Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0249
DOI Heft:
Heft 18 (1. Februar 1909)
DOI Artikel:Mai, Johann: Ueber bunte Entwürfe für Farbenreproduktionen
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Die Werkstatt der Kunst
Organ für clie Interessen eter bilckenclen Künstler
I^eäakleur: ^rrtz heUwag.
VIII. Jabrg. I)ekl 18. i. Februar 1909.
deber bunte Entwürfe kür farbenreprockuktionen
Die großen Fortschritte, die im Verlauf der letzten
Jahrzehnte auf dem Gebiete der mechanischen Druck- oder
Illustrationsplattenherstellung für den Einfarbendruck ver-
mittelst der Photographie gemacht wurden, gaben die Ver-
anlassung, daß sich die bedeutendsten Praktiker mit der
Lösung des Problems befaßten, auch den Mehrfarbendruck
in der gleichen oder ähnlichen Meise zu ermöglichen, wenn
es gelang, farbenempfindliche photographische Platten zu
erzeugen, die eine Zerlegung der in den Originalen ent-
haltenen Farben tunlichst naturgetreu zuließen.
Inwieweit der Erfolg die jahrelangen Mühen gekrönt
hat, ersehen wir an der: zumeist technisch vollkommenen
Druckresultaten des Drei- und Vierfarbendruckes aus jetziger
Zeit, in welcher es mehreren Buchdruckereien gelungen ist,
geradezu Pervorragendes auf diesem Gebiete zu leisten.
Durch die Erfindung und die fortgesetzten Verbesse-
rungen der Autotypie ist also nicht nur die mechanische,
besser gesagt, photomechanische Klischee- oder Illustrations-
plattenerzeugung für den Linfarbenbuchdruck ganz wesent-
lich vereinfacht und erleichtert worden, indem hierdurch der
kostspielige Holzschnitt (Xylographie) zum größten Teil
verdrängt wurde, sondern der Buchdruck konnte sich nun
auf ganz neue Gebiete erstrecken, die vordem nur von der
Chromolithographie beziehungsweise dem Vielfarbenstein-
druck ganz allein beherrscht wurden. Mas also die Chromo-
lithographie unter Anwendung von einer größeren Anzahl
lithographischer Farbendruckxlatten in langwieriger, müh-
samer Handarbeit zu leisten imstande war, erzielt man jetzt
auf photomechanischem Wege vermittelst der Autotypie mit
nur drei oder vier für den Hochdruck geätzten Farbenplatten
auf der Buchdruckpresse.
Allerdings wird bei der Erzeugung der autotypischen
Teilnegative sowie der davon entnommenen Druckplatten
oder Klischees die künstlerische Tätigkeit nicht ganz ausge-
schaltet, denn es haften den auf photomechanischem Wege
angefertigten Negativen und hochzuätzenden Druckplatten
noch mancherlei Mängel an, die wiederum durch gut ge-
schulte Arbeitskräfte verbessert oder korrigiert werden
müssen, gleichviel, ob es sich um Lin- oder Mehrfarben-
druckplatten handelt. Ferner bedingt besonders der Drei-
oder Vierfarbenbuchdruck ein gründlich erfahrenes zuver-
lässiges Druckereipersonal und exakt arbeitende Maschinen,
ohne welche es nicht möglich ist, annähernd originalgetreue
Druckresultate zu erzielen, und kann man füglich behaupten,
daß gerade diese nötigen Bedingungen nur von einer
kleineren Anzahl von Druckereien voll und ganz erfüllt
werden können.
Ferner — und das ist der wundeste Punkt der Drei-
und Vierfarbenreproduktionen — müssen die farbigen Ori-
ginale, welche von den Künstlern für diese Zwecke ange-
fertigt werden, auch so beschaffen sein, daß alle Farben
und Farbentöne der Malerei der photographischen Re-
produktion und dem Druck sich anxassen, indem die Originale
in den drei beziehungsweise vier Farben in ihren vollen
Farbenwerten im Druck nachgebildet oder wiedergegeben
werden sollen, was sich dann nicht in dem gewünschten
Maße ermöglichen läßt, wenn die Künstler Farben oder
Farbenmischungen anwenden, die den drei Grundfarben
(Druckfarben) zuwider laufen, also nicht entsprechen. Gerade
in dieser Beziehung wird seitens der Künstler noch sehr
viel gefehlt und ist es der Zweck dieser Abhandlung, den
malenden und entwerfenden Künstlern die nötigsten Finger-
zeige zu erteilen, um ihnen Enttäuschungen und den
Druckereien Schwierigkeiten zu ersparen.
