Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0321
DOI issue:
Heft 23 (8. März 1909)
DOI article:Marcus, Otto: Das Recht der Angestellten an ihren Entwürfen
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Die Werkstatt der Kunst
Organ für ckie Interessen cler bilclenclen Künstler
keäalttem: tzellwag.
VIII. Jabrg. Hekl 23. 8. März 1909.
Vas Reckt cler Angestellten an rkren Entwürfen
Die „Werkstatt der Kunst" brachte in ihrer Nummer q^,
2t. Juli t9O8, Leitsätze des bekannten Juristen Prof. Alb.
Gsterrieth über das Recht der Angestellten an ihren Ent-
würfen. Eie knüpfte daran den Wunsch, daß recht viele
Leser der „W. d. K." ihre Ansicht über diese Leitsätze der
Redaktion mitteilen möchten. Diesem Wunsch ist wohl
nur in geringem Maß entsprochen worden, veröffentlicht
hat die Redaktion jedenfalls, soviel ich bemerkt habe, nur
eine Zuschrift des Architekten Rud. Bitzan-Dresden, der
meiner Ansicht nach mit Recht gegen einer: Teil der Leit-
sätze eine ablehnende Stellung einnimmt.
Wenn scheinbar so wenig Interesse für diese Ange-
legenheit in Künstlerkreisen vorhanden ist, so liegt das wohl
zum Teil daran, daß die Leitsätze in der üblichen, ganz
abstrakten juristischen Form abgefaßt find, die dem Ein-
geweihten zwar hinreichend klar und verständlich ist, den
nicht mit der Sache vertrauten Künstler aber kaum erkennen
läßt, um was es sich eigentlich handelt. Ich kann mir
vorstellen, daß mancher, der an der Entscheidung dieser
Fragen ein persönliches Interesse hat, doch einfach über
den Aufsatz hinweggelesen hat, ohne zu bemerken, daß
darin solche Interessen berührt werden. Derlei theoretischen
Sätze müßten mehr mit aus dem Leben gegriffenen Bei-
spielen illustriert werden. Sage ich zum Beispiel folgendes:
„Wenn der Bildhauer A. bei dem Bildhauer B. für ein
bestimmtes monatliches Gehalt ohne besondere Vereinbarung
arbeitet, so geht das Urheberrecht an den Entwürfen des
A. auf den B. über", ich glaube, daß ein solcher Satz mehr
Interesse erregen würde, als der das gleiche besagende Leit-
latz des Prof. Gsterrieth: „Falls eine ausdrückliche Verein-
barung über das Urheberrecht an den Entwürfen eines
Angestellten nicht vorlicgt, geht das Urheberrecht an solchen
Werken des Angestellten auf den Geschäftsherrn über, die
der Angestellte im Auftrag oder in Erfüllung seiner Dienst-
obliegenheiten für den Geschäftsherrn entwirft oder aus-
führt." Bei eingehender Prüfung werden viele Bildhauer
und Architekten inerten, daß hier eine Frage entschieden
werden soll, die sehr leicht praktische Bedeutung für den
einzelnen haben kann und die eine Diskussion in Kollegen-
kreisen wohl lohnt. Es kann da sehr verschiedene Wünsche
geben, je nachdem ein Bildhauer oder Architekt Kollegen
beschäftigt oder für einen Kollegen arbeitet. Die in ersterem
Fall sich befindenden Künstler werden mit dem Gsterrieth-
schen Prinzip vielleicht einverstanden sein, während z. B.
ein Architekt, der bei einen: Bauunternehmer engagiert ist,
nicht wünschen wird, daß dieser seinen für einen bestimmten
-Zweck gearbeiteten Entwurf beliebig anderweitig verwertet,
und auch Malern und Zeichnern, die bei einem Verleger
angestellt sind, wird es nicht richtig scheinen, daß, wenn
nichts besonderes vereinbart ist, die Sache immer so auf-
gefaßt werden soll, daß alle Vorteile auf feiten des zahlen-
bFn Geschäftsherrn sind. Es ist also vielleicht gut, die
Leitsätze hier noch einmal abzudrucken und eingehender
Prüfung zu empfehlen, ehe sie als Ausdruck eines wider-
spruchslos auch von den Künstlern akzeptierten Geschäfts-
gebrauchs angesehen werden. — (Wir drucken im Anschluß
an diese Ausführungen jene Leitsätze Gsterrieths noch-
mals im Wortlaut ab. — Red.)
