Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Republik — 1849

DOI Kapitel:
No. 125 - No. 141 (1. Juni - 21. Juni)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0555

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
die dreiſpalt. Petiteile 2 kr.

Erscheint Montags auen.
nommen täglich. In Heidelr typ ©
berg und Umgegend monatl.. J
15 kr., vierteljährig 450 tr. „ |
Durch die Poſt bezogen im get.
ganzen Großh. "Baden 1 fl.:
10 kr. Bei Inseraten koſlet

Einzelne Rummern 2 kr.



„Für das Volk und gegen seine Bedränger."

Beſtellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buchdruk-
kerei von O. A. O ß wa l. d,
bei Kaufwmaun. Berner,
Porzelanmalcr Wa gn er;
auswärts bei allen Poſtäm--
; tern, Briefe werden
frankirt erbeten.





N® 141.

Donuerſtag, 21. Juni

1849.







Berichte vom Kriegsſchauplatze.
Einleitung.

Der große Kampf zwiſchen der Demokratie und dem

Absolutismus iſt nun auch endlich in Deutſchland ent-
brannt. Die Stunden der Entscleidung sind gekommen.
Bald muß es ſich zeigen, ob wir ruſſiſch oder repu-
blikaniſch sind. Die Blicke und die Hoſfuungen Deuitſch-
lands, Europa’s, hängen an dem Freiheitsbeere in
Baden. Bis jetzt haben ſich unsere Kämpfer ihrer hei-
ligen Sache würdig gezeigt, das Beiſpiel der Ma-
gyaren braucht uns nicht mehr zu beſchämen.
. Die Reattion iſt natürlich bemüht, unsern Stand-
punkt zu verrücken und unsern Kampf in den Koth zu
ziehen. Täglich werden die infamjten Gerücbte ver-
breite. Um der Lüge und Verlaumdung entgegen zu
treten, werden wir von nun an wahrbeitegetreue, au-
thentiſche Berichte herausgeben, die das Publikum über
die Lage der Dinge aufklären ſolen. Wo möglich
werden täglich solche Berichte erſcheinen.



Der Kampf der Hanauer Turnerwehr
bei Hirſchhorn.

Den 15. Juni, Morgens 4 Uyr, rückte die Schützen-
kompagnie der Hanauer Turnerwehr in dem heſſiſchen
Städtchen Hirſchhorn ein und beſelzte unter Leitung
des Kommandenrs Woynicki das dortige Schloß. Es

wurden ſogleich alle möglichen Vertheidigungsmaßregeln

für den Fall eines Angriffs getroffen, die äußern Thore
verbarrikadirt, Scbießſcharten ausgebessert und neue
angelegt, und alsdann den 140 Büchbſenſ bützen ihre

; Plätze angewiesen. – Drei Tage und zwei Näcbte er-

warteten wir wit ausdauernder Wacktſamwkteit den Feind.
Da endlich den 15., Abends G Ubr, kündigten die äu-
Herſten Vorposten deſſen Heranrücken an. Komman-
deur Woynicki, nachdem er ſich von der Wahrheit
dieser Anzeige persönlich überzeugt, ließ das Zeichen
geben, um die äußern Poſten einzuziehen, untersuchte
alle innern Poſten und so erwarteten wir gefaßt die
Gegner. Bald zeigten sich die kurheſſiſchen Tirailleure,
die, sobald sie unserer Feldwache anſichtig wurden,
auf sie feuerten. Die Feldwache erwiederte das Feuer