Selbst von druckereifachmännischer Seite kann man
häufig die Ansicht zu hören bekommen, daß man nach jedem
Original Drei- oder Vierfarbendrucke Herstellen könne, und
mag der Irrtum nur in der vollkommenen Unkenntnis des
ganzen Verfahrens seinen Grund haben; denn sobald an
eine Druckerei, die irr dieser Farbendruckmethode noch wenig
Erfahrung besitzt, eine etwas schwierigere Anforderung im
Dreifarbendruck gestellt wird, dann zeigt es sich, daß das
so einfach gedachte Uebereinanderdrucken der gelben, roten
und blauen Platte,! noch keineswegs originalgetreue Bunt-
drucke ergibt, so daß also bezüglich der Farbenähnlichkeit
zwischen dem Original und der Druckauflage ein großer
Unterschied bemerkbar ist. Daß also die Auffassung der
leichten Nachahmung aller Originale durch den Druck irrig
ist, ergibt sich auch für den Künstler aus dem folgenden
Satze: Alle Farben oder Farbentöne, die sich bei der Malerei
nicht aus den drei Grundfarben zusammenmischen lassen,
können auch im Dreifarbendruck nicht erzielt werden, und
sollten die Künstler lieber auf eine oder mehrere unge-
eignete Farben verzichten, als daß durch die Verwendung
derselben der ganze Effekt bei der Drucknachbildung ver-
loren geht, und sind in solchen Fällen die der Reproduktions-
anstalt und der Druckerei zur Verfügung stehenden Abhilfs-
mittel sehr beschränkt, so daß es schwer fällt, nur annähernd
originalgetreue Abbildungen zu erhalten.
Zeigt z. B. eine Griginalmalerei reines Seiden- oder
Schweinfurter Grün oder Ultramarinblau, so läßt sich das
letztere niemals zur Vermischung mit einer oder mehreren
anderen Farben, also mit Grundgelb und Grundrot ge-
brauchen. Ferner ist es unmöglich, mit dem Grundblau
die ultramarinblaue Farbe im Dreifarbendruck herauszube-
kommen. Genau so verhält es sich mit den beiden er-
wähnten grünen Farben, die gleichfalls nicht durch den
Uebereinanderdruck von Grundgelb und Grundblau erziel-
bar sind, weshalb die Künstler absolut auf diese Farben
verzichten sollten. Allerdings können indessen Fälle ein-
treten, wo ein Verzicht unmöglich ist; dann handelt es sich
aber nicht mehr um Dreifarbendrucke, sondern um Vier-
oder Fünffarbendrucke, weil für die ultramarinblaue und
die grüne Farbe je eine besondere Druckplatte erforderlich
ist, mit welchen die charakteristischen Farben extra zu drucken
sind, die man dann als sogenannte Hilfsplatten bezeichnet.
Lin weiterer und sehr nachteiliger Uebelstand in der
Malweise der Künstler ist, abgesehen von den ungeeigneten
Farben, der, daß sehr häufig zur Erzielung warmer leuchten-
der Farbentöne, z. B. der Hautfarbe oder, wie es fälschlich
bezeichnet wird, der Fleischfarbe und das Grün eine Unter-
malung mit irgendeiner anderen Farbe erfolgt, worauf die
erwähnten Farben auf diesen Grund aufgetragen werden,
beziehungsweise die Uebermalung stattsindet. Diese Unter-
malung sollte aber ganz vermieden werden, denn bei der
photographischen Reproduktion, d. h. bei der Herstellung
der drei Teilnegative, holt im gewissen Sinne der photo-
graphische Apparat auch die Untermalungsfarben ebenfalls
heraus und verdirbt sonach die eigentliche Uebermalung
und fällt es sehr schwer, die Negative oder die Hochdruck-
platten soweit zu korrigieren, daß sie beim Druck den Fehler
nicht aufweisen.
