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Die Republik — 1849

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No. 27 - No. 50 (1. Februar - 28. Februar)
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Menſchenſeele aufgeben darf, so wenig darf der Staat daran
verzweifeln, den verderbten Menſchen durch Erziehung zum
beſſeren Bürger zu machen. Man habe geſagt, diese Strafe
ſei noch von keiner Gesetzgebung, wenigstens eines größeren
Staates aufgehoben worden. Er frage aber, ob große Ideen
nur dann bei uns Eingang finden muſſen, wenn ſie, wie
Raſſiermeſſer, aus London und Paris zu uns herüberkommen.
Ob denn die Engländer und die Franzosen immer die Gene-
ralquartiermeiſter für große Ideen und Entdeckungen sein müſ-
ſen ? Die 28 Paragraphen der Grundrechte seien abgeſchrie-
ben, wenn man dies auch zu maskiren ſuchte. Wer nur ein
Biechen gewandt sei, werde ſogleich ſagen : - Ich kenne Dich,
liebe Maske! Dich habe ich in Belgien, Dich in Frankreich,
Dich in Frankfurt Ö man möge ihm dieses. Wort verzeihen
~ gesehen.-

s ſrage aber, warum man diesen §. nicht mit leſerlicher,



öſterreichiſcher Originalſchrift niederſchreiben wolle ? Ganz be-
sonders aber war es der Schiußſatz: „Wäre er ein galizi-
scher Bauer und sollte zum Tode veurtheilt werden, so »ſetzte
er ſich auf den Richterſtuhl und spräche zum Richter auf der
Anklagebank: ., Staat, Du haſt mich gebraucht als Dünger
für die Felder eines Anderen, Du haſt mich benützt als Ziel-
ſcheibe der Kanonen- und Flintenkugeln, Du haſt meine müh-
ſam erworbenen Pfennige zu Steuern erpreßt, und was haſt
Du für uns gethan ? Haſt Du uns geiſtig ausgebildet ? Haſt
Du uns ſittlich veredelt? Nein, Du haſt die Gelder verzet-
telt zu diplomatischen Sendungen, zu militäriſchen Tändeleien
und büreaukratiſchen Luxus, uns aber haſt da verkümmern
laſſen; ihr aber, ihr, die Metterniche und Consorten, ihr habt

den Gott in euch verläugnet, ihr habt uns ſittlich darben laſ- |

sen, und wenn irgend Jemand zu ſterben verdient den Tod
des Verbrechers, seid ihr es ~ aber vor der gerechten Strafe
ſchützt euch unſere Gutmüthigkeit, euer Exil und der kleine, ]
aber ſchöne § : die Todesſtrafe iſt abgeſchaffl.- j
; Italien.
Rom, 24. Jan. Das allgemeine Stimmrecht in Rom, |
in der Hauptſtadt der Chriſtenwelt , iſt eine Erſcheinung , welche
die Aufmerksamkeit auf's Neue nach Rom hinzieht, aber nicht
auf Rom mit dem Pabſt, sondern auf Rom mit dem Volke:
nicht auf das plebejiſche Rom. Die Kanonen erſchallten den
ganzen Tag, und wie früher zum Kelche, ſo drängten die
Römer sich jezt zur Urne. Am ersten Tage wurden 12,000
Stimmzettel abgegeben; und am anderen Tage hatte ſich dieſe
Zahl um 6000 vermehrt. Es iſt dies freilich erſt tie Hälfte
der auf der Stimmliſte eingetragenen Personen. Aber bedenkt
man, welche Einflüſſe der päbſtliche Bann, und die prieſter-
lichen Einflüſſe ausüben konnten, so iſt dies erhaltene Reſul-
tat immer noch beträchtlich und jedenfalls iſt diese Zahl ſchon
hinreichend, um dem zu erwählenden Dexutirren eine mehr
als zureichende Legitimität zu ſichern. j
Zu Civito-Vecchia war die Zabl der Stimmenden eben-
falls ſehr bedeutend; ſte belief ſich über 3000. Die Urne war
im Theaterſaale aufgeſtellt, und die Truppen, Nationalgarde
die Korporationen mit den Autoritäten und dem apoſtolischen
Delegirten bildeten eine Prozesſion , eine politiſche Prozesſion,
die an Feierlichkeit Alles übertraf , was die kirchliche Herrlich-
keit zu geben vermochte. Die Priester erſchienen nicht, aber
die Bauern, durch ihre würdige Haltung, bewiesen, daß das
politische Bewußtsein ſich der kirchlichen Vormuudſchaft entſchla-
g" kann. In Rom nahm ein Theil des Klerus Theil am
otum. ;
N

Paris, 2.



