Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0587
DOI Heft:
Heft 42 (2. August 1909)
DOI Artikel:Frobenius, Hermann; Esswein, Hermann; Burger, Erich: Der Deutsche Künstler-Verband
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0587
* Heft H2.
Die Werkstatt der Runst.
579
in wenigen Wochen erreicht werden. Unter dem Signum
gerade der juryfreien Ausstellung hat man die große Mit-
gliederzahl erreicht, und sie ist deshalb von eminenter
Wichtigkeit, weil sie die allein durchschlagende Propaganda
ist. Ein Verein, auch von Graphikern und Plakatmalern,
der nie ausstellt, kann auch keine Erfolge erzielen, da er
keine öffentliche Kraftprobe besteht. Darin ist eingeschlossen
auch die Einrichtung jenes Musterzimmers, sobald das Be-
dürfnis danach vorhanden ist.
was die tätige Beihilfe der Laien, Kritiker, Gelehrten
betrifft, so steht derselben nichts im Wege. Im Gegen-
H teil freuen wir uns aufrichtig, wenn wohlüberlegte Vor-
schläge gemacht werden, welche die Regelung der praktischen
und geschäftlichen Beziehungen erleichtern. Wir bitten
fogar darum, solche an den Ausschuß einzusenden und
werden uns eventuell daraufhin erlauben, die Herren zu
einer mündlichen Besprechung einzuladen.
Bezüglich der Beschickung der geplanten Ausstellungen
durch Damen ist überhaupt noch garnichts festgelegt.
Aller: unklaren Träumereien gegenüber müssen wir
feststellen, daß weder der Staat noch die Stadt einer Ge-
sellschaft Räume übergeben oder sonstige Unterstützungen
zukommen lassen würde, wo nicht bestimmte Personen
dauernd die Gewähr für gewisse Leistungen übernehmen
können. Bestimmte Personen müssen haften und zwar für
eine Vereinigung von Künstlern nur Künstler. Und damit
keine irrtümlichen Anschauungen hinsichtlich des ausge-
sprochenen Zweckes unseres Verbandes entstehen,
sei hier ausdrücklich wiederholt, daß der Grund-
gedanke desselben ein für alle Mal der freie Wett-
bewerb für Malerei und Plastik ist, und nichts
anderes.
Im Einverständnis mit dem Ausschuß und mit vor-
züglicher Hochachtung Nermuu k'robeuius."
Sehr geehrte Redaktion!
Sie haben die Güte, mir eine Entgegnung auf meinen
im Hefte der „W. d. K." vom ^9. Juli veröffentlichten
Bericht über den „Deutschen Künstlerverband" zugehen zu
lassen, um mir Gelegenheit zur Gegenäußerung zu geben.
Ich finde hierzu keinen Anlaß, denn die vorgeblichen
Richtigstellungen stellen durchaus nichts richtig, sondern
charakterisieren sich einfach als Mitteilungen, von denen
ich, wie jeder andere Leser ihrer Zeitschrift auch, Kennt-
nis nahm.
Zunächst ist die Stellungnahme zu den Aeußerungen
des Herrn Ör. Burger meines Erachtens eine rein per-
sönliche Auffaffungsfrage, in der, auf Herrn Frobenius
Aeußerungen hin, nicht ich, sondern allenfalls Herr Or.
Burger selbst das Wort zu ergreifen hätte. Auch über
die Frage der Anteilnahme von Gelehrten, Kritikern und
gebildeten Laien an der Vereinsarbeit sich zu äußern, wäre
Herr Or. Burger, der in dieser Beziehung die Initiative
ergriff, der richtige Mann.
Ls ist erfreulich zu hören, daß der Verein inzwischen
dem Gedanken an ein wirtschaftliches Programm näher ge-
treten ist. Der öffentlichen Versammlung, über die ich
seinerzeit zu berichten hatte, wurde ein solches tatsächlich
nicht vorgelegt.
