Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0349
DOI issue:
Heft 25 (22. März 1909)
DOI article:St. Lukas, Mitverlag
DOI article:Das Baden-Badener Ausstellungsplakat-Preisausschreiben
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Die Werkstatt der Kunst
Organ für ckie Interessen äer bilckencten Künstler
keäaktem: ^rilz yeU^vag.
VIII. Jakrg. heft 2Z. 22. März 1909.
St. Lukas, Mrtverlag
wir wollen heute unsere in Heft 2t erlassene provi-
sorische Warnung eingehender begründen, nachdem eine
vielseitige Umfrage alle unsere Bedenken nicht nur bestätigt,
sondern noch erheblich verstärkt hat.
Die Gesellschaft m. b. H. „Sankt Lukas" in Berlin
versendet Zirkulare an die Künstlerschaft, die wir nicht
anders als eine dicke Leimrute bezeichnen können. Die
Gesellschaft ist nämlich auf folgende schlauen Gedanken
gekommen. Sie meint, daß es doch eigentlich überflüssig
sei, den Künstlern Honorare für die Reproduktionsrechte
zu zahlen, wie es bisher üblich war; aber auch mit der
Gepflogenheit, daß der Verleger die Rosten für die Her-
stellung der Druckplatten und Drucke zu tragen hatte, müßte
ein moderner Kunstverlag zu brechen wissen und die Kosten
mindestens zur Hälfte auf die Künstler abzuladen verstehen;
selbstverständlich kann der Vertrieb im Kunsthandel und
der Export, von dem ein Künstler ja doch nichts versteht,
ausschließlich nur dein Verlag vorbehalten bleiben; welche
Gegenleistung dem Künstler zu bieten wäre? Ach, dem
gibt man ein paar Drucke zu seinem Privatgebrauch und
zum verschenken; außerdem wird er ja „Mitbesitzer" der
Platte, die er freilich geschäftlich nicht ausnutzen darf, aber
man soll doch auch die unpraktischen Künstler nicht mit
Geschäften behelligen usw.
Solche Gedanken spricht man natürlich nicht unver-
blümt aus, sondern inan kommt heutzutage, nach dem
Muster der amerikanischen Universalfernheilmagnetiseure
als „Retter", als menschenfreundlicher, uneigennütziger
„Reformer". Nach solchem Rezept hat die Gesellschaft
„Sankt Lukas" ihre Reklamezirkulare abgefaßt. Kein Wort
davon, daß sie selbst es ist, die gern Geschäfte, recht gute
Geschäfte machen will! Nein, sie stellt sich in aufopfernder
Weise „ganz in den Dienst dieser kunstverlegerischen Reform".
Erst zum Schluß kommt der Pferdefuß, allerdings mit den
verlockendsten Versprechungen dicht verschleiert und in eine
Form gekleidet, die unbefangene Leser — und das sind ja
leider die Künstler — erst recht sür die größte Uneigen-
nützigkeit halten werden! Nachdem Sankt Lukas sich also
ganz in den Dienst dieser kunstverlegerischen Reform ge-
stellt hat, will er — (lies in dankbarem Pathos, das die
endlosen vorangegangenen Versprechungen in dir erweckt
haben: „sogar noch") — „seine Verlagsabteilung durch den
Vertrieb im Kunsthandel und durch den Export wirkungs-
voll teilnehmen" lassen! Hut ab vor solcher Generosität!
Daß im Vertrieb im Kunsthandel und im Export die ein-
zige Möglichkeit eines Verdienstes liegt und daß von
ihr der mitverlegende Künstler ausgeschlossen
werden soll, das liest der unbefangene Leser aus den
Zirkularen von Sankt Lukas nicht heraus. Deshalb mußte
von unserer Seite vor dieser geschickt aufgestellten Falle
des Mitverlaaes dringend gewarnt werden.
Kann ein Künstler absolut keinen Verleger finden und
hält er sein Bild (hierbei kommt es ausschließlich auf das
Sujet an) für reproduktionswürdig und vertriebsfähig,
so lasse er im äußersten Falle (wir raten auch hiervon ab)
bei einer vertrauenswürdigen Anstalt, unter Vorbehalt aller
seiner Urheberrechte, für seine eigene Rechnung eine Gravüre
anfertigen, die er entweder selbst im Kunsthandel vertreibt
oder einem soliden Kunstverleger zum kommissionsweisen
Vertrieb übergibt. Doch ist dies alles in der Praxis gar nicht
notwendig, denn ein wirklich für den Kunsthandel geeignetes
Bild findet immer noch einen dankbaren Verleger, der die
Kosten selbst trägt und noch ein Rexroduktionshonorar bezahlt.
Aber das Urheberrecht verschenken, die Platte zur Hälfte
bezahlen und bei der geschäftlichen Ausnutzung den Mund
wischen? Heiliger Lukas! V.V/.V.K.
