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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/​1909

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Heft 13 (28. Dezember 1908)
DOI article:
Rothe, Friedrich: Der Ankauf von Entwürfen bei Wettbewerben
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0181

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Die Werkstatt der Kunst
Organ für Nie Interessen cler bilclenclen Künstler

8eäak1eur: ^rilz hellxvag.

VIII. Jakrg. ^ekt ir. 28. Oezbr. 1908.

Oer Knkaus von Entwürfen bei Mettbewerben

Unter diesem Titel hat die Redaktion in liest ;.o- dieser
Zeitschrift im Anschluß an einen bestimmten Fall Mißstände
besprochen, die sich bei Preisbewerbungen herausgestellt
haben. Gleichzeitig hat sie bestimmte Fragen und Forde-
rungen formuliert, die sich an den Juristen richten und
im nachstehenden erörtert werden sollen.
Ls wird zunächst allgemein die Frage aufgeworfen, ob
der Ausschreiber eines Wettbewerbs, der neben dem aus-
gesetzten Preise eine bestimmte Summe für den Ankauf
nicht preisgekrönter Arbeiten bereitgestellt und das vor-
schlagsrecht für den Ankauf dieser Arbeiten dein Preis-
gericht vorbehalten hat, zum Ankauf der vorgefchlagenen
Entwürfe rechtlich verpflichtet ist.
Die einschlägigen Bestimmungen des Bürgerlichen
Gesetzbuches lauten:
K 657. Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine
Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbe-
sondere für die Herbeiführung eines Erfolges, ausfetzt,
ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten,
welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn
dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat.
K 66l. Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung
zum Gegenstände hat, ist nur gültig, wenn in der Be-
kanntmachung eine Frist für die Bewerbung bestimmt wird.
Die Entscheidung darüber, ob eine innerhalb der
Frist erfolgte Bewerbung der Auslobung entspricht, oder
welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdient,
ist durch die in der Auslobung bezeichnete Person, in
Ermangelung einer solchen durch der: Auslobenden zu
treffen. Die Entscheidung ist für die Beteiligten ver-
bindlich.
Bei Bewerbungen von gleicher Würdigung finden
auf die Zuerteilung des Preises die Vorschriften des
H 65Y, Absatz 2, Anwendung.
Die Uebertragung des Eigentums an dem Werke
kann der Auslobende nur verlangen, wenn er in der
Auslobung bestimmt hat, daß die Uebertragung er-
folgen soll.
Hat sich der Ausschreiber des Wettbewerbs in der
öffentlichen Bekanntmachung verpflichtet, vom Preis-
gericht benannte Arbeiten für einen bestimmten Betrag
anzukausen, so folgt die Verpflichtung zu diesem Ankauf
ohne weiteres ans der gesetzlichen Vorschrift. Der Ankauf
ist dann eben nichts anderes als die Zuerkennung eines
Preises, der in der Gewährung des Kaufschillings besteht
und die Besonderheit hat, daß das Eigentum an dem Werke
auf den Veranstalter des Preisausschreibens übergeht. Der
Verfertiger der von den Preisrichtern gewählten Arbeit
kann mithin die Zahlung des Kaufpreises verlangen und
nötigenfalls hierauf klagen, vorausgesetzt wird hier-
bei allerdings, daß über die Höhe des Kaufpreises
Einigkeit herrscht, dieser also entweder schon in der öffent-
lichen Bekanntmachung fest bestimmt war, oder doch den
Preisrichtern bekannt war und sich in den Grenzen der
für den Ankauf zur Verfügung stehenden Summen hält.
Diese Rechtslage gilt aber nur für den Fall, daß
den Preisrichtern wirklich die Entscheidung über den
Ankauf zusteht. Haben die Preisrichter nur ein beraten-
des vorschlagsrecht — ob dies der Fall, wird von der
Fassung des Preisausschreibens abhängen —, so hat der

