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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/​1909

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Heft 2 (12. Oktober 1908)
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Das Segantini-Museum in St. Moritz
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Der Kunstverein für Hannover
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Die Firma Ernst Wasmuth A.-G. in Berlin und der Paragraph 20 der neuen Kunstschutzgesetzes
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0027

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heft 2.

Die Werkstatt der Kunst.

19

im Bogen von der Straße her eine Treppe hinaufführt.
In diefer Vorhalle, die auf einer mauergekrönten Terrasse
sich erhebt, wird das bekannte Segantini-Denkmal von
Bistolfi aufgestellt werden; es wird aller Welt ohne Ein-
trittsgeld zugänglich sein. Der Erbauer des Museums ist
Architekt Nikolaus Hartmann in St. Moritz, dessen Name
durch das Lngadiner Museum und andere bedeutende Bauten
in weiteren Kreisen bekannt geworden ist. Das Segantini-
Museum wird eine Reihe von Werken des Meisters ent-
halten, darunter Teile des Tryptichons und das Bild „Zwei
Mütter", ferner alle Bilder in Nachbildung und die gesamte
Literatur über den Künstler und seine Werke.

Der Runstverem kür Hannover.

Der Kunst verein in Hannover war von uns in
den heften Nr. 30, 3t, 35 und 37 des vorigen Jahrganges
angegriffen worden. Es handelte sich um verschiedene Be-
schwerden von Künstlern, welche die Ausstellungen des
Kunstvereins und seinen geschäftlichen Verkehr mit den Künst-
lern betrafen. Insbesondere wandten wir uns dagegen,
daß es den Anfängern durch eine schematische Maßnahme
des Kunstvereins sehr erschwert wurde, sich an den Aus-
stellungen zu beteiligen. Ja, es wurde ihnen meist ganz
unmöglich gemacht, ihre Werke der Jury vorzulegen. Auf
ihre Bitten um die Anmeldungsformulare erhielten die
Anfragenden zunächst ein gedrucktes Formular, auf denen
die beiden Fragen „wo erhielten Sie Ihre künstlerische
Ausbildung?" und „Auf welchen Ausstellungen wurden
Ihre Kunstwerke angenommen?" standen. Nun war schon
die erste Frage zuweilen schwer zu beantworten, weil sich
auch Künstler unter den Bewerbern befinden konnten, die
sich selbst oder bei einem Privatlehrer ausgebildet hatten.
Die zweite Frage wurde aber vielen Anfängern sogar zum
dauernden Hindernis, jemals an die Geffentlichkeit zu
kommen, denn auch andere Kunstvereine, zum Beispiel in
Kassel und (Oldenburg usw., verlangten den Beweis, daß
der Bewerber bereits auf anderen Ausstellungen ange-
nommen worden sei. Alle Vereine waren also bestrebt,
ihre eigene Jury möglich wenig zu inkommodieren.
Nun liegt es aber in der Natur der Sache, daß An-
fänger es zuerst in der Provinz versuchen und ihre Werke
zuerst den lokalen Kunstvereinen anbieten müssen, wenn
nun diese Kunstvereine sich zusammcntaten oder wenig-
stens in gleicher weise den erwähnten Ausweis früherer
Ausstellungen verlangten, so schlossen sie die Bewerber
dauernd von allen Ausstellungen aus.
Auf unsere Anregung hat sich nun zunächst der
Kunstverein für Hannover in anerkennenswerter
weise brieflich bereit erklärt, die Versendung dieser
gedruckten Frageformulare künftig ganz zu unter-
lassen. Es wird den Anfängern nun also möglich ge-
macht werden, ihre Werke wenigstens der Jury unterbreiten
zu können. Selbstverständlich kann man von dem Kunst-
verein in Hannover nicht verlangen, daß er nun alle diese
Anfängerwerke ausstellen solle! Er wird jetzt das künstlerische
Niveau seiner Ausstellung durch eine verschärfte Jury
erreichen müssen. Aber es haben künftig die Künstler
wenigstens die Gelegenheit, ihre Werke einzusenden und
von der Jury prüfen zu lassen. Der Kunstverein in
Hannover, der durch die erhöhte Zahl der Einsendungen
auch erhöhte Verpackungsspesen haben wird, kann sich
künftig hoffentlich das Verdienst zuschreiben, manchen be-
gabten Talenten, die früher nicht ans Licht gelangen
konnten, durch Aufhebung jener bureaukratischen Maßregeln
den weg in die Geffentlichkeit geebnet zu haben,
wir wollen hoffen, daß nun auch die anderen Provinz-
Kunstvereine dem Vorgehen des Kunstvereins für Hannover
folgen und sich ihrer Aufgabe, auch die Künstler ihrer
Heimat zu fördern, wieder bewußt werden. O. V/t O. X.

