Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0394
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Heft 28 (12. April 1909)
DOI article:Eisenacher Ordnung (Gebührenansätze für das Kunstgewerbe)
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Die
tzrMaN der Kunst
Organ kür äie Interessen äer biläencten Künstler
Keäaktem: HsU^VLg.
!! VIII. Jakrg. HM 28. H Lr. Kprll 1909.
Eilenacksr OrcLnung (Gebührensätze kür L?L§ Runltge^erbe).
Wir geben nachstehend den definitiven Wortlaut,
wie er in der Delegiertenversammlung des Verbandes deut-
scher Knnstgewerbevereine vorläufig für zwei Jahre
in Kraft gesetzt worden ist.
Linführungssätze.
Entwurf, Rostenanschlag und werkzcichuung, oder
Modellskizze, Anschlag und hilfsinodell spielen eine wichtige
Rolle im Kunstgewerbe. Sie gehen heute dem Entstehen
fast jeden kunstgewerblichen Erzeugnisses voraus. Nicht
nur der Entwerfende hat dein Ausführenden, sondern ebenso
der Ausführende unmittelbar oder mittelbar (durch den
vertreibenden) dem Verbraucher Entwürfe vorzulegen.
Ls wird nicht zu niedrig gegriffen, wenn die Ausgaben,
die alljährlich in Deutschland auf solche Entwürfe verwendet
werden, auf rund eine Million Mark geschätzt werden.
Ganze große Reihen kunstgewerblicher Arbeiten werden
nur noch nach vorgelegten Entwürfen vergeben; zumeist
sind solche Austräge nur zu erlangen, wenn die Entwürfe
unaufgefordert unterbreitet werden. Ebenso bringt es die
Betriebsform mancher sehr umfangreicher Gebiete des Kunst-
gewerbes mit sich, daß die Ausführenden solche Entwürfe
ankaufen, die ihnen die Entwerfenden unaufgefordert an-
bieten. Gegen diese berechtigten Arten des Angebotes von
Entwürfen irgendwie vorgehen zu wollen, wäre ein arger
Mißgriff. Wenn der verband deutscher Kunstgewerbevereine
es unternommen hat, Grundsätze für die Berechnung kunst-
gewerblicher Entwürfe aufzustellen, so hat ihn von vorn-
herein immer die Ueberzeugung geleitet, daß er damit das
freie Angebot von Entwürfen in keiner Weise unterbinden
dürfe. Es fallen daher — der K 2 der nachfolgenden Grund-
sätze betont das noch ausdrücklich — die freiwillig ange-
botenen Entwürfe an und für sich nicht unter die Gesichts-
punkte der Eisenacher Mrdnung.
Wohl aber die beträchtliche Menge der Entwürfe, die
auf Wunsch entstehen, und nicht minder die freiwillig an-
gebotenen, die der Abnehmer benutzt oder auch nur ändern
läßt. Daß gerade in diesen Punkten ein gewaltiger Miß-
brauch stattfindet, daß kostbare Kräfte unseres Kunstgewerbes
einer unverblümten Ausnutzung wehrlos gegen-
überstehen, das ist allgemein anerkannt. Um dagegen ein
Mittel zu schaffen, hat sich der Verband deutscher Kunstge-
werbevereine entschlossen, die nachstehenden Grundsätze
herauszugeben. Sie sollen und wollen namentlich dann den
deutschen Kunstgewerbetreibenden Nutzen bringen, wenn
es sich darum handelt, Streitigkeiten vorzubeugen oder sie
beizulegen.
Die Grundsätze nehmen keine Rücksicht darauf, wer-
den Entwurf vorlegt. Sie wollen sowohl dem Entwerfen-
den dienen, der für den Ausführenden arbeitet, als ebenso
dem Ausführenden, der seinem Abnehmer, also dem Ländler
oder dem Privatkäufer, Entwürfe zu unterbreiten hat.
Gerade diesen Ausführenden, die heute dem Publikum Ent-
würfe über Entwürfe ohne Entschädigung liefern müssen,
sollen die Grundsätze eine Stütze im wirtschaftlichen Leben
bieten.
hoffentlich gelingt das zum Segen des deutschen Kunst-
gewerbes. Erwünscht ist es jedenfalls dem verbände deutscher
Kunstgewerbevereine, zu hören, ob und mit welchem Er-
folge man sich dieser Grundsätze bedient hat. Der verband
wird auch gern Vorschläge zur Verbesserung entgegen-
nehmen. Denn wenn auch der mit der Eisenacher Mrdnung
unternommene Schritt von langer Hand vorbereitet ist, so
bleibt er doch der erste, den das deutsche Kunstgewerbe
nach dieser Richtung hin tut. Nur jahrelange Anwendung
der Grundsätze kann sie daher dem richtigen Ausbau ent-
gegenführen.
Grundsätze für die Berechnung kunstgewerblicher'
Entwürfe (Eisenacher Ordnung).
s v
Entwurf, Anschlag, Werkzeichnung.
