Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0153
DOI Heft:
Heft 11 (14. Dezember 1908)
DOI Artikel:Gefährdete wirtschaftliche Interessen deutscher Künstler im Auslande, 2
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Die Werkstatt der Kunst
Organ für clie Interessen der bildenden Künstler
I^eäakteur: ^rilz I^eUxvag.
VIII. Jakrg. I)ekt 11. 14. Oezbr. 1908.
GMKrclele xvirllckaftUcke Interessen äeutscker Künstler im Kuslancle. II
Zu unser::: gleichlautenden Artikel in Heft 2 vom
Z2. Oktober d. I. haben wir noch nachzutragen, daß der
deutsche Konsul in Manila Ende Januar einein Teil-
nehmer des Wettbewerbes um ein Denkmal des Dichters
Rizal in Manila mitgeteilt hat, daß endlich, ungefähr
drei Jahre nach der ersten Ausschreibung des Wettbewerbes,
die Entscheidung des Preisgerichtes getroffen
worden sei und daß die beiden deutschen Bewerber keinen
Preis erhalten hätten. Der erste Preis von 5000 Pesos
sei dem italienischen Bildhauer Larlos Nicoli, der zweite
Preis von 2000 Pesos dein schweizer Bildhauer Or. Richard
Kißling zuerkannt worden. Ls muß also auch unsererseits
anerkannt werden, daß das Deutsche Reich die Interessen
der deutschen Künstler im Auslande nicht außer acht
gelassen hatte. Allerdings haben die beiden deutschen
Künstler über zwei Jahre auf eine Antwort des Kaiserlichen
Deutschen Konsulates in Manila warten müssen, doch war
cs bei den eigenartigen Verhältnissen wohl nicht möglich,
die Antwort früher zu erteilen.
Daß die deutschen Künstler bei der Teilnahme
an „exotischen" Wettbewerben nicht vorsichtig
genug sein können, möchten wir an einem Fall, der
allerdings schon einige Jahre zurückliegt, aber geradezu
typisch ist, unseren Lesern aktenmäßig darlegen.
Line kleine exotische Republik wünschte ein
„Freiheitsdenkmal" zu errichten und hatte für diesen Zweck
ein Komitee gebildet, das, wie es angab, durch ein „Gesetz"
zur Linreichung eines Kostenanschlages für den nächsten
Kongreß und eine möglichst schleunige Beschaffung der
Vorschläge und Entwürfe aufgefordert worden sei. An
Mitteln standen angeblich p/? Millionen Mark zur Verfügung.
Ls erfolgte die Ausschreibung eines freien Wettbewerbes
für alle Nationen. Deutsche Bewerber wurden aufge-
fordert, ihre Bewerbungen und Nachrichten an das Berliner
Generalkonsulat jener Republik zu senden.
Ein deutscher Bildhauer beschloß, sich an diesem Wett-
bewerb zu beteiligen und, um ganz sicher zu gehen, zunächst
durch befreundete Großkaufleutc über die näheren Ver-
hältnisse in jener Republik Erkundigungen einzuziehen.
Auf diese weise erhielt auch der Hamburger General-
konsul jener Republik Kenntnis davon, daß dieser namhafte
deutsche Künstler, der möglicherweise gute Lhancen für die
Erlangung des großen Auftrages besaß, sich bewerben wolle.
Der Hamburger Generalkonsul witterte also hier ein
„großes Geschäft", bei dem möglicherweise auch für ihn ein
Anteil abfallen könnte. Er machte sich deshalb an den
Künstler heran, indem er behauptete, er allein sei General-
konsul, der Berliner Herr trüge diesen Titel „nur ehren-
halber", hätte aber sonst absolut gar keinen Einfluß. Jener
hätte vielleicht in der Wettbewerbsache etwas läuten gehört
und suche sich nun selbständig mit der Ausschreibung „ein
Gewerbe", um der Regierung zu dienen, was jedoch nicht
gewünscht und „ausgenützt" (man merke sich dies Wort!
