „„Volksverſammlung-- zu
Rohrbach der unglücklichen Boeurgeoiſie in Aueſsicht ſtellte.
Lanze genug, rief der unteſcholtene Volksmann, der indessen
nicht verſchmäht hat, mit einem reichsminiſteriellen Empfeh-
lungsschreiben im Sack bei dem gegenwärtigen Miniſterium
um eine Stelle nachzujuchen, lange genug habt ihr Lantleute
die Schweine gemäſtet und die Städter die Schinken gegessen,
jetzt ſollen auch einmal tie Stadtleute Schweine mäſten und
ihr die Schinken eſsſen.-- ;

Dex Einsender dieſes Lügengewebes muß entweder ein
 
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