Als Entwurf eines kunstgewerblichen Erzeugnisses gilt
jede Zeichnung und jedes Modell, sofern sie fo gehalten
sind, daß danach ein Sachkundiger das zur Ausführung
des Werkes Erforderliche vornehmen kann. Als Zeichnung
gilt jede flächenbildliche Darstellung.
Jede schriftliche Aufstellung, in der die Gesamtkostcn
einer kunstgewerblichen Arbeit in Einzelleistungen angegeben
werden, wird als Anschlag betrachtet.
Als Werkzeichnung gilt jede Zeichnung, die bestimmt
ist, der Ausführung unmittelbar zu dienen. Ein Hilfs-
modell, das demselben Zwecke dient, steht der Werkzeichnung
gleich.
8 2.
Unverlangte Entwürse und Anschläge.
Unverlangt eingereichte oder freiwillig angebotene Ent-
würfe und Anschläge sind nicht gebührenpflichtig. Sie
werden es aber, sobald sie vom Empfänger genehmigt,
benutzt oder auch nur auf seinen Wunsch abgeändert werden.
8 2-
Art der Entschädigung.
Die Entschädigung berechnet sich entweder nach den
Sätzen für Entwurf, Kostenanschlag und Werkzeichnung,
oder nach Zeitaufwand.
8 K
Gebührensätze für den Entwurf.
Die Gebühr für den Entwurf bemißt sich nach den
Lundertteilen der Ausführungskosten. Als Aussührungs-
kosten gelten entweder die durch Anschlag ermittelten Her-
stellungskosten oder der vorher vereinbarte Preis des Er-
zeugnisses. Unter Herstellungskosten sind die gesamten Aus-
gaben für Material, Arbeit und Geschäftsunkosten zu
verstehen. Erhöhen sich mit Zustimmung des Auftraggebers
die Ausführuugskosten, so wachsen entsprechend die Gc-
bühren.
Der vorliegende Laris bezieht sich nur auf Emzel-
erzeuguiffe und ihre Wiederholung. (Der Delegiertentag
des Verbandes deutscher Kunstgewerbevcrcine vom 28. März
^909 beauftragte den Gebührenausschuß, im Verein mit
den einzelnen Berufszweigen die besonderen Larife für
Entwürfe zu Massenerzeugniffen aufzustellen. Bis zur Auf-
stellung dieser Sondertarife empfiehlt der Delegiertentaq,
die Entwürfe für Maffenerzeugnisse nach Zeit-
gebühr zu berechnen.)
tzrMaN der Kunst
Organ kür äie Interessen äer biläencten Künstler
Keäaktem: HsU^VLg.
!! VIII. Jakrg. HM 28. H Lr. Kprll 1909.
Eilenacksr OrcLnung (Gebührensätze kür L?L§ Runltge^erbe).
Wir geben nachstehend den definitiven Wortlaut,
wie er in der Delegiertenversammlung des Verbandes deut-
scher Knnstgewerbevereine vorläufig für zwei Jahre
in Kraft gesetzt worden ist.
Linführungssätze.
Entwurf, Rostenanschlag und werkzcichuung, oder
Modellskizze, Anschlag und hilfsinodell spielen eine wichtige
Rolle im Kunstgewerbe. Sie gehen heute dem Entstehen
fast jeden kunstgewerblichen Erzeugnisses voraus. Nicht
nur der Entwerfende hat dein Ausführenden, sondern ebenso
der Ausführende unmittelbar oder mittelbar (durch den
vertreibenden) dem Verbraucher Entwürfe vorzulegen.
Ls wird nicht zu niedrig gegriffen, wenn die Ausgaben,
die alljährlich in Deutschland auf solche Entwürfe verwendet
werden, auf rund eine Million Mark geschätzt werden.
Ganze große Reihen kunstgewerblicher Arbeiten werden
nur noch nach vorgelegten Entwürfen vergeben; zumeist
sind solche Austräge nur zu erlangen, wenn die Entwürfe
unaufgefordert unterbreitet werden. Ebenso bringt es die
Betriebsform mancher sehr umfangreicher Gebiete des Kunst-
gewerbes mit sich, daß die Ausführenden solche Entwürfe
ankaufen, die ihnen die Entwerfenden unaufgefordert an-
bieten. Gegen diese berechtigten Arten des Angebotes von
Entwürfen irgendwie vorgehen zu wollen, wäre ein arger
Mißgriff. Wenn der verband deutscher Kunstgewerbevereine
es unternommen hat, Grundsätze für die Berechnung kunst-
gewerblicher Entwürfe aufzustellen, so hat ihn von vorn-
herein immer die Ueberzeugung geleitet, daß er damit das
freie Angebot von Entwürfen in keiner Weise unterbinden
dürfe. Es fallen daher — der K 2 der nachfolgenden Grund-
sätze betont das noch ausdrücklich — die freiwillig ange-
botenen Entwürfe an und für sich nicht unter die Gesichts-
punkte der Eisenacher Mrdnung.