— Red.) werden würde. Der Berliner Herr hätte sich vor
einigen Jahren schon einmal ein ähnliches Eingreifen in
die Rechte des Hamburger Generalkonsuls erlaubt, das
aber gebührenderweise zuriickgewiesen worden sei. Als
Vertreter der Regierung jener Republik könne also
ausschließlich er selbst, der Ha in bürg er Generalkonsul,
gelten. Nachdem der Hamburger Generalkonsul sich nun
bei dem Künstler genügend als „allein maßgebende Persön-
lichkeit" legitimiert und seinen Berliner Konkurrenten um
einen etwaigen Gewinnanteil siegreich aus dem Felde ge-
schlagen hatte, nahm die Bewerbung des Künstlers unter
seiner eifrigen Unterstützung einen anscheinend sehr be-
friedigenden Verlauf.
Der Hamburger Generalkonsul war nämlich schon nach
einem Vierteljahr irr der Lage, dein Künstler mitzuteilen,
daß der Präsident des Komitees ihm geschrieben habe, cs
lägen außer dem einzigen Projekte aus Deutschland noch
solche aus Belgien und Frankreich vor. (Ein italienisches
Projekt verschwieg er, wie wir später sehen werden. — Red.)
Von allen diesen Sachen sei aber die deutsche die „schönste
und edelste" und der Präsident des Komitees würde dafür
Sorge tragen, daß dem deutscher: Künstler der Auftrag er-
teilt werde. Der Geldbetrag fei vorhanden und würde bei
Auftragerteilung einem europäischen Bankhause überwiesen
werden „zur weiteren Verfügung der Interessenten". Da
die Residenz der Republik eiue junge ausblühende Stadt
und noch ohne Monumente sei, so würden diesen: Auftrag
zweifellos später noch andere folgen. Hiernach erschien
eine Auftragerteilung an den deutschen Künstler, der nun-
mehr auf Wunsch des Präsidenten des Komitees noch einen
ermäßigten Kostenanschlag und einen detaillierten Entwurf
abgab, als zweifellos. Der Künstler besprach nunmehr
die „geschäftlichen Bedingungen" mit dem Hamburger
Generalkonsul der Republik im Beisein seiner eigenen Ge-
schäftsfreunde eingehend.
Der Künstler wartete nun lange Zeit auf die definitive
Erteilung des Auftrages, der ihm, wenn er auch erhebliche
„Anteile" hatte versprechen müssen, doch immer noch einen
leidlichen Verdienst gebracht hätte. Inzwischen verging
aber ein Jahr, ohne daß irgendeine weitere Nachricht ein-
gelaufen wäre. Der Künstler reklamierte also bei den:
mitinteressierten Hamburger Generalkonsulat, das angeblich
seinerseits beim Denkmalkomitee anfragte, wie denn die
Sache stände. Nach t Jahren feit der Ausschreibung
des Wettbewerbes kündigte der Präsident des Komitees
durch den Hamburger Generalkonsul an, daß er demnächst
nach Deutschland kommen und mit den: deutschen Künstler
das Nähere besprechen werde. Der Hamburger General-
konsul zeigte sich sehr regsam und war eifrig bemüht, dafür
zu sorgen, daß der Künstler ja nur mit ihm verhandle und
daß alle Korrespondenzen usw. erst durch seine Hand gingen.
Er schien die von ihm als Provision ausbedungencn
50 ooo Mk. schon in seiner Brieftasche zu spüren und ver-
sicherte, die Auftragerteilung an den deutschen Künstler sei
eine beschlossene Sache, und die definitive Order sei lediglich
eine Frage der Zeit. Man kann es dem Künstler nicht
verdenken, daß er derartigen Zusicherungen des offiziellen
Vertreters jenes Landes vertraute.
Es verging aber wieder ein halbes Jahr, so daß
dem Künstler die Sache schließlich zu dumm wurde
und er das Deutsche Auswärtige Amt bat, auf diplo-
matischem Wege Erkundigungen einzuziehen. Diese er-
gaben nun die merkwürdige Tatsache, daß das Denkmal-
komitee längst beschlossen hatte, das Denkmal nach dem
Entwurf eines italienischen Bildhauers ausführen zu
lassen, wie es auch schon früher von dem Kongreß der
Republik in Aussicht genomn:en war!! Es sei auch
Organ für clie Interessen der bildenden Künstler
I^eäakteur: ^rilz I^eUxvag.
