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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/​1909

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Heft 32 (10. Mai 1909)
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Lebrecht: Die Haftung für Wettbewerb-Arbeiten
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Schlesischer Künstlerbund
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0446

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H38

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 32.

Transport und Verpackung gezahlten Mehrkosten,
indem er dagegen einwendete:
f. Die Zuziehung eines Bildhauers und der
Transport nach dessen Atelier sei nicht notwendig
gewesen,
2. event. rechne er mit dem durch die Beschädigung
der Figur und durch Fehlen des Dekorationsstoffes
ihm entstandenen Schaden gegen die Forderung der
Stadtgemeinde aus.
Im Prozesse wurde durch Zeugen und Sach-
verständige bekundet, die Zuziehung des Bildhauers
sei erforderlich gewesen. Das Amtsgericht verurteilte
danach den Beklagten H. zur Bezahlung des geforderten
Betrages, indem es annahm, er sei nach dem Ab-
laus der für die Abholung bestimmten Frist in Ver-
zug gekommen und könne daher die Stadtgemeinde
nur für solchen Schaden haftbar machen, der nach-
weislich durch deren Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit
entstanden sei. (Daß der Dekorationsstoff gefehlt
habe, hat das Amtsgericht nicht als erwiesen ange-
sehen. Beschreibung, Lageplan usw. waren im Laufe
des Prozesses herausgegeben worden.)
Auf die Berufung des Beklagten H. hob das
Landgericht Leipzig das Urteil auf, wies die Klage
ab und legte der Stadtgemeinde die Kosten beider
Instanzen auf. Dieses Urteil ist endgültig, da ein
weiteres Rechtsmittel nicht gegeben ist.
Das Landgericht sieht gleichfalls die Hinzuziehung
des Bildhauers in B. und die von diesem geleistete
Arbeit als notwendig an und bemerkt, die Stadt-
verwaltung habe es nach den Umständen für
erforderlich halten dürfen, die Verpackung von
Kunstwerken durch eine damit vertraute Person vor-
nehmen zu lassen. Der Beklagte müsse also an sich
den dafür berechneten Betrag erstatten. Dagegen
sei die Klagsorderung mit dem infolge der Be-
schmutzung der Figur dem Beklagten entstandenen
Schadensersatzanspruch getilgt. Denn nach den Wett-
bewerbsbedingungen sei nur die Gefahr -er
Nebersen-ung, nicht -er Verpackung -en
Ausstellern aufgebür-et; wenn daher (wie durch
Sachverständigengutachten sestgestellt sei) die Be-
schmutzung von Signiersarbe herrühre und also beim
Verpacken, nicht beim Transport geschehen sei, so
hafte die Klägerin für diesen durch den dortigen
Bildhauer, dessen sie sich zur Erfüllung ihrer Rück-
sendungspflicht bedient habe, verschuldeten Schaden.
Aus dieser Entscheidung sind folgen-e Aechts-
grun-sätze zu entnehmen:
s. wenn bei einem Wettbewerb bedungen ist,
daß der Einsender den eingesandten Gegenstand binnen
einer Frist abzuholen hat und daß ihm derselbe
andernfalls auf seine Kosten und Gefahr zugesandt
wird, so kommt er durch die Nichtabholung nicht
in Verzug; vielmehr verwandelt sich nun die Ab-
holungspflicht des Einsenders in eine Rücksendungs-
pflicht des Veranstalters.
2. Die „Rücksendung auf Gefahr des Einsenders"
bedeutet, daß nur der Rücktransport selbst, nicht die

Verpackung auf Gefahr des Einsenders geschieht.
Entsteht also bei der Verpackung ein vom Veranstalter
verschuldeter Schaden, so trägt diesen der Veranstalter,
nicht der Einsender.
3. Der Veranstalter kann sich zur Erfüllung
seiner Nücksendungspflicht eines mit der Behandlung
von Kunstwerken vertrauten Gehilfen bedienen; die
dadurch erwachsenden Mehrkosten sind notwendige
und daher vom Eichender zu tragen. k
ch Dagegen haftet der Veranstalter für das Ver-
schulden seines Erfüllungsgehilfen ebenso wie für
eigenes.
Der Fall zeigt auch, wie notwendig es ist, bei
Wettbewerbungen das Interesse der Künstler besser
als bisher zu wahren. Der Künstler verlangt und
erwartet, daß die von ihm eingelieserten Gegenstände
unversehrt wieder in seine Hand zurückgelangen.
Dazu ist zum mindesten nötig, in den Wettbewerbs-
bedingungen festzusetzen, daß dem Einsender vom Ver-
anstalter ein genaues s^riftliches Linpfangs-
bekenntnis über die eingelieferten Gegenstände nebst
Zubehör (Beschreibung, Kostenanschlag, Lageplan,
Dekorationsstoff usw.) ausgehändigt und ihm dann eine
ebenso genaue Aücksen-ungsanzeige übermittelt
wird. Dadurch würde, wenn ein Schaden eintritt,
die Schwierigkeit des Beweises wesentlich gehoben
und die Haftung des Veranstalters für ordnungs-
mäßige Verpackung und Absendung leichter durch-
führbar gemacht. Auch müßte in den Bedingungen
klar zum Ausdruck kommen, daß der Veranstalter für
-ie Aufbewahrung bis zur Aückfen-ung haftet.
Daß der Veranstalter sich bei der Verpackung sach-
verständiger Hilfe bedienen darf, ist wohl nicht zu
beanstanden und liegt auch im Interesse des Künst-
lers; doch müßte dafür gesorgt werden, daß dem
Künstler dadurch nicht erheblich höhere Kosten er-
wachsen. Rechtsanwalt Kebreckrt-Leipzig.

Scklesiscker llimltlerbrmÄ

In der ersten öffentlichen Versammlung von Mit-
gliedern des neuen Schlesischer: Künstlerbundes in
Breslau entwickelte der Direktor der Breslauer Kunstschule,
Prof. H. Poelzig, die Aufgaben und das Programm des
Bundes in einer Rede, die wir hier wiedergeben wollen,
weil ihrInhalt auf die Kunstverhältnisse im allgemeinen
zutrifft.
Die Rede lautete:
Pochverehrte Anwesende!
In den Satzungen des Künstlerbundes Schlesiens be-
findet sich der Passus: Der tz t der Satzungen des Künstler-
bundes lautet: Der Zweck des Vereins ist, die Kunst in
Schlesien zu pflegen und zu fördern.
Gestatten Sie mir, kurz zu erläutern, wie wir uns
unsere gemeinsame Arbeit an dieser Aufgabe, die Kunst in
Schlesien zu fördern, gedacht haben und warum wir mit
der Gründung des Künstlerbundes Schlesien die Lösung
dieser Aufgabe zu fördern glauben.
Ich kann mir schon denken, daß es sehr ernsthafte
Menschen gibt, die den wert einer Hebung der Kunst in
Schlesien, wo so wichtige Aufgaben wirtschaftlicher Art
ihrer Erledigung harren, überhaupt für illusorisch halten
 
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