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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/​1909

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Heft 14 (4. Januar 1909)
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Juristischer Briefkasten
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0193

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Die Werkstatt der Kunst
Organ für ckie Interessen cler bilctenäen Künstler
keäakleur: tzellroag. VIII. Jakrg. Ijekt 14. 4. Januar 1909.

Juristischer Briefkasten cler „Allgemeinen Deutschen Runstgenossenschakl"
Leiter: Rechtsanwalt Dr. ^r. Rothe-Berlin

Die kostenlose Benützung dieser Auskunstsstelle steht den Mitgliedern der „Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft"
sowie den Abonnenten der „Werkstatt der Kunst" srei. — Als Mitglied der „Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft"
wende man sich an den Syndikus Verrn Rechtsanwalt Or. Rothe irr Berlin V/., Französische Str. 24ÜI. — Als
Abonnent schreibe man unter üblichem Nachweis des Abonnements an die Schriftleitung der „Werkstatt der Kunst". —

s. X. V. in X.: Sie hatten ein Bild auf einer
Kunstausstellung ausgestellt. Lin Verkauf kam
während der Ausstellung nicht zustande, hingegen
verkauften sie selbst das Bild nach Schluß der Aus-
stellung, während sich dasselbe noch dort befand.
Der Ausstcllungsvorstand macht einen provisions-
anspruch geltend, sich stützend auf die Bestimmungen
der Statuten, wonach bei allen Verkäufen eine Ver-
kaufsgebühr in Abzug gebracht wird, gleichviel ob
der Verkauf durch die Verkaufsstelle oder durch den
Aussteller selbst abgeschlossen ist.
Antwort: Die Provisionsforderung ist nicht berechtigt,
weil der Ausstellungsvertrag und damit auch der den Verkauf
des Bildes betreffende Mäklervertrag mit dem Ende der
Ausstellung sein Ende erreicht.
2. L. K. in 8.: Als Verkaufspreis eines Bildes,
das Sie ausgestellt hatten, hatten Sie dem Aus-
stellungsleiter sOOO Akk. angegeben. Späterhin
drahtete Ihnen der Ausstellungsleiter: „Biete 600 Alk.
für das Bild für Museum in F." Als Sie dieses
Angebot angenommen hatten, stellte sich heraus, daß
das Museum einen Preis von 900 Mk. gezahlt hat.
Können Sie vom Inhaber der Ausstellung Schaden-
ersatz verlangen?
Antwort: wenn dem Ausstellungsleiter bei Ab-
sendung des Telegramms schon eine Offerte des Museums
auf 900 Mk. vorlag, so hat er Sie arglistig getäuscht und
ist Ihnen schadenersatzpflichtig. Gleichgültig ist hierbei, ob
Ihnen gegenüber das Museum oder der Ausstellungsleiter
als Käufer aufgetreten ist, was bei der Fassung des Tele-
gramms zweifelhaft sein kann. Sie hatten den Ausstellungs-
leiter mit der Vermittlung des Verkaufs beauftragt, pieraus
resultiert seine Verpflichtung, Ihnen von jeder Offerte
wahrheitsgemäß Mitteilung zu machen. Rnterließ er dies,
und bot er entweder selbst, um das Geschäft auf eigne
Rechnung zu machen, oder bot er für das Museum einen
geringeren Preis, um die Differenz in die Tasche zu stecken,
so hat er Sie betrogen und muß Ihnen den Ihnen ent-
gangenen Gewinn erstatten.
3. 8. W. in 8.: Line Behörde hatte Ihnen
zugesichert, Sie zu einem demnächst auszuschreibenden
Wettbewerb zur Errichtung eines Denkmals zu-
zulassen. Dies Versprechen hat sie nicht eingehalten.
Können Sie Schadenersatz verlangen?
Antwort: Lin Schadenersatzanspruch steht Ihnen
nicht zu. Selbst wenn Sie aus der Erklärung der Behörde

einen Rechtsanspruch auf Einladung zum Wettbewerbe her-
leiten könnten, würde der Anspruch auf Schadenersatz daran
scheitern, daß Sie einen Schaden nicht nachweisen können.
Sie müßten dann schon nachweisen, daß Sie die Ausführung
oder einen Preis erhalten hätten, was Ihnen naturgemäß
nicht gelingen kann.
H. H.. Q. in O.: Ls ist Ihnen ein Porträtauftrag
erteilt worden. Kurz vor Fertigstellung des Bildes
weigert sich der Auftraggeber, weiter zu sitzen, vor-
geblich, weil das Porträt nicht ähnlich würde.
Welche Ansprüche stehen Ihnen zu?
Antwort: Es handelt sich um einen Werkvertrag des
bürgerlichen Rechts. Der Besteller hat sich dadurch, daß
er weitere Sitzungen ablehnte, in Annahmeverzug gesetzt.
Demnach stehen Ihnen folgende Rechte zu: u) Sie können,
nachdem Sie eine angemessene Frist für Gewährung der
Sitzungen mit der Erklärung bestimmt haben, daß Sie den
Vertrag kündigen würden, wenn die Sitzungen nicht inner-
halb der Frist gewährt würden, den Vertrag kündigen und
einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Ver-
gütung verlangen, b) Sie können auch, weil infolge der
Weigerung die Verstellung des Bildes unmöglich geworden
ist, den vollen Betrag der Gegenleistung beanspruchen,
müssen sich darauf allerdings das anrechnen lassen, was
Sie (nach den Worten des Gesetzes) infolge der Befreiung
von der Leistung erspart oder durch anderweitige Ver-
wendung Ihrer Arbeitskraft erworben oder zu erwerben
böswillig unterlassen haben.
Ls dürfte sich empfehlen, den letzteren weg ein-
zuschlagen. Die unter b) genannten Rechte stehen Ihnen
gesetzlich auch dann zu, wenn die Weigerung des Auftrag-
gebers als Kündigung des Vertragsverhältnisses aufgefaßt
werden sollte. Zu berücksichtigen wäre noch der Fall, daß
der Auftraggeber erklärt, die Sitzungen wieder aufnehmeu
zu wollen. Dann haben Sie einen besonderen Anspruch
auf Entschädigung für die infolge des Verzuges entstandenen
Mehraufwendungen, also z. B. dafür, daß Sie unnütz Zeit
durch Warten vergeudet haben, andere Arbeiten ablehnen
mußten und dergleichen.
Die Einwendung, daß Porträt sei nicht ähnlich, ist
unerheblich, weil der Auftraggeber nicht die Vollendung
abgewartet hat.
3. 8. 8. in W.: Sie hatten Bilder bei einem
Kunstverein ausgestellt. Nach Beendigung der
Ausstellung sendet Ihnen der Verein trotz Auf-
forderung die Bilder nicht zurück. Welche Ansprüche
haben Sie?
Antwort: Nach Beendigung des Vertrages über die
Ausstellung der Bilder, also mit Beendigung der Aus-
stellung, ist der Verein zur Rückgabe der Bilder verpflichtet.
 
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