Das Vacksn-Vacksner UussrellungSplLkLt-PreisausscdrsibsTz
hat zwei Erscheinungen gezeitigt, welche geeignet waren,
die Aufmerksamkeit auch unbeteiligter Kreise zu erregen.
V Hat ein Preisrichter den ersten Preis erhalten,
2. hat die Preisjury nicht vollzählig getagt!
Wie war es möglich?!
Weil die Jury, ohne dies allgemein bekannt zu
geben, beschlossen hatte,
V daß Iurymitglieder am Preisausschreiben teilnehmen
dürfen,
2. daß von den neun gewählten Iurymitgliedern fünf
beschlußfähig sind.
Es mag nun alles schön und gut sein, was die Herren
Juroren unter sich ausmachen, und solange sie sich allein
nur um die Preise bewerben, haben derartige Beschlüsse
Sinn, wenn das Ausschreiben aber ihren Kreis überschreitet,
so müssen diese Bestimmungen auch bekanntgegeben werden,
sonst haben sie keinen Anspruch auf Berechtigung und man
kann unfreundliche Töne zu hören bekommen.
Aber wir sollen nicht kritisieren, sondern endlich ein-
mal aus der Erfahrung klug werden. — Es werden eben
derartige Veranstaltungen ost zu sehr aus die leichte Achsel
genommen. Zu Beginn und im Verlauf der Veranstaltung
ist man sich nicht klar über wichtige Fragen und Formen
und der Bock ist bald geschossen. Peinliche Erörterungen
schließlich in der Tagespresse statt im Fachblatt („Werkstatt
der Kunst") und bei der nächster: Gelegenheit geht's nicht
besser.
Ich möchte nun die Herren Kollegen und unsere juristi-
schen Berater bitten, Vorschläge zu machen, die dahin gehen,
mit kurz abgefaßten Bestimmungen, welche allgemein an-
erkannt werden müßten, einem Preisgericht das schwierige
Amt zu erleichtern, ihm von vornherein einen Rückhalt zu
schaffen.
Z. B. die Bestimmung, die eigentlich ungedruckt in
der Empfindung stehen müßte:
„Mitglieder einer Preisjury dürfen an der Preisbewerbung,
bei der sie als Preisrichter fungieren, nicht teilnehmen,
wenn dies nicht vorher ausdrücklich vereinbart und den
beteiligten Kreisen bekanntgegeben wurde"
hätte der Badener Jury rechtzeitig zu Hilfe kommen müssen!
Ivo Vukonn>, Maler, Baden-Baden.
Organ für ckie Interessen äer bilckencten Künstler
keäaktem: ^rilz yeU^vag.
VIII. Jakrg. heft 2Z. 22. März 1909.
St. Lukas, Mrtverlag
wir wollen heute unsere in Heft 2t erlassene provi-
sorische Warnung eingehender begründen, nachdem eine
vielseitige Umfrage alle unsere Bedenken nicht nur bestätigt,
sondern noch erheblich verstärkt hat.
Die Gesellschaft m. b. H. „Sankt Lukas" in Berlin
versendet Zirkulare an die Künstlerschaft, die wir nicht
anders als eine dicke Leimrute bezeichnen können. Die
Gesellschaft ist nämlich auf folgende schlauen Gedanken
gekommen. Sie meint, daß es doch eigentlich überflüssig
sei, den Künstlern Honorare für die Reproduktionsrechte
zu zahlen, wie es bisher üblich war; aber auch mit der
Gepflogenheit, daß der Verleger die Rosten für die Her-
stellung der Druckplatten und Drucke zu tragen hatte, müßte
ein moderner Kunstverlag zu brechen wissen und die Kosten
mindestens zur Hälfte auf die Künstler abzuladen verstehen;
selbstverständlich kann der Vertrieb im Kunsthandel und
der Export, von dem ein Künstler ja doch nichts versteht,
ausschließlich nur dein Verlag vorbehalten bleiben; welche
Gegenleistung dem Künstler zu bieten wäre? Ach, dem
gibt man ein paar Drucke zu seinem Privatgebrauch und
zum verschenken; außerdem wird er ja „Mitbesitzer" der
Platte, die er freilich geschäftlich nicht ausnutzen darf, aber
man soll doch auch die unpraktischen Künstler nicht mit
Geschäften behelligen usw.
Solche Gedanken spricht man natürlich nicht unver-
blümt aus, sondern inan kommt heutzutage, nach dem
Muster der amerikanischen Universalfernheilmagnetiseure
als „Retter", als menschenfreundlicher, uneigennütziger
„Reformer". Nach solchem Rezept hat die Gesellschaft
„Sankt Lukas" ihre Reklamezirkulare abgefaßt. Kein Wort
davon, daß sie selbst es ist, die gern Geschäfte, recht gute
Geschäfte machen will! Nein, sie stellt sich in aufopfernder
Weise „ganz in den Dienst dieser kunstverlegerischen Reform".