Zu diesen Sätzen möchte ich persönlich bemerken, daß
mir besonders Nr. 3 gegen die Interessen der Künstler zu
verstoßen scheint. Nehmen wir an, ein hervorragender
Künstler wird von einer Fabrik für Beleuchtungskörper
engagiert und macht Entwürfe für Lampen. Die Fabrik
geht später zur Perstellung aller möglichen Metallwaren
über und verwendet hierzu in geschmackloser Weise die
Motive des Künstlers, nachdem dieser längst aus seinem
Vertragsverhältnis ausgeschieden ist. Der Künstler konnte
beim Eingehen des Vertrages keine Ahnung einer solchen
Entwickelung haben und ist künstlerisch und materiell ge-
schädigt. Erstens weil seine Entwürfe dem Fachmann auch
ohne Namensnennung kenntlich sind. Zweitens kann die
Fabriksleitung ihn entbehren, da sie genügend mit seinen alten
Entwürfen versehen ist. Der Fall liegt ganz so wie früher bei
den Illustratoren, denen mit den Klischees nach ihren eigenen
Arbeiten die schwerste Konkurrenz bereitet wurde. Die
Norm müßte sein, daß beim Eingehen eines Vertrages
der Geschäftsherr den anzustellenden Künstler ausdrücklich
darauf aufmerksam macht, daß er die sämtlichen Rechte
auf seine Arbeiten beansprucht, auch das Recht der Weiter-
veräußerung, der beliebigen Verwendung in der Zukunft
usw. Versäumt der Geschäftsherr die Vereinbarung, so
dürften ihm die Urheberrechte des Künstlers nur so weit
zustehen, als dieser den Umständen nach annehmen mußte,
daß der Geschäftsherr sie beanspruche. Das mindeste wäre,
daß eine Weiterveräußerung der Urheberrechte eines künstle-
rischen Angestellten nur statthaft ist, wenn nicht ein be-
rechtigtes Interesse verletzt wird. Würde die Gsterriethsche
Auffassung zur Geltung kommen, so würde der Geschäfts-
herr es immer möglichst vermeiden, bestimmte Verein-
barungen zu treffen, er würde dann alle Vorteile haben.
Ls wäre aber hart, von dem doch in den allermeisten Fällen
wirtschaftlich schwächeren Angestellten zu verlangen, daß er
dem Geschäftsherrn mit seinen Bedingungen kommen solle,
ehe er einen Vertrag schließt, auch ist es ihm ganz un-
möglich, eine solche Uebersicht über die Konsequenzen seines
Vertragsverhältnisses zu haben, wie der Geschäftsherr.
Zu H müßte gesagt werden, daß der angestellte Künstler
von vornherein das Recht hat, seine Arbeiten zu signieren.
Ein Verzicht auf dieses Recht könnte von: Geschäftsherrn
nur auf Grund ausdrücklicher Vereinbarung verlangt werden.
Es würden wohl noch andere Punkte Anlaß zu Be-
merkungen geben, vielleicht halten einzelne künstlerische
Korporationen es für angezeigt, bei einer Mitgliederver-
sammlung die Frage zur Diskussion zu stellen.
Otto d/Iarcus-Berlin.
Die „sechs Leitsätze" Gsterrieths lauten:
v Das Urheberrecht an einem Werke der bildenden
Künste entsteht in der Person des Urhebers, auch wenn
er Angestellter ist.
2. Der Urheber kann seine Urheberrechte an bestehen-
den oder künftigen Werken auf andere übertragen, so-
mit auch der Angestellte auf den Geschäftsherrn.
3. Falls eine ausdrückliche Vereinbarung über das
Urheberrecht an den Entwürfen eines Angestellten nicht
vorliegt, geht das Urheberrecht an solchen Werken des
Angestellten auf den Geschäftsherrn über, die der Ange-
stellte im Auftrage oder in Erfüllung feiner Dienst-
obliegenheiten für den Geschäftsherrn entwirft oder
ausführt. Der Uebergang des Urheberrechts auf den Ge-
Organ für ckie Interessen cler bilclenclen Künstler
keäalttem: tzellwag.