VIII. Jakrg. I)ekt 11. 14. Oezbr. 1908.
GMKrclele xvirllckaftUcke Interessen äeutscker Künstler im Kuslancle. II
Zu unser::: gleichlautenden Artikel in Heft 2 vom
Z2. Oktober d. I. haben wir noch nachzutragen, daß der
deutsche Konsul in Manila Ende Januar einein Teil-
nehmer des Wettbewerbes um ein Denkmal des Dichters
Rizal in Manila mitgeteilt hat, daß endlich, ungefähr
drei Jahre nach der ersten Ausschreibung des Wettbewerbes,
die Entscheidung des Preisgerichtes getroffen
worden sei und daß die beiden deutschen Bewerber keinen
Preis erhalten hätten. Der erste Preis von 5000 Pesos
sei dem italienischen Bildhauer Larlos Nicoli, der zweite
Preis von 2000 Pesos dein schweizer Bildhauer Or. Richard
Kißling zuerkannt worden. Ls muß also auch unsererseits
anerkannt werden, daß das Deutsche Reich die Interessen
der deutschen Künstler im Auslande nicht außer acht
gelassen hatte. Allerdings haben die beiden deutschen
Künstler über zwei Jahre auf eine Antwort des Kaiserlichen
Deutschen Konsulates in Manila warten müssen, doch war
cs bei den eigenartigen Verhältnissen wohl nicht möglich,
die Antwort früher zu erteilen.
Daß die deutschen Künstler bei der Teilnahme
an „exotischen" Wettbewerben nicht vorsichtig
genug sein können, möchten wir an einem Fall, der
allerdings schon einige Jahre zurückliegt, aber geradezu
typisch ist, unseren Lesern aktenmäßig darlegen.
Line kleine exotische Republik wünschte ein
„Freiheitsdenkmal" zu errichten und hatte für diesen Zweck
ein Komitee gebildet, das, wie es angab, durch ein „Gesetz"
zur Linreichung eines Kostenanschlages für den nächsten
Kongreß und eine möglichst schleunige Beschaffung der
Vorschläge und Entwürfe aufgefordert worden sei. An
Mitteln standen angeblich p/? Millionen Mark zur Verfügung.
Ls erfolgte die Ausschreibung eines freien Wettbewerbes
für alle Nationen. Deutsche Bewerber wurden aufge-
fordert, ihre Bewerbungen und Nachrichten an das Berliner
Generalkonsulat jener Republik zu senden.
Ein deutscher Bildhauer beschloß, sich an diesem Wett-
bewerb zu beteiligen und, um ganz sicher zu gehen, zunächst
durch befreundete Großkaufleutc über die näheren Ver-
hältnisse in jener Republik Erkundigungen einzuziehen.
Auf diese weise erhielt auch der Hamburger General-
konsul jener Republik Kenntnis davon, daß dieser namhafte
deutsche Künstler, der möglicherweise gute Lhancen für die
Erlangung des großen Auftrages besaß, sich bewerben wolle.
Der Hamburger Generalkonsul witterte also hier ein
„großes Geschäft", bei dem möglicherweise auch für ihn ein
Anteil abfallen könnte. Er machte sich deshalb an den
Künstler heran, indem er behauptete, er allein sei General-
konsul, der Berliner Herr trüge diesen Titel „nur ehren-
halber", hätte aber sonst absolut gar keinen Einfluß. Jener
hätte vielleicht in der Wettbewerbsache etwas läuten gehört
und suche sich nun selbständig mit der Ausschreibung „ein
Gewerbe", um der Regierung zu dienen, was jedoch nicht
gewünscht und „ausgenützt" (man merke sich dies Wort!