_) Febr. Es ziehen immer neue Truppen in Pa-
ris ein. . : .

_ Man versichert uns, daß das Kabinet die Auslieferung
von 300 Verhaftsbefehlen verordnet hat und daß in Folge

dieſer Befehle eine allgemeine Razzia in der Nacht vom 3.

zum 4. Febr. ausgeführt werden ſoll. :

Bonaparte und Changarnier ſind entſchloſſen, die parla-

tzertariſwe H ypeftot in die Seine zu werfen, wenn sie nicht
ehorchen will.

; Die berüchtigten Enthüllungen der Gazette des Tribu-
neaux ſind reine Erdichtungen, das eiufältigſte Polizeigeſchwägz,
die lächerlichſten Spioneneinfälle , die je prototollirt wurden.
Man erfährt aus beſter Quelle, daß man weder bei Alton
Shee , noch bei Foreſtier , noch bei irgend Jemand ſolche
Dokumente fand, wie ste der Verfasser des Lärmartikels
angibt. :
~ Der Bankber icht wurde heute veröffentlicht. Er
lautet höchſt ungünſtig. Der Wechsſelverkehr in Paris iſt auf
52 Millionen gefallen; in den Departements auf 98 Mill,
Die Summen der rückſtändizen Wechſel belief ſich am 1,
Februar auf 3,037 ,713 Francs 72 Centimen. Das baare
Geld dagegen iſt dieſes Jahr um mehr als ſieben Millionen
eſtiegen. ;

§ Heutc berieth der Juſtitzausſch1.ß ber Nationalverſammlung
über tie Anklage gegen das Muiſtexium ! Dieſer Juſtitzaus-
ſchuß beſteht aus 24 Gliedern. 20 davon (reine Royaliſten)
ſprachen ſich gegen und. nur 4 Glieder für die Anklage aus.
Also durchgefallen !

Changarnier besichtigte heute von einem Detaschement

Lanziers gefolgt, die Lager der Stadt, um ſich von dem Geiſte
der Truppen zu überzeugen. (
Marraſt, deſſen Säle seit den 10. Dez. finſter blieben,
will sie zu guter Letzt wieder erhellen lassen. Für morgen
Abend iſt ein glänzendes Mahl mit Konzert und Tanz ange-
ſagt, an dem auch der Auserwählte der 6 Millionen Volks-
ſiimmen Theil nehmen soll. JIſ das eine neue Verschwörung
oder Komödie ?

Heute Abend iſt großer Hofball im Elysſée National.
Ganz wie unter Karl dem 9! Für die Bartholomäusnacht

wird Changarnier sorgen.

Marraſt will den Herrn Changarnier durch Reglements-

paragraphen in die Flucht ſchlagen. Er läßt heute §. 83

in allen Journalen abdrucken, welcher den Oberbefehl alles
Ytutes in die Hände des Präſidenten der Nationalverſamm-

| zu Heidelberg.
Wackre, deutſche Männer!

Wenn ich erſt heute Cure herzliche Zuſchrift vom 22.
Nov. v. Jahres beantworte, so entſchuldiget es gütigſt mit dem
Drang der Verhältnisse, in welche mich jane unglückselige Ka-
taſtrofe des 9. Nov. stürzte und mich lange unfähig machte,
meinen ſchmerzlichen Gefühlen Worte zu geben. Neymt mei-
nen heißen Dank für die Stuzawlety [t Fife uuctrtihe
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meiſt vom Volke beklagt und beweint würde, dessen Rechte
zu vertheidigen er für die heiligſte Aufgabe seines edlen Le-
het? ft hizs nicht dem engeren Vaterlande an, wie grof;
ſeine Fähigkeiten waren und ihn überhoben über die Mehrzahl
ſeiner Gesinnungsgenoſſen, so dehnte er seine Beſtrebungen
aus , überall, wo es galt, die Rechte der geknechteten Völker
zu cetten und dieſe vom Joche der Tyrannei zu befreien. Es


 
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