_ und zog ſich fechtend zum Schloß hinauf. Unmittelbar

nach der Avantgarde folgten zwei Geſchütze, welche die

Stellung einnahmen , die ſoeben unſere Feldwache ver-
laſſen. Die Avantgarde rückte an gegen die Mauern
des Schloſſes. Ein lebhaftes, wohlgezieltes Feuer un-
serer Schützen ſchmetterte Viele zu Boden. Die zwei
Geſchütze gaben eine Charge, die hoch über den Thurm
des Schloſſes hinausging. Unter kräftigem Hurrah
unserer Schützen ſtürzten drei Pferde an einer Kanone
und einige Artilleriſtee. Weitere Kompagnien Kur-
heſſen rückten heran und ein Bataillon Baiern. Kaum
biegen ſie um die Ecke, ſo ſtürzt der bairiſche Major
wohl getroffen vom Pferde. Die Baiern eröffneten ein
lebhaftes Pelotonfeuer; noch zwei Geſchütze wurden

aufgefahren. Die Kugeln ſausten zu Hunderten über
die Köpfe unserer Schützenz aber mit kräftigem Hurrah
hielten ſie alle Chargen aus und enlſendeten ihre Kugeln
so ſicher, daß in zwei und einer halben Stunde der
Feind ungeſähr 30 Todte und doppelt so viel Ver-
wundete zählte. Die Kurhessen wollten nicht mehr an-
greifenz die Baiern liefen ſchon davon, als von dem
Gebirge dem Schloß gegenüber unter Trommelſchlag
eine kleine Abtheilung Volkswehr zu unſerer Hülfe an-
rücîste. Da wurde die Flucht allgemein, ſo daß 1 600
Mann mit 4 Geſchütßen davon liefen wie die Haaſen.
Auch die dritte Nacht hielt unsere kleine Mannſcbaft
auf ihrem Poſten mutbhig aus. Als aber den vierten
Morgen die Maunſcbhaft, ohne Ausſtcht auf Entſatz,
ohne die gehörige Munition, ohne den nöthigen Pro-

. viaut, ermüdet an ihren Plätzen niederſank, da ließ

ſich endlich unser tapferer Kommandeur bewegen , einen
Ausfall zu wagen, um wenigstens seine Mannſchaft
zu retten. Mit blutendem Herzen verließ er dieſe Po-
ſition, die er so tapfer vertheindigt. In wohl geord-
neten Reihen marſchirten wir zum Thore hinaus und
gelangten unangefochten nach Eberbach.

Kampf der Legion der politiſchen Flüchtlinge
bei Hirſchhorn.

Die unter J. Ph. Becker ſtehende Legion der deut-
schen Arbeiter und Flüchilinge, welche vor Kurzem den
Karlsruher Spießbürgern so paniſchen Schrecken ein-
flößte, hat bis jetzt ſchon mehrfach Gelegenheit erhal-
ten, ihre militäriſche Tückttigkeit zu bewelſen.

In den unwegſsamſten und ungaſtlichſten Gegenden
des Odenwaldes, bei größtentheils ungünstiger Witte-
rung, unter Mangel und Entbehrungen jeder Art, ver-
loren dieſe eiſenfeſten Männer niemals den Muth und
die Heiterkeit.

Von verschiedenen kleinen Vorpoſtengefechten, in
deren einem der Prinz von Mecklenburg getödtet wurde,
will ich hier nicht reden. Nur einige Worte über die
glänzende Waffenthat, welche unſere Legion vor einigen
Tagen ausfühyrte :

Das Hauptquartier Beckers ſollte den # 3. Juni von
Heddesbach nach Hirſchhorn in das Heſſiſche verlegt
werden, wo ſchon 142 Hanauer Schützen auf dent
Schloſſe poſtirt ſtanden. Keines Feindes gewärtig
rückten die Unsern vor. Unterwegs kam die Nactricht,
daß eine Abtheilung von 2000 Kurhessen, Baiern und
Mecklenburgern bereits in Hirſchhorn eingerückt ſei.

Obſchon wir nicht mehr als 300 Mann zählten
(es war nur ein Detaſchement, alle übrigen Truppen,
welche unter Beckers Kommando standen, waren zur
Beseßzung der Päſſe von Weinheim bis Heddesbach
verwendet), ließ Becker, der seiner Krieger vollkommen
würdig iſt, vorwärts gehen. Schon auf dem Marſche
hörten wir Kleingewehrfeuer. Unsere wackern Hanauer
Brüder waren im Kampfe mit der Ueberzahl. Ob-
gleich wir weder Geſchitz noch Reiterei hatten, ging
 
Annotationen