Organ für clie Interessen eter bilckenclen Künstler
I^eäakleur: ^rrtz heUwag.
VIII. Jabrg. I)ekl 18. i. Februar 1909.
deber bunte Entwürfe kür farbenreprockuktionen
Die großen Fortschritte, die im Verlauf der letzten
Jahrzehnte auf dem Gebiete der mechanischen Druck- oder
Illustrationsplattenherstellung für den Einfarbendruck ver-
mittelst der Photographie gemacht wurden, gaben die Ver-
anlassung, daß sich die bedeutendsten Praktiker mit der
Lösung des Problems befaßten, auch den Mehrfarbendruck
in der gleichen oder ähnlichen Meise zu ermöglichen, wenn
es gelang, farbenempfindliche photographische Platten zu
erzeugen, die eine Zerlegung der in den Originalen ent-
haltenen Farben tunlichst naturgetreu zuließen.
Inwieweit der Erfolg die jahrelangen Mühen gekrönt
hat, ersehen wir an der: zumeist technisch vollkommenen
Druckresultaten des Drei- und Vierfarbendruckes aus jetziger
Zeit, in welcher es mehreren Buchdruckereien gelungen ist,
geradezu Pervorragendes auf diesem Gebiete zu leisten.
Durch die Erfindung und die fortgesetzten Verbesse-
rungen der Autotypie ist also nicht nur die mechanische,
besser gesagt, photomechanische Klischee- oder Illustrations-
plattenerzeugung für den Linfarbenbuchdruck ganz wesent-
lich vereinfacht und erleichtert worden, indem hierdurch der
kostspielige Holzschnitt (Xylographie) zum größten Teil
verdrängt wurde, sondern der Buchdruck konnte sich nun
auf ganz neue Gebiete erstrecken, die vordem nur von der
Chromolithographie beziehungsweise dem Vielfarbenstein-
druck ganz allein beherrscht wurden. Mas also die Chromo-
lithographie unter Anwendung von einer größeren Anzahl
lithographischer Farbendruckxlatten in langwieriger, müh-
samer Handarbeit zu leisten imstande war, erzielt man jetzt
auf photomechanischem Wege vermittelst der Autotypie mit
nur drei oder vier für den Hochdruck geätzten Farbenplatten
auf der Buchdruckpresse.
Allerdings wird bei der Erzeugung der autotypischen
Teilnegative sowie der davon entnommenen Druckplatten
oder Klischees die künstlerische Tätigkeit nicht ganz ausge-
schaltet, denn es haften den auf photomechanischem Wege
angefertigten Negativen und hochzuätzenden Druckplatten
noch mancherlei Mängel an, die wiederum durch gut ge-
schulte Arbeitskräfte verbessert oder korrigiert werden
müssen, gleichviel, ob es sich um Lin- oder Mehrfarben-
druckplatten handelt. Ferner bedingt besonders der Drei-
oder Vierfarbenbuchdruck ein gründlich erfahrenes zuver-
lässiges Druckereipersonal und exakt arbeitende Maschinen,
ohne welche es nicht möglich ist, annähernd originalgetreue
Druckresultate zu erzielen, und kann man füglich behaupten,
daß gerade diese nötigen Bedingungen nur von einer
kleineren Anzahl von Druckereien voll und ganz erfüllt
werden können.
Ferner — und das ist der wundeste Punkt der Drei-
und Vierfarbenreproduktionen — müssen die farbigen Ori-
ginale, welche von den Künstlern für diese Zwecke ange-
fertigt werden, auch so beschaffen sein, daß alle Farben
und Farbentöne der Malerei der photographischen Re-
produktion und dem Druck sich anxassen, indem die Originale
in den drei beziehungsweise vier Farben in ihren vollen
Farbenwerten im Druck nachgebildet oder wiedergegeben
werden sollen, was sich dann nicht in dem gewünschten
Maße ermöglichen läßt, wenn die Künstler Farben oder
Farbenmischungen anwenden, die den drei Grundfarben
(Druckfarben) zuwider laufen, also nicht entsprechen. Gerade
in dieser Beziehung wird seitens der Künstler noch sehr
viel gefehlt und ist es der Zweck dieser Abhandlung, den
malenden und entwerfenden Künstlern die nötigsten Finger-
zeige zu erteilen, um ihnen Enttäuschungen und den
Druckereien Schwierigkeiten zu ersparen.