— Red.) werden würde. Der Berliner Herr hätte sich vor
einigen Jahren schon einmal ein ähnliches Eingreifen in
die Rechte des Hamburger Generalkonsuls erlaubt, das
aber gebührenderweise zuriickgewiesen worden sei. Als
Vertreter der Regierung jener Republik könne also
ausschließlich er selbst, der Ha in bürg er Generalkonsul,
gelten. Nachdem der Hamburger Generalkonsul sich nun
bei dem Künstler genügend als „allein maßgebende Persön-
lichkeit" legitimiert und seinen Berliner Konkurrenten um
einen etwaigen Gewinnanteil siegreich aus dem Felde ge-
schlagen hatte, nahm die Bewerbung des Künstlers unter
seiner eifrigen Unterstützung einen anscheinend sehr be-
friedigenden Verlauf.
Der Hamburger Generalkonsul war nämlich schon nach
einem Vierteljahr irr der Lage, dein Künstler mitzuteilen,
daß der Präsident des Komitees ihm geschrieben habe, cs
lägen außer dem einzigen Projekte aus Deutschland noch
solche aus Belgien und Frankreich vor. (Ein italienisches
Projekt verschwieg er, wie wir später sehen werden. — Red.)
Von allen diesen Sachen sei aber die deutsche die „schönste
und edelste" und der Präsident des Komitees würde dafür
Sorge tragen, daß dem deutscher: Künstler der Auftrag er-
teilt werde. Der Geldbetrag fei vorhanden und würde bei
Auftragerteilung einem europäischen Bankhause überwiesen
werden „zur weiteren Verfügung der Interessenten". Da
die Residenz der Republik eiue junge ausblühende Stadt
und noch ohne Monumente sei, so würden diesen: Auftrag
zweifellos später noch andere folgen. Hiernach erschien
eine Auftragerteilung an den deutschen Künstler, der nun-
mehr auf Wunsch des Präsidenten des Komitees noch einen
ermäßigten Kostenanschlag und einen detaillierten Entwurf
abgab, als zweifellos. Der Künstler besprach nunmehr
die „geschäftlichen Bedingungen" mit dem Hamburger
Generalkonsul der Republik im Beisein seiner eigenen Ge-
schäftsfreunde eingehend.
Der Künstler wartete nun lange Zeit auf die definitive
Erteilung des Auftrages, der ihm, wenn er auch erhebliche
„Anteile" hatte versprechen müssen, doch immer noch einen
leidlichen Verdienst gebracht hätte. Inzwischen verging
aber ein Jahr, ohne daß irgendeine weitere Nachricht ein-
gelaufen wäre. Der Künstler reklamierte also bei den:
mitinteressierten Hamburger Generalkonsulat, das angeblich
seinerseits beim Denkmalkomitee anfragte, wie denn die
Sache stände. Nach t Jahren feit der Ausschreibung
des Wettbewerbes kündigte der Präsident des Komitees
durch den Hamburger Generalkonsul an, daß er demnächst
nach Deutschland kommen und mit den: deutschen Künstler
das Nähere besprechen werde. Der Hamburger General-
konsul zeigte sich sehr regsam und war eifrig bemüht, dafür
zu sorgen, daß der Künstler ja nur mit ihm verhandle und
daß alle Korrespondenzen usw. erst durch seine Hand gingen.
Er schien die von ihm als Provision ausbedungencn
50 ooo Mk. schon in seiner Brieftasche zu spüren und ver-
sicherte, die Auftragerteilung an den deutschen Künstler sei
eine beschlossene Sache, und die definitive Order sei lediglich
eine Frage der Zeit. Man kann es dem Künstler nicht
verdenken, daß er derartigen Zusicherungen des offiziellen
Vertreters jenes Landes vertraute.
Es verging aber wieder ein halbes Jahr, so daß
dem Künstler die Sache schließlich zu dumm wurde
und er das Deutsche Auswärtige Amt bat, auf diplo-
matischem Wege Erkundigungen einzuziehen. Diese er-
gaben nun die merkwürdige Tatsache, daß das Denkmal-
komitee längst beschlossen hatte, das Denkmal nach dem
Entwurf eines italienischen Bildhauers ausführen zu
lassen, wie es auch schon früher von dem Kongreß der
Republik in Aussicht genomn:en war!! Es sei auch