Vie ^irma Ernst Masmutb K.-6. in
Vertin uncl cler Paragraph 20 cles
.. neuen Rllnstsckulzgesetzes. -

Der Paragraph 20 des neuen Kunstschutz-
gesetzes lautet:
„Zulässig ist die Vervielfältigung von Werken,
die sich bleibend an öffentlichen wegen, Straßen
oder Plätzen befinden, durch malende oder zeichnende
Kunst oder durch Photographie. Die Vervielfältigung
darf nicht an einem Bauwerk erfolgen.
Bei Bauwerken erstreckt sich die Befugnis zur
Vervielfältigung nur auf die äußere Ansicht.
Soweit ein Werk hiernach vervielfältigt werden
darf, ist auch die Verbreitung und Vorführung zu-
lässig."
hieraus ergibt sich, daß es leider noch nicht gelungen
ist, die Architekten und Bildhauer dagegen zu schützen, daß
ihre Werke, die sich an öffentlichen wegen, Straßen oder
Plätzen befinden, von jedem beliebigen Photographen photo-
graphiert werden können. Das Empfinden der Künstler
kann sich schwer mit dieser Bestimmung abfinden, denn es
sagt sich: wenn wir schon insofern etwas für die Allge-
meinheit geschaffen haben, als jedermann unser Werk, so-
viel er will, betrachten kann, warum sollen wir dann noch
statt eines Dankes die Strafe und den Schaden erleiden,
daß unser Werk in guten oder schlechten Photographien
verbreitet werden darf, ohne daß wir etwas dazu tun
könnten? Ja, nicht einmal auf die «Dualität der photo-
graphischen Aufnahmen eiuzuwirken, ist uns gestattet!
Die Gesetzgeber begründen jene Maßnahmen damit,
daß Werke, die sich dauernd an öffentlichen Straßen be-
finden, „in gewissem Sinne Gemeingut seien" und daß bei
der erlaubten photographischen Vervielfältigung dieser Bau-
werke „kulturelle und ähnliche allgemeine Rücksichten" in
Frage kämen, daß also der Beseitigung oder Beschränkung
jener Bestimmungen „vom sozialen Standpunkte" aus Be-
denken entgegenständen.
Ls ist viel gegen diese Bestimmungen gearbeitet
worden, doch bisher leider ohne Erfolg. Als einziges Ent-
gegenkommen wurde erreicht, daß die Freigabe der Bauwerke
an öffentlichen Plätzen sich auf die äußere Ansicht be-
schränkt. Damit aber über diesen Begriff „äußere Ansicht"
keine Zweifel entstehen, haben die Gesetzgeber in der Be-
gründung des Gesetzes ausdrücklich ausgesprochen, daß die
inneren Teile, zum Beispiel das Treppenhaus die Innen-
dekoration usw. durch Photographien nicht wicdergegeben
werden dürfen. Zum Innern gehören zweifellos auch ein
Schloßhof, Lichthof, eine vom paus umgebene Terrassen-
anlage usw. Liu Photograph darf ferner nur diejenige
Ansicht eines Gebäudes aufnehmen und wiedergeben, die
wirklich von öffentlichen Plätzen aus usw. gesehen
und ausgenommen werden kann. Er darf also, wenn
er ein paus von außen nicht aufnehmen kann, ein fremdes
Grundstück nicht zu diesem Zwecke betreten. Kommen hier auch
zuerst zivilrechtliche Bedenken in Frage, so kann jedenfalls
ausgesprochen werden, daß eine photographische Aufnahme,
deren Anfertigung von öffentlichen Plätzen aus unmöglich
war und zu deren Anfertigung der Photograph besonderer
Liste und des Eindringens in den Garten usw. sich be-
dienen mußte, nicht vervielfältigt und verbreitet
werden darf.
Auf die im obenerwähnten ß 20 gelassene Lücke des
neuen Kunstschutzgesetzes gründet die Firma Ernst was-
muth A.-G. zum größter: Teil ihre Verlagstätigkeit. Sie
gibt Werke und Zeitschriften über architektonische Bauten
usw. heraus, bei deren Perstellung sie die Urheber niemals
um Erlaubnis fragt. Sie photographiert ohne weiteres
 
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