Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Republik — 1849

DOI Kapitel:
No. 78 - No. 101 (1. April - 29. April)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0354

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
lung iſt permanent; 2) kein Staat darf seinen
Abgeordneten das Mandat entziehen; 3) dem Volke wird zur
Pflicht gemacht, sich zum Schutz der Nationalverſammlung auch
gegen sog. gesetzliche Streitkräfte zu erheben; 4) Die üg. 68
84 der Verfassung fallen aus z*) die Reichsgewalt bildet ein
beiden Häuſern verantwortlicher, vom Volke gewählter Voll-
ziehungsausſchuß ;; provisoriſch wird dieselbe von der National-
verſammlung fünf verantwortlichen Ministern übertragen.--
Dieser kräftige Antrag wurde, wie zu erwarten, für nicht
dringend erklärt; hingegen der von Vogt und Kierulf, den ich
Ihnen geſtern schon mittheilte, wurde mit 276 gegen 159
Stimmen angenommen.

Fürfeld, in Rheinhessen, 2.
hier abgehaltenen, sehr zahlreich besuchten, Hauptverſammlunz
des Wöllſteiner demokratischen Centralvereins wurde unter Ande-
rem beschlossen: In hiesigem Vereinsbezirke soll vor der Hand
keine Adresſe an Einzelne oder Corporationen , an Miniſterien,
Parlamente , Ständemitglieder mehr votirt werden, da man die
UÜeberzeugung gewonnen hat, daß ſolche Adressen bis dato faſt
keinerlei Berücksichtigung gefunden haben.“

* Qübeck, 4. April. Briefe aus Petersburg verſichern, daß
Rußland natürlich nach der Verabredung mit seinen hohen
Freunden in Deutschland, dem däniſchen Krieg nicht ruhig zu-
sehen werde. Es heißt darin ;: „ Eine bedeutende Flotten-Ab-
theilung wird gegenwärtig ‘in aller Eile ausgerüſtet. Sie soll,
wie man versichert, ſobald als möglich nach der Oſſsee abge-
hen und vorläufig in der Nähe der deutſche Küſten Station
nehmen. – Die Dänen haben Apenrade bombardirt, doch
ſind ſie wieder vertrieben worden,

Eckernförde, 6. April. Slark rauchend, wurde noch
heute das Linienſchiff » Chriſtian VUI. - gefunden , doch ragte
dasselbe nur noch als Gerippe oben über der Wasserfläche her-
vor. Die Balken waren weit am Steande hingeſchleudert,
hunderte von Menſchen mit dem Aufsammeln von Eisen- und

tionalverſamm

April. In der gestern da-

Holzſtücken beschäftigt. Von den 200 in die Luftgeſprengten

Seeleuten lagen noch halbe Leiber, Arme und Beine am

Strande; in den Straßen hielten die Wagen mit den gefange- |

nen Offizieren, die Matrosen ſtanden daneben je 3 in einer
Reihe, umgeben von einem Musfketierkordonz; ſie werden alle
nach Rendsburg gebracht werden. Die Zahl der Gefangenen
mit Einschluß der Verwundeten beläuft ſich nach vorgenom-
mener, Zählung, der Angabe des Commandanten von Eckern-
förde zufolge, auf 1023. — Der rGefion-- iſt möglichſt nahe
an die Schiffbrücke der Stadt gezogen, er iſt übel zugerichtet,
an Rumpf, Maſten und Takelage jedoch vollkommen herſtell-
bar. Im Hafen kreuzten 2 feindliche Segel und 2 Kriegs-
dampfſchiffe, bald näher, bald etwas weiter, doch ohne anſchei-
nend ſoforiige Angriffsabficht. ~ Daß die Fregatte ſich so
bald ergeben, wird dem Umstande beigemessen, daß die Mann-
ſchaft vor Angſt ſich verkroch und die Kanonen nicht mehr be-
dienen wollte. (D. Z.)

Vöhmren.

* Prag. Das neue öſterreichiſche Preßgeset, d. h. das
von Metternich und: Consorten erfundene Gedankenmordwerk-
zeuge, welches im vorigen Jahre zerschlagen worden,**) und
neu friſchirt wieder auf die Bühne gebracht wird, thut ſchon
ſeine beſte Wirkung. Die Zeitung Neuſtadts politische Briefe«
die ſich durch ihre Oppoſition und geiſtreichen Styl in der
kurzen Zeit ihres Erſcheinens viele Freunde zu erwerben ge-
wußt, iſt glücklich vom Leben zum Tode gebracht. Die weni-



.*) Diese §§ betreffen das Reichsoberhaupt und beſtimmen, daß
diese Wurde einem regierenden deutschen Fürſten übertragen werde,
daß sie erblich im Hauſe des Fürſten sei und das Reichsoberhaupt den
Namen Kaiser der Deutschen führe, daß der Kaiser eine Cioilliſtebe-
ziehe, daß er unverletzlich sei, Krieg erkläre und Frieden schließe, daß
er Bündniß und Verträge mit den auswärtigen Mächten abschließen
könne und daß er die Verfügung über die bewaffnete Macht oder kurz
gesagt, alle Rechte wie die 34 andern, ſchon Daſeienden auch habe

**) In Baden nicht.



gen Opxoſitionsblätter, die in in den öſterreichiſchen Staaen.
noch erſcheinen, werden bald folgen. Es lebe die deutſhe
Préßfreihet!n.... tte Et qe

_ Glaliliien.