VIII. Jabrg. Hekl 23. 8. März 1909.
Vas Reckt cler Angestellten an rkren Entwürfen
Die „Werkstatt der Kunst" brachte in ihrer Nummer q^,
2t. Juli t9O8, Leitsätze des bekannten Juristen Prof. Alb.
Gsterrieth über das Recht der Angestellten an ihren Ent-
würfen. Eie knüpfte daran den Wunsch, daß recht viele
Leser der „W. d. K." ihre Ansicht über diese Leitsätze der
Redaktion mitteilen möchten. Diesem Wunsch ist wohl
nur in geringem Maß entsprochen worden, veröffentlicht
hat die Redaktion jedenfalls, soviel ich bemerkt habe, nur
eine Zuschrift des Architekten Rud. Bitzan-Dresden, der
meiner Ansicht nach mit Recht gegen einer: Teil der Leit-
sätze eine ablehnende Stellung einnimmt.
Wenn scheinbar so wenig Interesse für diese Ange-
legenheit in Künstlerkreisen vorhanden ist, so liegt das wohl
zum Teil daran, daß die Leitsätze in der üblichen, ganz
abstrakten juristischen Form abgefaßt find, die dem Ein-
geweihten zwar hinreichend klar und verständlich ist, den
nicht mit der Sache vertrauten Künstler aber kaum erkennen
läßt, um was es sich eigentlich handelt. Ich kann mir
vorstellen, daß mancher, der an der Entscheidung dieser
Fragen ein persönliches Interesse hat, doch einfach über
den Aufsatz hinweggelesen hat, ohne zu bemerken, daß
darin solche Interessen berührt werden. Derlei theoretischen
Sätze müßten mehr mit aus dem Leben gegriffenen Bei-
spielen illustriert werden. Sage ich zum Beispiel folgendes:
„Wenn der Bildhauer A. bei dem Bildhauer B. für ein
bestimmtes monatliches Gehalt ohne besondere Vereinbarung
arbeitet, so geht das Urheberrecht an den Entwürfen des
A. auf den B. über", ich glaube, daß ein solcher Satz mehr
Interesse erregen würde, als der das gleiche besagende Leit-
latz des Prof. Gsterrieth: „Falls eine ausdrückliche Verein-
barung über das Urheberrecht an den Entwürfen eines
Angestellten nicht vorlicgt, geht das Urheberrecht an solchen
Werken des Angestellten auf den Geschäftsherrn über, die
der Angestellte im Auftrag oder in Erfüllung seiner Dienst-
obliegenheiten für den Geschäftsherrn entwirft oder aus-
führt." Bei eingehender Prüfung werden viele Bildhauer
und Architekten inerten, daß hier eine Frage entschieden
werden soll, die sehr leicht praktische Bedeutung für den
einzelnen haben kann und die eine Diskussion in Kollegen-
kreisen wohl lohnt. Es kann da sehr verschiedene Wünsche
geben, je nachdem ein Bildhauer oder Architekt Kollegen
beschäftigt oder für einen Kollegen arbeitet. Die in ersterem
Fall sich befindenden Künstler werden mit dem Gsterrieth-
schen Prinzip vielleicht einverstanden sein, während z. B.
ein Architekt, der bei einen: Bauunternehmer engagiert ist,
nicht wünschen wird, daß dieser seinen für einen bestimmten
-Zweck gearbeiteten Entwurf beliebig anderweitig verwertet,
und auch Malern und Zeichnern, die bei einem Verleger
angestellt sind, wird es nicht richtig scheinen, daß, wenn
nichts besonderes vereinbart ist, die Sache immer so auf-
gefaßt werden soll, daß alle Vorteile auf feiten des zahlen-
bFn Geschäftsherrn sind. Es ist also vielleicht gut, die
Leitsätze hier noch einmal abzudrucken und eingehender
Prüfung zu empfehlen, ehe sie als Ausdruck eines wider-
spruchslos auch von den Künstlern akzeptierten Geschäfts-
gebrauchs angesehen werden. — (Wir drucken im Anschluß
an diese Ausführungen jene Leitsätze Gsterrieths noch-
mals im Wortlaut ab. — Red.)
