Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0138
DOI issue:
Heft 10 (7. Dezember 1908)
DOI article:Die "Vereinigung zur Förderung deutscher Kunst im Auslande"
DOI article:Zwei angebliche "Kunstvereine", 2
DOI article:Die "bemusterte Offerte" des Künstlers
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^30
Die Werkstatt der Kunst.
Heft fO.
So ist also eine langersehnte Institution ins Leben getreten, die der deutschen Kunst zweifellos
einen erheblichen Nutzen und erhöhtes Ansehen erkämpfen wird und deren Organisation alle Garantien
bietet, daß sie nicht etwa irgendeiner Kunstrichtung unterliegt. Diese Unabhängigkeit wird sich die
„Vereinigung zur Förderung deutscher Kunst im Auslande" mit peinlichster Gewissenhaftigkeit zu wahren
suchen, denn nur auf dieser Basis kann es ihr möglich werden, ihre Ziele in der Tat zu verwirklichen.
Indem wir also der deutschen Künstlerschaft und den Künstler-Korporationen den Beitritt an-
gelegentlich empfehlen, bitten wir, Nlitglieder-Anmeldungen und Anfragen an den ersten Vorsitzenden,
^NFrn Geh. Negierungsrat N. Platz, Berlin-Friedenau, EVielandstratze 1H3, zu richten.
angebliche „Kursiverem e" H
(vgl. den Artikel in Lieft 7.)
Im „Lentralanzeiger für den Bilderhandel" fanden
wir Inserate einer „Deutschen Kunstvereinigung
Berlin-München-Dresden-Düsseldorf" (Zentralstelle:
Berlin VV. Friedenau, Fehlerstraße 5), in denen diese Ver-
einigung sich als „direkter und bester Bezug von Ge-
mälden für Händler" empfahl. Die seltsame Tatsache,
daß eine Kunstvereinigung sich mit dem Vertrieb von sog.
„Stapelware" befaßt, erweckte unseren Verdacht und wir
ließen uns die Satzungen dieser Kunstvereinigung kommen,
die in mehr als einer Hinsicht auch unsere Leser sehr inter-
essieren werden.
Nach diesen Satzungen kann jeder Mitglied werden,
der mündig ist und einen Jahresbeitrag von 25 Mk. be-
zahlt. Die Mitglieder sind eingeteilt in passive und aktive.
Die passiven Mitglieder erhalte,: alljährlich für ihren
Beitrag von 25 Alk. ein Gemälde im werte von nicht
unter 200 Mk. als Prämie, „keinen Druck, wie es bei ähn-
lichen Vereinigungen — (gemeint sind mit dieser gering-
schätzigen Bemerkung unsere deutschen Knnstvereine mit
ihren graphischen Vereinsgaben) — üblich sei". Die aktiven
Mitglieder sind die Künstler und Künstlerinnen, von denen
jedes verpflichtet ist, wohl an Stelle des Jahresbeitrags von
25 Mk., ein oder zwei Gemälde nicht unter 200 Mk. wert
zu geben! Die Künstler, die der „Deutschen Vereinigung
Berlin-München-Dresden-Düsseldorf" anzugehören die Ehre
haben, müssen also für die passiven Mitglieder umsonst
arbeiten, ja sie müssen sogar statt des Beitrages von 25 Mk.
— (für den sie keinerlei Gegenwert erhalten!) — ein „aus-
gesucht schönes großes Salongemälde im Werte von mehreren
hundert Mark" liefern! Der Schwindel ist offenbar, denn
es kann sich nur um arme Teufel handeln, die für einen
Hungerlohn diese sog. „Salonbilder" herunterpinseln
müssen. Die „Mitgliedschaft" dieser Künstler ist natürlich
nur nominell.
Neben der Verteilung dieser Prachtgemälde betreibt
die „Deutsche Kunstvereinigung usw." noch die Vergröße-
rung von Photographien und erklärt es für sehr erwünscht,
daß die Mitglieder nebst deren Angehörige ihren „Bedarf
in Gemälden" für Geburtstag-, Weihnacht- und Hochzeit-
geschenke usw. durch die Vereinigung beziehen. Zum Bei-
spiel werden auch Porträts nach jeder Photographie in
Lebensgröße naturgetreu gemalt. Farbe für Augen und
Haare sind anzugeben. Für genaue Ähnlichkeit und kunst-
volle Ausführung wird garantiert.
