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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/​1909

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Heft 7 (16. November 1908)
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Schnitzer: Der "freie Eintritt" in die italienischen Kunstsammlungen
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Zwei angebliche "Kunstvereine", [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0097

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Die Werkstatt der Kunst
Organ für clie Inrereslen der bilctencten Künstler

keäakleur: fritz yellnag.
VIII. ^abrg. X lhekt n 16. Oovbr. 1908.
- Oer „kreis Eintritt" in ctie italienischen Kunstsammlungen -

Das „Kaiserliche Deutsche Konsulat" schreibt
uns:
Nach den von der italienischen Regierung über den
freien Zutritt zu den Kunststätten Italiens im Jahre t9O2
erlassenen und zurzeit geltenden Bestimmungen ist zur Er-
langung des Perinesses ein Gesuch, auf Stempelpapier zu
t,20 Lire geschrieben, dem Unterrichtsministerium einzu-
reichen. Dem Gesuche sind bcizufügen:
t. die akademische Urkunde, die die Künstler- pp.
Eigenschaft nachweist;
2. eine Photographie 5X8 cm unaufgezogen.
Die akademische Urkunde muß außerdem von der zuständigen
italienischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung
in Deutschland oder aber von der deutschen diplomatischen
Vertretung in Italien beglaubigt sein.
Was die Gültigkeitsdauer der Permesse betrifft, so
endet dieselbe immer mit dem Ablauf des italienischen Ge-
schäftsjahres, das ist der 50. Juni. Wer über diesen Zeit-
punkt hinaus eines permesses bedarf, müßte den alten
abgelaufenen Permeß mit einein neuen Gesuch, auf Stempel-
papier zu t,20 Lire geschrieben, unter gleichzeitiger Bei-
fügung einer Photographie dem Unterrichtsministerium
einreichen, worauf ihm ein neuer Permeß bis Anfang des
nächsten Geschäftsjahres erteilt wird.

Die angeführten Bestimmungen sind von dem Mini-
sterium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegen-
heiten in Berlin in deutscher Uebersetzung dem Senat der
Königlichen Akademie der Künste, Sektion für die bilden-
den Künste, der Direktion der Königlichen akademischen
Pochschule für die bildenden Künste, der Generalverwaltung
der Königlichen Museen und der Direktion der Königlichen
Kunstschule in Berlin mitgeteilt worden. Ich nehme an,
daß eine dieser Stellen bereit sein wird, die Bestimmungen
Ihnen zur Einsichtnahme zn überlassen.
Ueber das Kopieren, Skizzieren, Photographieren usw.
von Kunstwerken besagte eine weitere Verordnung von
(906, daß der Künstler ein Gesuch, auf Stempelpapier zu
50 Lent, geschrieben, dem Direktor der betreffenden Kunst-
stätte vorzulegen hat und zwar für jeden einzelnen Kunst-
gegenstand, der kopiert pp. werden soll, ein besonderes Ge-
such. In dein Gesuche ist anzugeben, welcher Gegenstand
kopiert werden soll; außerdem muß Name und Vorname,
Grt der Geburt und Wohnort des Antragstellers aus dem
Gesuche hervorgehen. Falls der Künstler dem Direktor
nicht persönlich bekannt ist, hat derselbe sein akademisches
Diplom bezw. den Permeß des Unterrichtsministeriums auf
Erfordern vorzulegen.
Der Kaiserliche Konsul:

Tn>ei angebliche „Kunllvereme"

i.
Den deutschen Kunstvereiuen wollen wir heute zwei
Vereine vorstellen, obwohl wir bezweifeln, daß man sie
mit offenen Armen empfangen und als Kollegen betrachten
wird. Denn im Gegensatz zu unseren, auf gemeinnützige
Zwecke eingerichteten Kunstvereinen, die schon so außer-
ordentlich segensreich gewirkt haben, gehen die beiden Ver-
eine, die wir im Auge haben, lediglich darauf aus, Ge-
schäfte zu machen und in bedenklicher Weise nach denen
zu suchen, die bekanntlich „nie alle werden".
Da ist zunächst der Kun stverein „Eoncordia", als
dessen „Inhaber" ein perr Richard pävecker in Berlin-
Lharlottenburg, Kaiser Friedrichstraße 6(L, zeichnet. Der
Verein „besteht angeblich seit (864ch, feiert also im nächsten
Jahre sein H5jähriges Jubiläum. Wir glauben, ihm nicht
besser dazu gratulieren zu können, als indem wir ihn
unseren Lesern „menschlich näher bringen".
Sehen Sie zuerst den pompösen Briefbogen der
„Eoncordia". Es befinden sich darauf neben den großen
Initialen „K. L." (Kunstverein Eoncordia) nicht weniger
wie acht große Medaillen und Ehrenzeichen von
wirklich bedeutenden Ausstellungen, und zwar von
Paris (889, Brüssel (880, Barcelona (888 usw. Man
kann nicht anders, als mit größter Ehrfurcht dieser Schau-
stellung höchster Ehrenzeichen betrachten! Man wird sich
mit dem Pochgefühl, endlich mal einer hervorragenden Ge-
sellschaft von internationaler Bedeutung gegenübertreten
zu dürfen, an die Lektüre ihrer Briefe begeben und deren
Inhalt mit größtem Interesse studieren, nur von dem
Wunsch beseelt, doch auch einer so glänzenden Vereinigung

angehöreu zu dürfen. Nur unser kritisches Auge — nach
langer Gewöhnung, immer nur die schlechten Seiten an
edlen Menschen herauszufinden — entdeckte ganz oben in
einer Ecke der Briefbogen in kleinster Schrift, die in 99
unter (00 Fällen gar nicht bemerkt werden wird, folgende
Worte: „Bilder, welche wir führen, haben folgende
Medaillen erhalten." Strafbar ist ein solches Verstecken-
spiel vielleicht nicht, obwohl das auf einen Versuch ankäme;
trotzdem möchten w i r uns erlauben, es auszusprechen, daß
diese protzige Ansammlung von hohen Auszeichnungen
(anderer Leute!) in großen Reproduktionen und das Ver-
stecken des auf sie bezüglichen pinweises nur darauf aus-
gehen kann, das Publikum irrezuführen.
Leider ist dieser Versuch der Täuschung nicht der ein-
zige in den Briefen und Zirkularen dieses „Kunstvereins".
Alle seine Formulare und Schriftstücke versuchen nämlich
den Eindruck zu erwecken, als ob, wie bei anderen
Vereinen, eine Gratis v e r l 0 s u n g von Kunstwerken
stattfände. Pier wird jeder Sachverständige uns beistimmen,
daß direkt ein Betrug beabsichtigt wird. Auf einer
Liste von Bildern steht nämlich an der Spitze folgendes
Wort: „Grat. Vert. Liste". Dieses „t" ist absichtlich so un-
deutlich, daß man es bei flüchtigem pinschauen unbedingt
als ein „l" lesen muß. Während alle anderen „t" in diesen
Zirkularen einen deutlichen breiten Querstrich besitzen, ist
bei den „t", die für den Satz des mehrfach vorkommenden
Wortes „vert." verwendet wurden, der (Querstrich bis auf
den allerkleinsten Ansatz abgeschnitten! Man braucht nicht
einmal Fachmann zu sein, um zu sehen, daß hier ein
absichtlicher Eingriff und ein Beschneiden der Buchstaben
stattgefunden hat, um die Leser zu verleiten, statt des
 
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