Selbst von druckereifachmännischer Seite kann man
häufig die Ansicht zu hören bekommen, daß man nach jedem
Original Drei- oder Vierfarbendrucke Herstellen könne, und
mag der Irrtum nur in der vollkommenen Unkenntnis des
ganzen Verfahrens seinen Grund haben; denn sobald an
eine Druckerei, die irr dieser Farbendruckmethode noch wenig
Erfahrung besitzt, eine etwas schwierigere Anforderung im
Dreifarbendruck gestellt wird, dann zeigt es sich, daß das
so einfach gedachte Uebereinanderdrucken der gelben, roten
und blauen Platte,! noch keineswegs originalgetreue Bunt-
drucke ergibt, so daß also bezüglich der Farbenähnlichkeit
zwischen dem Original und der Druckauflage ein großer
Unterschied bemerkbar ist. Daß also die Auffassung der
leichten Nachahmung aller Originale durch den Druck irrig
ist, ergibt sich auch für den Künstler aus dem folgenden
Satze: Alle Farben oder Farbentöne, die sich bei der Malerei
nicht aus den drei Grundfarben zusammenmischen lassen,
können auch im Dreifarbendruck nicht erzielt werden, und
sollten die Künstler lieber auf eine oder mehrere unge-
eignete Farben verzichten, als daß durch die Verwendung
derselben der ganze Effekt bei der Drucknachbildung ver-
loren geht, und sind in solchen Fällen die der Reproduktions-
anstalt und der Druckerei zur Verfügung stehenden Abhilfs-
mittel sehr beschränkt, so daß es schwer fällt, nur annähernd
originalgetreue Abbildungen zu erhalten.
Zeigt z. B. eine Griginalmalerei reines Seiden- oder
Schweinfurter Grün oder Ultramarinblau, so läßt sich das
letztere niemals zur Vermischung mit einer oder mehreren
anderen Farben, also mit Grundgelb und Grundrot ge-
brauchen. Ferner ist es unmöglich, mit dem Grundblau
die ultramarinblaue Farbe im Dreifarbendruck herauszube-
kommen. Genau so verhält es sich mit den beiden er-
wähnten grünen Farben, die gleichfalls nicht durch den
Uebereinanderdruck von Grundgelb und Grundblau erziel-
bar sind, weshalb die Künstler absolut auf diese Farben
verzichten sollten. Allerdings können indessen Fälle ein-
treten, wo ein Verzicht unmöglich ist; dann handelt es sich
aber nicht mehr um Dreifarbendrucke, sondern um Vier-
oder Fünffarbendrucke, weil für die ultramarinblaue und
die grüne Farbe je eine besondere Druckplatte erforderlich
ist, mit welchen die charakteristischen Farben extra zu drucken
sind, die man dann als sogenannte Hilfsplatten bezeichnet.
Lin weiterer und sehr nachteiliger Uebelstand in der
Malweise der Künstler ist, abgesehen von den ungeeigneten
Farben, der, daß sehr häufig zur Erzielung warmer leuchten-
der Farbentöne, z. B. der Hautfarbe oder, wie es fälschlich
bezeichnet wird, der Fleischfarbe und das Grün eine Unter-
malung mit irgendeiner anderen Farbe erfolgt, worauf die
erwähnten Farben auf diesen Grund aufgetragen werden,
beziehungsweise die Uebermalung stattsindet. Diese Unter-
malung sollte aber ganz vermieden werden, denn bei der
photographischen Reproduktion, d. h. bei der Herstellung
der drei Teilnegative, holt im gewissen Sinne der photo-
graphische Apparat auch die Untermalungsfarben ebenfalls
heraus und verdirbt sonach die eigentliche Uebermalung
und fällt es sehr schwer, die Negative oder die Hochdruck-
platten soweit zu korrigieren, daß sie beim Druck den Fehler
nicht aufweisen.