Der Vorsitzende dieser famosen, dem unlauteren
Wettbewerb ergebenen „Deutschen Kunstvereinigung Berlin-
München-Dresden-Düsseldorf" ist der Hoflieferant, Hofmaler,
Bildhauer und Kunstgewerbe-Schuldirektor Karl Schleu-
sing, der wirklich sehr industriell veranlagt zu sein scheint,
denn er betreibt nebenhernoch einen schwunghaften Handel
m i t K o m m e r z i e n r a t - u n d H o f l i e f e r a n t e n - T i t e l n. Er
sucht hierfür Agenten, welche titelbedürftige, aber „makel-
freie" Großindustrielle und Großkaufleute entsprechend zu
bearbeiten haben. Das Geld, das der Vorsitzende der
„Deutschen Kunstvereinigung Berlin-München-Dresden-
Düsseldorf usw." seinen „passiven Mitgliedern" zulegt, indem
er ihnen Prachtgemälde im werte von 200 Mk. für 25 Mk.
liefert, — dieses Geld schlägt er beim Titelhandel wieder
heraus. Tr verdient nach seiner eigenen Angabe bei der
Vermittelung eines Kommerzienrat-Titels 10000 Mk. und
eines Hoflieferanten-Titels 3500 Nk.
vor einiger Zeit wurde das Treiben des Hoflieferanten
und Titelhändlers usw. auch von Berliner Tageszeitungen auf-
gedeckt. Daraufhin versandte Herr Schleusing ein Zirkular
„zur Rechtfertigung" gegen die „schweren Kränkungen", in
dem er erklärte, daß er von einer Entgegnung absehen'
wolle, aber die Klage wegen Beleidigung und Schädigung
einem Rechtsanwalt übergeben habe. Selbstverständlich war
dies nur Spiegelfechterei vor seinen „passiven" Mitgliedern,
denn keiner von den angeblich verklagten hat irgend eine
Zustellung erhalten.
Als künstlerische Beiräte der „Deutschen Kunst-
vereinigung Berlin-München-Dresden-Düsseldorf" fungieren,
nach den Zirkularen der Vereinigung, der Porträtmaler
G. Andre und Prof. K. Gesterley jr. wir können uns
kaum vorstellen, daß diese Angabe auf Richtigkeit beruht
und daß sich überhaupt ein Künstler dazu hergeben würde,
ein solches Unternehmen, das die Interessen der Künstler
aufs schwerste schädigt, mit seinem guten Namen zu
decken. D. D.
l)ie „bemusterte Okkerte" cLes Künstlers
Ls ist in diesen Blättern schon sehr oft die Rede ge-
wesen von der irrtümlichen Auffassung, die in den Kreisen
der Industriellen über die Offerten von Künstlern be-
stehen. Die Fabrikanten und Kaufleute sind es gewohnt,
sich das zu kaufende Objekt von mehreren Bewerbern „be-
mustern" zu lassen und nach Prüfung der Dualitäten und
Preise ihren Auftrag zu vergeben. Derartige bemusterte
Offerten werden von den kaufmännischen Lieferanten be-
reitwillig gemacht und die Proben in ausreichender Zahl
geliefert. Der Besteller wird in den seltensten Fällen d:ese
Muster zurückgeben, auch nicht, wenn kein Auftrag zustande
kommt. Ebenso wenig pflegt er für diese Muster irgend
etwas zu vergüten, so daß also die Kosten der Offerten
ausschließlich den Bewerbern zur Last fallen.
Diese im kaufmännischen Verkehr üblichen Gepflogen-
heiten haben die meisten Kaufleute und Industriellen auch
dann in: Sinne, wenn sie mit Künstlern in geschäftliche
Beziehungen treten. Erstens erwarten sie, daß der Künstler
in dem gewünschten „Artikel" eine große Auswahl von
Proben „auf Lager" habe, und sind sehr erstaunt, wenn
ein Künstler, den sie besuchen oder zu sich kommen
lassen, seine Offerte nicht gleich in genügender weise „be-
mustern" kann, wenn sie ihn: dann einige ^Entwürfe als
Offerten in Auftrag geben, so find sie sich in den
Die Werkstatt der Kunst.