Daß der Verein seine Ziele nicht in wenigen Wochen,
sondern erst mit der Zeit erreichen kann, habe ich in
meinem Berichte ja selber ausdrücklich gesagt. Sachlich
ganz unverständlich ist mir der letzte Absatz des von Herrn
Frobenius für nötig erachteten, offenen Briefes an mich,
wo von „unklaren Träumereien" die Rede ist. Ich habe
meinen Artikel, den Sie ja anderenfalls wohl kaum zum
Abdruck gebracht hätten, nochmals aufmerksam auf der-
gleichen hin durchgelesen, konnte aber nichts Entsprechendes
Der von Herrn Herman Frobenius kritisierte Privat-
dozent Or. Burger in München schreibt uns:
Zu dieser sehr merkwürdigen Polemik, die hier
gegen einen freundlichen Bericht des Herrn Vr. Eßwein
über die Versammlung des deutschen Künstlerverbandes
geführt wird, möchte ich mich nur deshalb äußern, weil
man durch die Abfassung der „Berichtigung" glauben
könnte, daß die Leitung des Verbandes in meinen Händen
gewesen und erst neuerdings, wohl auf Grund des
„schlechten Eindruckes" meiner Ausführungen in andere
übergegangen sei. Ich habe nie die Leitung des Vereins
innegehabt, sondern bin nur auf Grund meines wieder-
holten Eintretens für die Sache des Verbandes zum Ehren-
mitglied ernannt worden. Allerdings wurde mir vor
wenigen Wochen einstimmig durch eine Generalversamm-
lung die Leitung angeboten, doch habe ich dies aus-
geschlagen. Die Gründe hierfür habe ich in der strittigen
letzten öffentlichen Generalversammlung zu erkennen ge-
geben. Meine hierbei ausgesprochene Ansicht, daß ich im
Grunde genommen je-e große moderne, nach heu-
tiger Weise „jurierte" Ausstellung, die gedankenlos unter-
und übereinander gereihte Kunstwerke zur Aufstellung
bringt, für ein Kulturübel halte, deren schlimme wirtschaft-
liche und ideelle Wirkungen durch eine juryfreie Ausstellung
nur teilweise bekämpft werden können, mag manchen
überrascht haben, besonders mit Rücksicht auf den Zusatz,
daß auch die juryfreie Ausstellung schädliche Wirkungen
ausüben kann und wird, und deshalb nach meiner Ansicht
nur eine Art Interregnum sein kann, bis die Wurzel des
Uebels, die künstliche Züchtung von Talenten, an-
gegriffen ist und die Verminderung des übermäch-
tigen Künstlerproletariats angestrebt wird. Diese
rein persönliche Ansicht konnte ich eben um desfentwillen
nur aussprechen, weil ich offiziell nichts mit dem Ver-
eine zu tun hatte und nur als freier Diskussionsredner ge-
sprochen habe, wofür mir freilich sowohl von der Vorstand-
schaft wie der Versammlung allzuviel Ehre und Dank zu-
teil geworden ist, der zum Widerspruche reizte . . . Daß
nach meiner unzweideutig zu erkennenden Auffassung ein
deutscher Künstlerbund weitgehende große ideale Auf-
gaben habe und nicht ausschließlich relativ engumschrie-
bene wirtschaftliche Vorteile durch Schaffung juryfreier
Ausstellungen im Auge behalten dürfe, mag freilich bei
vielen „einen schlechten Eindruck" gemacht haben. Ls
wäre nur im Interesse der Sache sehr zu bedauern, wenn
solche Persönlichkeiten in der Vereinsleitung die Oberhand
gewännen.
Nach meiner Ansicht muß eben die Künstlerschaft
anders organisiert, Künstler und Publikum anders er-
zogen werden (obgleich gar nicht zu verkennen ist, daß
wir in dieser Hinsicht in Deutschland sehr viel besser als
in andern Ländern gestellt sind): der Künstler durch eine
andere Art der Ausbildung, das Publikum durch die Art
der künstlerischen Darbietungen. Es ist kein Zweifel, daß
durch die heutige „jurierte" Ausstellung das Publikum über
wert und Umfang der Jahresproduktion getäuscht wird
und die Künstler wirtschaftlich und ideell unter einem fast
an Unfug grenzenden Iurysystem zu leiden haben, das
deshalb auch erzieherisch so verfehlt wirkt, weil Auszeich-
nungen nur allzuhäufig nach ganz anderen, als absolut
künstlerischen Gesichtspunkten vorgenommen werden.
Auf der andern Seite muß aber zugegeben werden,
daß juryfreie Ausstellungen durch die Behebung dieser
Mängel auch sehr bedenkliche Nebenerscheinungen
zeitigen und gerade das Proletariat neben dem wahren
Künstler stärken werden. Doch hat die Zeit das Recht, zu
urteilen. Man sorge nur dafür, daß es wirklich ein Ur-
teil der Zeit sei, und daß die Möglichkeit bestehe, dies
Urteil zu kontrollieren. Die Vorschläge, die ich in
dieser Hinsicht gemacht habe, möchte ich hier nicht wieder-
holen. Ich wollte nur damit andeuten, daß der Schwer-
punkt eines deutschen Künstlerverbandes notwendiger-
weise nicht in der Veranstaltung juryfreier Ausstellungen und
Die Werkstatt der Runst.