Wohl aber die beträchtliche Menge der Entwürfe, die
auf Wunsch entstehen, und nicht minder die freiwillig an-
gebotenen, die der Abnehmer benutzt oder auch nur ändern
läßt. Daß gerade in diesen Punkten ein gewaltiger Miß-
brauch stattfindet, daß kostbare Kräfte unseres Kunstgewerbes
einer unverblümten Ausnutzung wehrlos gegen-
überstehen, das ist allgemein anerkannt. Um dagegen ein
Mittel zu schaffen, hat sich der Verband deutscher Kunstge-
werbevereine entschlossen, die nachstehenden Grundsätze
herauszugeben. Sie sollen und wollen namentlich dann den
deutschen Kunstgewerbetreibenden Nutzen bringen, wenn
es sich darum handelt, Streitigkeiten vorzubeugen oder sie
beizulegen.
Die Grundsätze nehmen keine Rücksicht darauf, wer-
den Entwurf vorlegt. Sie wollen sowohl dem Entwerfen-
den dienen, der für den Ausführenden arbeitet, als ebenso
dem Ausführenden, der seinem Abnehmer, also dem Ländler
oder dem Privatkäufer, Entwürfe zu unterbreiten hat.
Gerade diesen Ausführenden, die heute dem Publikum Ent-
würfe über Entwürfe ohne Entschädigung liefern müssen,
sollen die Grundsätze eine Stütze im wirtschaftlichen Leben
bieten.
hoffentlich gelingt das zum Segen des deutschen Kunst-
gewerbes. Erwünscht ist es jedenfalls dem verbände deutscher
Kunstgewerbevereine, zu hören, ob und mit welchem Er-
folge man sich dieser Grundsätze bedient hat. Der verband
wird auch gern Vorschläge zur Verbesserung entgegen-
nehmen. Denn wenn auch der mit der Eisenacher Mrdnung
unternommene Schritt von langer Hand vorbereitet ist, so
bleibt er doch der erste, den das deutsche Kunstgewerbe
nach dieser Richtung hin tut. Nur jahrelange Anwendung
der Grundsätze kann sie daher dem richtigen Ausbau ent-
gegenführen.
Grundsätze für die Berechnung kunstgewerblicher'
Entwürfe (Eisenacher Ordnung).
s v
Entwurf, Anschlag, Werkzeichnung.
Als Entwurf eines kunstgewerblichen Erzeugnisses gilt
jede Zeichnung und jedes Modell, sofern sie fo gehalten
sind, daß danach ein Sachkundiger das zur Ausführung
des Werkes Erforderliche vornehmen kann. Als Zeichnung
gilt jede flächenbildliche Darstellung.
Jede schriftliche Aufstellung, in der die Gesamtkostcn
einer kunstgewerblichen Arbeit in Einzelleistungen angegeben
werden, wird als Anschlag betrachtet.
Als Werkzeichnung gilt jede Zeichnung, die bestimmt
ist, der Ausführung unmittelbar zu dienen. Ein Hilfs-
modell, das demselben Zwecke dient, steht der Werkzeichnung
gleich.
8 2.
Unverlangte Entwürse und Anschläge.
Unverlangt eingereichte oder freiwillig angebotene Ent-
würfe und Anschläge sind nicht gebührenpflichtig. Sie
werden es aber, sobald sie vom Empfänger genehmigt,
benutzt oder auch nur auf seinen Wunsch abgeändert werden.
8 2-
Art der Entschädigung.
Die Entschädigung berechnet sich entweder nach den
Sätzen für Entwurf, Kostenanschlag und Werkzeichnung,
oder nach Zeitaufwand.
8 K
Gebührensätze für den Entwurf.
Die Gebühr für den Entwurf bemißt sich nach den
Lundertteilen der Ausführungskosten. Als Aussührungs-
kosten gelten entweder die durch Anschlag ermittelten Her-
stellungskosten oder der vorher vereinbarte Preis des Er-
zeugnisses. Unter Herstellungskosten sind die gesamten Aus-
gaben für Material, Arbeit und Geschäftsunkosten zu
verstehen. Erhöhen sich mit Zustimmung des Auftraggebers
die Ausführuugskosten, so wachsen entsprechend die Gc-
bühren.
Der vorliegende Laris bezieht sich nur auf Emzel-
erzeuguiffe und ihre Wiederholung. (Der Delegiertentag
des Verbandes deutscher Kunstgewerbevcrcine vom 28. März
^909 beauftragte den Gebührenausschuß, im Verein mit
den einzelnen Berufszweigen die besonderen Larife für
Entwürfe zu Massenerzeugniffen aufzustellen. Bis zur Auf-
stellung dieser Sondertarife empfiehlt der Delegiertentaq,
die Entwürfe für Maffenerzeugnisse nach Zeit-
gebühr zu berechnen.)