Heft fO.
So ist also eine langersehnte Institution ins Leben getreten, die der deutschen Kunst zweifellos
einen erheblichen Nutzen und erhöhtes Ansehen erkämpfen wird und deren Organisation alle Garantien
bietet, daß sie nicht etwa irgendeiner Kunstrichtung unterliegt. Diese Unabhängigkeit wird sich die
„Vereinigung zur Förderung deutscher Kunst im Auslande" mit peinlichster Gewissenhaftigkeit zu wahren
suchen, denn nur auf dieser Basis kann es ihr möglich werden, ihre Ziele in der Tat zu verwirklichen.
Indem wir also der deutschen Künstlerschaft und den Künstler-Korporationen den Beitritt an-
gelegentlich empfehlen, bitten wir, Nlitglieder-Anmeldungen und Anfragen an den ersten Vorsitzenden,
^NFrn Geh. Negierungsrat N. Platz, Berlin-Friedenau, EVielandstratze 1H3, zu richten.
angebliche „Kursiverem e" H
(vgl. den Artikel in Lieft 7.)
Im „Lentralanzeiger für den Bilderhandel" fanden
wir Inserate einer „Deutschen Kunstvereinigung
Berlin-München-Dresden-Düsseldorf" (Zentralstelle:
Berlin VV. Friedenau, Fehlerstraße 5), in denen diese Ver-
einigung sich als „direkter und bester Bezug von Ge-
mälden für Händler" empfahl. Die seltsame Tatsache,
daß eine Kunstvereinigung sich mit dem Vertrieb von sog.
„Stapelware" befaßt, erweckte unseren Verdacht und wir
ließen uns die Satzungen dieser Kunstvereinigung kommen,
die in mehr als einer Hinsicht auch unsere Leser sehr inter-
essieren werden.
Nach diesen Satzungen kann jeder Mitglied werden,
der mündig ist und einen Jahresbeitrag von 25 Mk. be-
zahlt. Die Mitglieder sind eingeteilt in passive und aktive.
Die passiven Mitglieder erhalte,: alljährlich für ihren
Beitrag von 25 Alk. ein Gemälde im werte von nicht
unter 200 Mk. als Prämie, „keinen Druck, wie es bei ähn-
lichen Vereinigungen — (gemeint sind mit dieser gering-
schätzigen Bemerkung unsere deutschen Knnstvereine mit
ihren graphischen Vereinsgaben) — üblich sei". Die aktiven
Mitglieder sind die Künstler und Künstlerinnen, von denen
jedes verpflichtet ist, wohl an Stelle des Jahresbeitrags von
25 Mk., ein oder zwei Gemälde nicht unter 200 Mk. wert
zu geben! Die Künstler, die der „Deutschen Vereinigung
Berlin-München-Dresden-Düsseldorf" anzugehören die Ehre
haben, müssen also für die passiven Mitglieder umsonst
arbeiten, ja sie müssen sogar statt des Beitrages von 25 Mk.
— (für den sie keinerlei Gegenwert erhalten!) — ein „aus-
gesucht schönes großes Salongemälde im Werte von mehreren
hundert Mark" liefern! Der Schwindel ist offenbar, denn
es kann sich nur um arme Teufel handeln, die für einen
Hungerlohn diese sog. „Salonbilder" herunterpinseln
müssen. Die „Mitgliedschaft" dieser Künstler ist natürlich
nur nominell.
Neben der Verteilung dieser Prachtgemälde betreibt
die „Deutsche Kunstvereinigung usw." noch die Vergröße-
rung von Photographien und erklärt es für sehr erwünscht,
daß die Mitglieder nebst deren Angehörige ihren „Bedarf
in Gemälden" für Geburtstag-, Weihnacht- und Hochzeit-
geschenke usw. durch die Vereinigung beziehen. Zum Bei-
spiel werden auch Porträts nach jeder Photographie in
Lebensgröße naturgetreu gemalt. Farbe für Augen und
Haare sind anzugeben. Für genaue Ähnlichkeit und kunst-
volle Ausführung wird garantiert.