Lemberg , im April. Vor ein paar Tagen wurden
die Bürger zum H. von Hammerſtein beschieden, und ihnen
eine Darstellung all’ des Segens gemacht, der über die Stadt
Lemberg kommen würde, wenn ſie ſich mittelt einer Adresse,
für den Fall, daß die Garnison ſich entfernen müßte, zur
Wahrung ihrer Sicherheit einen Beiſtand von 10,000 Russen
erbitten könnten. Wer da weiß, welch’ großes diplomatiſche
Gewicht darauf gelegt wurde, daß nicht der Kommandirende
in Siebenbürgen, sondern die Bürgerſchaſt von Hermannstadt
und Kronſtadt den Einmarſch der Ruſſen veranlaßt habe, er-
kennt die hohe Wichtigkeit, mit welcher das Ueberreichen einer
ſolchen Adresse, nicht nur für Lemberg, sondern für ganz Eu-
ropa verbunden wäre. Die einberufenen Bürger, welche für
das Wohl Europa's zu ſorgen, And er n überlassen , für ihre
Taschen aber selbſt ſich kümmern, ſehen hinter dieser Zumu-
thung die nicht fröhliche Aussicht, daß ſie die alſo erbetenen
Gäſte aus Eigenem zu nähren, und etwa 2000 Gulden täg-
lich für diese Sicherheitswache aue zugeben haben werden. ~
Sie verweigerten demnach sämmtlich die Unterſchrift, und wur-
den in Ungnade entlassen.

Die Unterſchriften der Adreſſe werden aber dennoch auf
die oben dargeſtellte Weise im Geheim und in der Stille ge-
sammelt, und dürfte deren Zahl die der früheren bedeutend
überſteigen, indem nicht nur unleserliche, sondern auch viele
Unterschriften mit Kreuzen darunter sich befinden.

Sollte alſo eine Adreſſe der um Einmarsch der Ruſsſen
bittenden Lemberger Bürgerschaft an's Tageslicht kommen , so
möge die Welt, insbesondere Deutſchland wissen, auf welchen
Mißbeeten bei uns während des Belagerungszuſtandes Ad-
reſſen wachſen.

Italien.

* Die Nachrichten aus Italien ſind heute sehr mager, und
beziehen sich einzig und allein auf Genua. Dort hat das Volk,
nachdem es die Republik ausgerufen, den Kampf mit den Söld-
lingen des Fürſten begonnen und diese zur Stadt und aus den
Festungswerken hinausgeschlagen. Nach dem wurde einc pri-
soriſche Regierung eingeseßt und diese erließ folgende Proklama-
tion an die Italiener : ,, Lombardiſche Brüder, das Volk von
Genua iſt im Aufstande! Das Volk von Genua erkennt den
ſchändlichen Waffenſtillſtand nicht an, der jetzt schon zweimal das
unglückliche Italien verkauft hat. Lombardische Brüder! eilet zu
unseren Barrikaden, wir werden sie vertheidigen mit Euch gegen
die Verräther des Vaterlandes; wir werden ſie vertheidigen gegen
die Oeſterreicher.“ General La Marmora , der noch die Reſte
des durch Fürſtenverrath urrnichteten Heeres unter ſich hat und
ein „treuer Knecht“ des fürstlichen Blutsaugers iſt, rückte auf
diese Kunde gegen Genua , um den Befreiten wieder den Nacken
zu beugen. Er erließ ebenfalls einen Tagesbefehl ,. in welchem
nähere und sehr tyrannische Bestimmungen über die Blokade von
Genua enthalten sind. Die Truppen, welche die Stadt verlaſ-
ſen mußten , machten auf Befehl dieses Generals Halt und wer-
den mit dem heranrückenden Heere einen Sturm auf die Stadt
unternehmen. In dieser hat die Nationalgarde die Wälle und
die Barrikaden besezgt Alle Läden mit Ausnahme derer, in de-

nen Eßwaaren feilgevoten werden, ſind geschlossen. Das Volk.

iſt bereit, die Stadt bis auf den letzten Mann zu üertheidigen.

So weit die b eſti mm teren Nachrichten aus Genua. Eine

weitere, weniger sichere Nachricht, die über Paris kam, sagt
General La Marmora habe, nach dem blutigſten Straßenkampfe
am 6. April Besitz von der Stadt Genua genommen,, und so

die Republik in Oberitalien verenden laſſen. Am 5. April war. |

La Marmora noch nicht vor Genua und am 6., also nach kur-

zem Kampfe, den er nach einem langen Tagemarſch hätte be.

ſtehen h-! soll er die Genueſer beſiegt haben? Sehr unn
vÔhstent . und Rom werden die großartigsten Vorkehrun.


 
Annotationen