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in wenigen Wochen erreicht werden. Unter dem Signum
gerade der juryfreien Ausstellung hat man die große Mit-
gliederzahl erreicht, und sie ist deshalb von eminenter
Wichtigkeit, weil sie die allein durchschlagende Propaganda
ist. Ein Verein, auch von Graphikern und Plakatmalern,
der nie ausstellt, kann auch keine Erfolge erzielen, da er
keine öffentliche Kraftprobe besteht. Darin ist eingeschlossen
auch die Einrichtung jenes Musterzimmers, sobald das Be-
dürfnis danach vorhanden ist.
was die tätige Beihilfe der Laien, Kritiker, Gelehrten
betrifft, so steht derselben nichts im Wege. Im Gegen-
H teil freuen wir uns aufrichtig, wenn wohlüberlegte Vor-
schläge gemacht werden, welche die Regelung der praktischen
und geschäftlichen Beziehungen erleichtern. Wir bitten
fogar darum, solche an den Ausschuß einzusenden und
werden uns eventuell daraufhin erlauben, die Herren zu
einer mündlichen Besprechung einzuladen.
Bezüglich der Beschickung der geplanten Ausstellungen
durch Damen ist überhaupt noch garnichts festgelegt.
Aller: unklaren Träumereien gegenüber müssen wir
feststellen, daß weder der Staat noch die Stadt einer Ge-
sellschaft Räume übergeben oder sonstige Unterstützungen
zukommen lassen würde, wo nicht bestimmte Personen
dauernd die Gewähr für gewisse Leistungen übernehmen
können. Bestimmte Personen müssen haften und zwar für
eine Vereinigung von Künstlern nur Künstler. Und damit
keine irrtümlichen Anschauungen hinsichtlich des ausge-
sprochenen Zweckes unseres Verbandes entstehen,
sei hier ausdrücklich wiederholt, daß der Grund-
gedanke desselben ein für alle Mal der freie Wett-
bewerb für Malerei und Plastik ist, und nichts
anderes.
Im Einverständnis mit dem Ausschuß und mit vor-
züglicher Hochachtung Nermuu k'robeuius."
Sehr geehrte Redaktion!
Sie haben die Güte, mir eine Entgegnung auf meinen
im Hefte der „W. d. K." vom ^9. Juli veröffentlichten
Bericht über den „Deutschen Künstlerverband" zugehen zu
lassen, um mir Gelegenheit zur Gegenäußerung zu geben.
Ich finde hierzu keinen Anlaß, denn die vorgeblichen
Richtigstellungen stellen durchaus nichts richtig, sondern
charakterisieren sich einfach als Mitteilungen, von denen
ich, wie jeder andere Leser ihrer Zeitschrift auch, Kennt-
nis nahm.
Zunächst ist die Stellungnahme zu den Aeußerungen
des Herrn Ör. Burger meines Erachtens eine rein per-
sönliche Auffaffungsfrage, in der, auf Herrn Frobenius
Aeußerungen hin, nicht ich, sondern allenfalls Herr Or.
Burger selbst das Wort zu ergreifen hätte. Auch über
die Frage der Anteilnahme von Gelehrten, Kritikern und
gebildeten Laien an der Vereinsarbeit sich zu äußern, wäre
Herr Or. Burger, der in dieser Beziehung die Initiative
ergriff, der richtige Mann.
Ls ist erfreulich zu hören, daß der Verein inzwischen
dem Gedanken an ein wirtschaftliches Programm näher ge-
treten ist. Der öffentlichen Versammlung, über die ich
seinerzeit zu berichten hatte, wurde ein solches tatsächlich
nicht vorgelegt.