Erst zum Schluß kommt der Pferdefuß, allerdings mit den
verlockendsten Versprechungen dicht verschleiert und in eine
Form gekleidet, die unbefangene Leser — und das sind ja
leider die Künstler — erst recht sür die größte Uneigen-
nützigkeit halten werden! Nachdem Sankt Lukas sich also
ganz in den Dienst dieser kunstverlegerischen Reform ge-
stellt hat, will er — (lies in dankbarem Pathos, das die
endlosen vorangegangenen Versprechungen in dir erweckt
haben: „sogar noch") — „seine Verlagsabteilung durch den
Vertrieb im Kunsthandel und durch den Export wirkungs-
voll teilnehmen" lassen! Hut ab vor solcher Generosität!
Daß im Vertrieb im Kunsthandel und im Export die ein-
zige Möglichkeit eines Verdienstes liegt und daß von
ihr der mitverlegende Künstler ausgeschlossen
werden soll, das liest der unbefangene Leser aus den
Zirkularen von Sankt Lukas nicht heraus. Deshalb mußte
von unserer Seite vor dieser geschickt aufgestellten Falle
des Mitverlaaes dringend gewarnt werden.
Kann ein Künstler absolut keinen Verleger finden und
hält er sein Bild (hierbei kommt es ausschließlich auf das
Sujet an) für reproduktionswürdig und vertriebsfähig,
so lasse er im äußersten Falle (wir raten auch hiervon ab)
bei einer vertrauenswürdigen Anstalt, unter Vorbehalt aller
seiner Urheberrechte, für seine eigene Rechnung eine Gravüre
anfertigen, die er entweder selbst im Kunsthandel vertreibt
oder einem soliden Kunstverleger zum kommissionsweisen
Vertrieb übergibt. Doch ist dies alles in der Praxis gar nicht
notwendig, denn ein wirklich für den Kunsthandel geeignetes
Bild findet immer noch einen dankbaren Verleger, der die
Kosten selbst trägt und noch ein Rexroduktionshonorar bezahlt.
Aber das Urheberrecht verschenken, die Platte zur Hälfte
bezahlen und bei der geschäftlichen Ausnutzung den Mund
wischen? Heiliger Lukas! V.V/.V.K.
Das Vacksn-Vacksner UussrellungSplLkLt-PreisausscdrsibsTz
hat zwei Erscheinungen gezeitigt, welche geeignet waren,
die Aufmerksamkeit auch unbeteiligter Kreise zu erregen.
V Hat ein Preisrichter den ersten Preis erhalten,
2. hat die Preisjury nicht vollzählig getagt!
Wie war es möglich?!
Weil die Jury, ohne dies allgemein bekannt zu
geben, beschlossen hatte,
V daß Iurymitglieder am Preisausschreiben teilnehmen
dürfen,
2. daß von den neun gewählten Iurymitgliedern fünf
beschlußfähig sind.
Es mag nun alles schön und gut sein, was die Herren
Juroren unter sich ausmachen, und solange sie sich allein
nur um die Preise bewerben, haben derartige Beschlüsse
Sinn, wenn das Ausschreiben aber ihren Kreis überschreitet,
so müssen diese Bestimmungen auch bekanntgegeben werden,
sonst haben sie keinen Anspruch auf Berechtigung und man
kann unfreundliche Töne zu hören bekommen.
Aber wir sollen nicht kritisieren, sondern endlich ein-
mal aus der Erfahrung klug werden. — Es werden eben
derartige Veranstaltungen ost zu sehr aus die leichte Achsel
genommen. Zu Beginn und im Verlauf der Veranstaltung
ist man sich nicht klar über wichtige Fragen und Formen
und der Bock ist bald geschossen. Peinliche Erörterungen
schließlich in der Tagespresse statt im Fachblatt („Werkstatt
der Kunst") und bei der nächster: Gelegenheit geht's nicht
besser.
Ich möchte nun die Herren Kollegen und unsere juristi-
schen Berater bitten, Vorschläge zu machen, die dahin gehen,
mit kurz abgefaßten Bestimmungen, welche allgemein an-
erkannt werden müßten, einem Preisgericht das schwierige
Amt zu erleichtern, ihm von vornherein einen Rückhalt zu
schaffen.
Z. B. die Bestimmung, die eigentlich ungedruckt in
der Empfindung stehen müßte:
„Mitglieder einer Preisjury dürfen an der Preisbewerbung,
bei der sie als Preisrichter fungieren, nicht teilnehmen,
wenn dies nicht vorher ausdrücklich vereinbart und den
beteiligten Kreisen bekanntgegeben wurde"
hätte der Badener Jury rechtzeitig zu Hilfe kommen müssen!
Ivo Vukonn>, Maler, Baden-Baden.