Veranstalter des Preisausschreibens die Entscheidung selbst
zu treffen. Hierzu besteht allerdings eine rechtliche Ver-
pflichtung, die indessen mangels besonderer Bedingungen
des Preisausschreibens dem an letzterem beteiligten Künstler
wenig hilft, wenn der Ausschreiber sich ihr böswillig ent-
zieht. Steht letzterem nämlich allein die Entscheidung zu,
so kann er der Klage des Künstlers stets mit der Behaup-
tung begegnen, daß nach seiner allein maßgeblichen Ansicht
keine der Arbeiten für die Zuerkennung des Preises, also
den Ankauf, würdig und geeignet sei.
Wenden wir uns nun dem in Heft lo besprochenen
Einzelfall zu. Wie wir aus der oben abgedruckten Ge-
setzesbestimmung gesehen haben, ist ein wesentliches Merk-
mal für die Rechtsverbindlichkeit einer Auslobung, daß die
Belohnung in einer öffentlichen Bekanntmachung erfolgt
ist. Hieraus ergibt sich ohne weiteres, daß vom Gesichts-
punkte des Preisausschreibens aus die Erklärung der
Hamburg-Amerika-Linie keine rechtliche Verpflichtung erzeugt
haben kann. Der Direktor der genannten Gesellschaft hatte
sich in deren Namen nach der Verteilung der ausgefetzten
Preise „bereit erklärt, einige weitere Entwürfe anzukaufen".
Diese Erklärung hat mit dem Preisausschreiben nichts mehr
zu tun, weil ihr das Merkmal der öffentlichen Be-
kanntmachung fehlt. Dasjenige, was die Gesellschaft
in öffentlicher Bekanntmachung versprochen hatte, hatte sie,
soweit erkennbar, erfüllt. Was sie nachträglich erklärte,
fällt nicht unter den Begriff des Preisausschreibens und
ist daher nach den allgemeinen für Vertragsschlüfse gelten-
den Rechtsgrnndsätzen zu beurteilen.
wie der Verfasser des Artikels im Heft bereits
richtig herausgefühlt hat, führt auch diese Beurteilung zu
einen: negativen Resultat. Lin Kauf kommt zustande
durch Einigung zwischen Verkäufer und Käufer über den
zu kaufenden Gegenstand und seinen Preis. Erklärt nun
die Hamburg-Amerika-Linie, daß sie bereit sei, einige weitere
Entwürfe anzukaufen, so erklärt sie damit nur ihre Ge-
neigtheit, sich in Verkaufsverhandlungen einzulassen, ohne
daß diese Erklärung irgendwelche Rechtsverbindlichkeiten
erzeugte. Der Fall liegt nicht anders, als wenn jemand
in eine Kunsthandlung geht und dem Inhaber mitteilt,
daß er sich einige der ausgestellten Melbilder anzuschaffen
wünsche.
Läge nichts als die Erklärung des Direktors Storm vor,
so wäre möglicherweise das bedauerliche und den Künstler
schädigende Mißverständnis gar nicht entstanden. Der Um-
stand aber, daß in dem Protokoll mit keinem Wort die
Rede davon ist, wann die Hamburg-Amerika-Linie sich
endgültig über den Ankauf entscheiden wolle, in Verbindung
damit, daß in den Zeitungen ohne jeden Widerspruch
der genannten Gesellschaft die Entwürfe als „angekauft"
bezeichnet wurden und daß die Gesellfchaft diese Entwürfe
nicht wie die übrigen zurückschickte, sondern tS Monate
behielt, mußte allerdings den Künstler zu der Ansicht
gelangen lassen, daß der Ankauf perfekt sei. Diese
Ansicht war, wie wir oben gesehen haben, rechtlich un-
richtig. Sie war aber durchaus verständlich und die
Gesellschaft hätte hieraus die Ehrenpflicht entnehmen sollen,
die Entwürfe zu behalten und zu bezahlen. Sie hätte
berücksichtigen sollen, daß die öffentliche Meldung von
dem Ankauf des Entwurfs dessen weitere Verwertung er-
schwert, und daß dem Künstler durch das Verhalten der
 
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