Daß der Verein seine Ziele nicht in wenigen Wochen,
sondern erst mit der Zeit erreichen kann, habe ich in
meinem Berichte ja selber ausdrücklich gesagt. Sachlich
ganz unverständlich ist mir der letzte Absatz des von Herrn
Frobenius für nötig erachteten, offenen Briefes an mich,
wo von „unklaren Träumereien" die Rede ist. Ich habe
meinen Artikel, den Sie ja anderenfalls wohl kaum zum
Abdruck gebracht hätten, nochmals aufmerksam auf der-
gleichen hin durchgelesen, konnte aber nichts Entsprechendes
Der von Herrn Herman Frobenius kritisierte Privat-
dozent Or. Burger in München schreibt uns:
Zu dieser sehr merkwürdigen Polemik, die hier
gegen einen freundlichen Bericht des Herrn Vr. Eßwein
über die Versammlung des deutschen Künstlerverbandes
geführt wird, möchte ich mich nur deshalb äußern, weil
man durch die Abfassung der „Berichtigung" glauben
könnte, daß die Leitung des Verbandes in meinen Händen
gewesen und erst neuerdings, wohl auf Grund des
„schlechten Eindruckes" meiner Ausführungen in andere
übergegangen sei. Ich habe nie die Leitung des Vereins
innegehabt, sondern bin nur auf Grund meines wieder-
holten Eintretens für die Sache des Verbandes zum Ehren-
mitglied ernannt worden. Allerdings wurde mir vor
wenigen Wochen einstimmig durch eine Generalversamm-
lung die Leitung angeboten, doch habe ich dies aus-
geschlagen. Die Gründe hierfür habe ich in der strittigen
letzten öffentlichen Generalversammlung zu erkennen ge-
geben. Meine hierbei ausgesprochene Ansicht, daß ich im
Grunde genommen je-e große moderne, nach heu-
tiger Weise „jurierte" Ausstellung, die gedankenlos unter-
und übereinander gereihte Kunstwerke zur Aufstellung
bringt, für ein Kulturübel halte, deren schlimme wirtschaft-
liche und ideelle Wirkungen durch eine juryfreie Ausstellung
nur teilweise bekämpft werden können, mag manchen
überrascht haben, besonders mit Rücksicht auf den Zusatz,
daß auch die juryfreie Ausstellung schädliche Wirkungen
ausüben kann und wird, und deshalb nach meiner Ansicht
nur eine Art Interregnum sein kann, bis die Wurzel des
Uebels, die künstliche Züchtung von Talenten, an-
gegriffen ist und die Verminderung des übermäch-
tigen Künstlerproletariats angestrebt wird. Diese
rein persönliche Ansicht konnte ich eben um desfentwillen
nur aussprechen, weil ich offiziell nichts mit dem Ver-
eine zu tun hatte und nur als freier Diskussionsredner ge-
sprochen habe, wofür mir freilich sowohl von der Vorstand-
schaft wie der Versammlung allzuviel Ehre und Dank zu-
teil geworden ist, der zum Widerspruche reizte . . . Daß
nach meiner unzweideutig zu erkennenden Auffassung ein
deutscher Künstlerbund weitgehende große ideale Auf-
gaben habe und nicht ausschließlich relativ engumschrie-
bene wirtschaftliche Vorteile durch Schaffung juryfreier
Ausstellungen im Auge behalten dürfe, mag freilich bei
vielen „einen schlechten Eindruck" gemacht haben. Ls
wäre nur im Interesse der Sache sehr zu bedauern, wenn
solche Persönlichkeiten in der Vereinsleitung die Oberhand
gewännen.
Nach meiner Ansicht muß eben die Künstlerschaft
anders organisiert, Künstler und Publikum anders er-
zogen werden (obgleich gar nicht zu verkennen ist, daß
wir in dieser Hinsicht in Deutschland sehr viel besser als
in andern Ländern gestellt sind): der Künstler durch eine
andere Art der Ausbildung, das Publikum durch die Art
der künstlerischen Darbietungen. Es ist kein Zweifel, daß
durch die heutige „jurierte" Ausstellung das Publikum über
wert und Umfang der Jahresproduktion getäuscht wird
und die Künstler wirtschaftlich und ideell unter einem fast
an Unfug grenzenden Iurysystem zu leiden haben, das
deshalb auch erzieherisch so verfehlt wirkt, weil Auszeich-
nungen nur allzuhäufig nach ganz anderen, als absolut
künstlerischen Gesichtspunkten vorgenommen werden.
Auf der andern Seite muß aber zugegeben werden,
daß juryfreie Ausstellungen durch die Behebung dieser
Mängel auch sehr bedenkliche Nebenerscheinungen
zeitigen und gerade das Proletariat neben dem wahren
Künstler stärken werden. Doch hat die Zeit das Recht, zu
urteilen. Man sorge nur dafür, daß es wirklich ein Ur-
teil der Zeit sei, und daß die Möglichkeit bestehe, dies
Urteil zu kontrollieren. Die Vorschläge, die ich in
dieser Hinsicht gemacht habe, möchte ich hier nicht wieder-
holen. Ich wollte nur damit andeuten, daß der Schwer-
punkt eines deutschen Künstlerverbandes notwendiger-
weise nicht in der Veranstaltung juryfreier Ausstellungen und