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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/​1909

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Heft 34 (24. Mai 1909)
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D.W.D.K.: Das traurige Ergebnis des Reichs-Wettbewerbes für das 25 Pfennig-Stück
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Eine Kunstrede des bayerischen Thronfolgers
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0473

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Die Werkstatt der Kunst
Organ für clie Interessen äer bilclenclen Künstler

beäakleur: ^ritz yettxvag.

VIII. Jabrg. tzekt 24. 24. Mai 1909.

Vas traurige Ergebnis des Ksicbs-Mettbexverbes Mr das 2Z Pfennig-Stück

Das Reichsschatzamt hat sich, wie wir soeben
aus bester (Quelle erfahren, entschlossen, von dem
mit dem dritten Preise gekrönten Entwurf A. Krau-
manns, den wir hiermit abbilden, nur die Vorder-
seite ausführen zu lassen. Die Rückseite aber wird
— einem Berliner Hofgraveur übertragen!!
Steht bei uns die Kunst nicht höher in der
Achtung? Müssen wir
uns in künstlerischer:
Dingen bei jeder Ge-
legenheit von Reichs-
wegen blamieren? Hat
das Reichsschatzamt kein
Gefühl dafür, daß ein
Kunstwerk eine organi-
sche Schöpfung ist, der
inan nicht hinten und
vorne etwas anflicken
oder aufnageln kann?
Wir wollen den Entwurf von A. Kraumann gar
nicht als besonders bedeutende künstlerische Leistung
verteidigen, aber er ist doch wenigstens aus einem
Guß, und es gemahnte schon etwas an den seligen
Johann Ballhorn, daß vom Künstler verlangt wurde,
er müsse den Adlerkopf unter Fortfall des Flügels
herunterdrücken und die Krone, gegebenenfalls unter
Lortlassung der Bänder, vergrößern; denn gerade
die obere Linie des Schnabels, Kopfes und Halses


machte in ihrer Stellung zur Schrift den räumlichen
Reiz des Entwurfes aus. Aber nun die Rückseite
ganz fallen zu lassen und durch eine, von anderer
Hand geschaffene und mit einem heraldischen Adler
versehene zu ersetzen —- das wird nicht besser passen,
wie die Faust aufs Auge!
Man wird und muß ja glauben, wir hätten
keine Künstler mehr in
Deutschland, die eine or-
ganische Schöpfung her-
vorbringen können, wenn
man zu solchem Zwitter-
verfahren seine Zuflucht
nimmt. — Aber es ist ja
nicht wahr; wir haben
Künstler genug, man
sehe doch die vielfach
bessere Konkurrenz des
„ D ürerbund es Nur muß
man sie nicht in bureaukratische Fesseln zwängen,
sondern ihnen die nötige Freiheit lassen.
Die Künstlerschaft, die durch diesen vor: Anfang
an gründlich verfahrenen Reichs-Wettbewerb be-
kanntlich schon materiell so schwer geschädigt wurde,
wird sich nun auch in ästhetischer Hinsicht von
jeder Verantwortung für die bevorstehende
Geburt dieses monströsen Zwitterdinges so laut wie
möglich lossagen. O. W. O.


6ms Annltrsde ciss bayerischen ^bronsolgsrs

Bei der Feier des hundertjährigen Bestehens der Kgl.
Akademie der bildenden Künste hielt der Lohn des Prinz-
regenten, Prinz Ludwig, folgende Rede:
Nach den: schönen Festakte im Gdeon ist die Künstler-
schaft zum Festmahle an einen Ort (in das Künstlerhaus
— Red.) gezogen, der mehr wie der andere laut ausspricht,
daß er der Kunst geweiht und daß er von Künstlern er-
baut und geschaffen worden ist. Ls ist einer der größten
Künstler seiner Zeit gewesen, Lenbach, dem wir in erster
Linie dieses Meisterwerk verdanken. Ich habe gerade Len-
bach und dieses Haus genannt; es ist mir das ein Zeichen,
daß die Kunst nicht außer dem Leben, sondern im Leben
stehen soll, daß sie alle Stände ergreifen fall. Wie
fall man das machen? Da möchte ich mich an die Herren
Künstler wenden, nicht an alle, aber an manche, fich
nicht nur in höheren Sphären zu bewegen, wie wir
es heute in der Festrede (des Syndikus Prof. Stieler, dessen
geschichtlichen Rückblick wir nachstehend abdrucken — Red.)
gehört haben, von der Zeit, in der die Akademie gegründet
worden ist, sondern sich in dem alltäglichen Leben
zu bewegen; sie möchten die Sachen, die sie schaffen, so

machen, daß sie auch gebraucht werden können, und das
gilt besonders für die Herren Architekten. Wenn die
Sachen praktisch und bequem sind, dann werden sie ge-
braucht, und wenn sie dabei schön sind, dann gefallen sie
allgemein, und es wird dann nicht so oft heißen, das ist
unpraktisches Zeug, das kann man nicht brauchen, und das
ist nur für die reichen Leute. Die Kunst soll für alle
fein, das ist ihre Aufgabe, und in der guten alten Zeit
der Kunst war es stets so, daß bis in die untersten Stände
eine Begeisterung für die Kunst vorhanden war; möge es
später wieder so werden. (Bravorufe.)
Herr v. Stieler hat in seiner heutigen Festrede mit
der Gegenwart, mit dem Tode Pilotys, aufgehört. Wir
Aelteren haben ihn ja alle gekannt, und wir erinnern uns
auch, was Piloty geschaffen hat; wenige seiner Schüler sind
noch am Leben. Mögen die jetzigen Künstler das Gute,
das die Alten gelehrt haben, annehmen. Sie mögen so
geistreich fein und so schön zeichnen wie Lornelius, sie
mögen auch in der Beziehung Kaulbach ähneln und mögen
auch piloty und seinen Schülerri ähneln, die Farbe mögen
sie wieder zur Geltung kommen lassen. Aber nicht die
 
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