Der Vorsitzende dieser famosen, dem unlauteren
Wettbewerb ergebenen „Deutschen Kunstvereinigung Berlin-
München-Dresden-Düsseldorf" ist der Hoflieferant, Hofmaler,
Bildhauer und Kunstgewerbe-Schuldirektor Karl Schleu-
sing, der wirklich sehr industriell veranlagt zu sein scheint,
denn er betreibt nebenhernoch einen schwunghaften Handel
m i t K o m m e r z i e n r a t - u n d H o f l i e f e r a n t e n - T i t e l n. Er
sucht hierfür Agenten, welche titelbedürftige, aber „makel-
freie" Großindustrielle und Großkaufleute entsprechend zu
bearbeiten haben. Das Geld, das der Vorsitzende der
„Deutschen Kunstvereinigung Berlin-München-Dresden-
Düsseldorf usw." seinen „passiven Mitgliedern" zulegt, indem
er ihnen Prachtgemälde im werte von 200 Mk. für 25 Mk.
liefert, — dieses Geld schlägt er beim Titelhandel wieder
heraus. Tr verdient nach seiner eigenen Angabe bei der
Vermittelung eines Kommerzienrat-Titels 10000 Mk. und
eines Hoflieferanten-Titels 3500 Nk.
vor einiger Zeit wurde das Treiben des Hoflieferanten
und Titelhändlers usw. auch von Berliner Tageszeitungen auf-
gedeckt. Daraufhin versandte Herr Schleusing ein Zirkular
„zur Rechtfertigung" gegen die „schweren Kränkungen", in
dem er erklärte, daß er von einer Entgegnung absehen'
wolle, aber die Klage wegen Beleidigung und Schädigung
einem Rechtsanwalt übergeben habe. Selbstverständlich war
dies nur Spiegelfechterei vor seinen „passiven" Mitgliedern,
denn keiner von den angeblich verklagten hat irgend eine
Zustellung erhalten.
Als künstlerische Beiräte der „Deutschen Kunst-
vereinigung Berlin-München-Dresden-Düsseldorf" fungieren,
nach den Zirkularen der Vereinigung, der Porträtmaler
G. Andre und Prof. K. Gesterley jr. wir können uns
kaum vorstellen, daß diese Angabe auf Richtigkeit beruht
und daß sich überhaupt ein Künstler dazu hergeben würde,
ein solches Unternehmen, das die Interessen der Künstler
aufs schwerste schädigt, mit seinem guten Namen zu
decken. D. D.
l)ie „bemusterte Okkerte" cLes Künstlers
Ls ist in diesen Blättern schon sehr oft die Rede ge-
wesen von der irrtümlichen Auffassung, die in den Kreisen
der Industriellen über die Offerten von Künstlern be-
stehen. Die Fabrikanten und Kaufleute sind es gewohnt,
sich das zu kaufende Objekt von mehreren Bewerbern „be-
mustern" zu lassen und nach Prüfung der Dualitäten und
Preise ihren Auftrag zu vergeben. Derartige bemusterte
Offerten werden von den kaufmännischen Lieferanten be-
reitwillig gemacht und die Proben in ausreichender Zahl
geliefert. Der Besteller wird in den seltensten Fällen d:ese
Muster zurückgeben, auch nicht, wenn kein Auftrag zustande
kommt. Ebenso wenig pflegt er für diese Muster irgend
etwas zu vergüten, so daß also die Kosten der Offerten
ausschließlich den Bewerbern zur Last fallen.
Diese im kaufmännischen Verkehr üblichen Gepflogen-
heiten haben die meisten Kaufleute und Industriellen auch
dann in: Sinne, wenn sie mit Künstlern in geschäftliche
Beziehungen treten. Erstens erwarten sie, daß der Künstler
in dem gewünschten „Artikel" eine große Auswahl von
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ein Künstler, den sie besuchen oder zu sich kommen
lassen, seine Offerte nicht gleich in genügender weise „be-
mustern" kann, wenn sie ihn: dann einige ^Entwürfe als
Offerten in Auftrag geben, so find sie sich in den