Zu diesen Sätzen möchte ich persönlich bemerken, daß
mir besonders Nr. 3 gegen die Interessen der Künstler zu
verstoßen scheint. Nehmen wir an, ein hervorragender
Künstler wird von einer Fabrik für Beleuchtungskörper
engagiert und macht Entwürfe für Lampen. Die Fabrik
geht später zur Perstellung aller möglichen Metallwaren
über und verwendet hierzu in geschmackloser Weise die
Motive des Künstlers, nachdem dieser längst aus seinem
Vertragsverhältnis ausgeschieden ist. Der Künstler konnte
beim Eingehen des Vertrages keine Ahnung einer solchen
Entwickelung haben und ist künstlerisch und materiell ge-
schädigt. Erstens weil seine Entwürfe dem Fachmann auch
ohne Namensnennung kenntlich sind. Zweitens kann die
Fabriksleitung ihn entbehren, da sie genügend mit seinen alten
Entwürfen versehen ist. Der Fall liegt ganz so wie früher bei
den Illustratoren, denen mit den Klischees nach ihren eigenen
Arbeiten die schwerste Konkurrenz bereitet wurde. Die
Norm müßte sein, daß beim Eingehen eines Vertrages
der Geschäftsherr den anzustellenden Künstler ausdrücklich
darauf aufmerksam macht, daß er die sämtlichen Rechte
auf seine Arbeiten beansprucht, auch das Recht der Weiter-
veräußerung, der beliebigen Verwendung in der Zukunft
usw. Versäumt der Geschäftsherr die Vereinbarung, so
dürften ihm die Urheberrechte des Künstlers nur so weit
zustehen, als dieser den Umständen nach annehmen mußte,
daß der Geschäftsherr sie beanspruche. Das mindeste wäre,
daß eine Weiterveräußerung der Urheberrechte eines künstle-
rischen Angestellten nur statthaft ist, wenn nicht ein be-
rechtigtes Interesse verletzt wird. Würde die Gsterriethsche
Auffassung zur Geltung kommen, so würde der Geschäfts-
herr es immer möglichst vermeiden, bestimmte Verein-
barungen zu treffen, er würde dann alle Vorteile haben.
Ls wäre aber hart, von dem doch in den allermeisten Fällen
wirtschaftlich schwächeren Angestellten zu verlangen, daß er
dem Geschäftsherrn mit seinen Bedingungen kommen solle,
ehe er einen Vertrag schließt, auch ist es ihm ganz un-
möglich, eine solche Uebersicht über die Konsequenzen seines
Vertragsverhältnisses zu haben, wie der Geschäftsherr.
Zu H müßte gesagt werden, daß der angestellte Künstler
von vornherein das Recht hat, seine Arbeiten zu signieren.
Ein Verzicht auf dieses Recht könnte von: Geschäftsherrn
nur auf Grund ausdrücklicher Vereinbarung verlangt werden.
Es würden wohl noch andere Punkte Anlaß zu Be-
merkungen geben, vielleicht halten einzelne künstlerische
Korporationen es für angezeigt, bei einer Mitgliederver-
sammlung die Frage zur Diskussion zu stellen.
Otto d/Iarcus-Berlin.
Die „sechs Leitsätze" Gsterrieths lauten:
v Das Urheberrecht an einem Werke der bildenden
Künste entsteht in der Person des Urhebers, auch wenn
er Angestellter ist.
2. Der Urheber kann seine Urheberrechte an bestehen-
den oder künftigen Werken auf andere übertragen, so-
mit auch der Angestellte auf den Geschäftsherrn.
3. Falls eine ausdrückliche Vereinbarung über das
Urheberrecht an den Entwürfen eines Angestellten nicht
vorliegt, geht das Urheberrecht an solchen Werken des
Angestellten auf den Geschäftsherrn über, die der Ange-
stellte im Auftrage oder in Erfüllung feiner Dienst-
obliegenheiten für den Geschäftsherrn entwirft oder
ausführt. Der Uebergang des Urheberrechts auf den Ge-