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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 8.1908/​1909

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Heft 29 (19. April 1909)
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Kaufmann, Hugo: Die griechischen Stempelschneider und die Münztechnik "von heute"
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https://doi.org/10.11588/diglit.52076#0405

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Die Werkstatt der Kunst
Organ für ctie Interessen äer bilckencten Künstler

l^eäaktem: ^ritz tzellwag.

VIII. ^sabrg. k)ekt 29. « 19. April 1909.


Oie griecbitcben Stempetscbneicter unck ctie Mimztecbnik „von beute"


Seit einer Reihe von fahren bemüht sich bei
nns eine Anzahl von Medailleuren, den Anschluß an
die Technik der antiken Münz- und Gemmenkünstler
wieder zu gewinnen, deren einfache Mittel und die
mit ihr Hand in Hand gehende, vereinfachte Formen-
gebung stets eine große Wirkung erzielt hatten.
Die Stempel der Münzen in der griechischen und
römischen Antike waren fast durchweg in der Art
der Gemmen, durch Schnitt in Metall hergestellt,
gegensätzlich zum erhabenen, also im vertieften Relief,
welches sich zu der mit ihr herzustellenden Prägung
etwa wie das photographische Negativ zu seinem
Abzug verhält. Zwischen Revers- und Aversstcmpcl
wurde das entsprechend ab-
gewogene und zugeschnittene
Metallplättchen gelegt und durch
einen Schlag auf den oben be-
findlichen Stempel wurde die
Münze geprägt, deren Rand
dabei im Gegensatz zum moder-
nen Geldstück in unregelmäßiger
weise, wie beim Siegelabdruck,
über die Darstellungsfläche hin-
ausquellen mußte. Diese Zu
fälligkeit, vereint mit der, bei feder dieser Hand-
prägungen natürlicher weise eintretendcn Ver-
schiebung der Darstellung im gegebenen Raum,
geben diesen Münzen einen besonderen Reiz neben
ihrer großartigen Rcliefwirkung. Mit dem Ende der
römischen Staatsform und dem Ansklingen der
Antike nehmen nun mehr und mehr die Münzen
schematisch festgesetzte Formen an. Man beginnt
mehr wert auf Gleichheit des Umfangs und des
Gewichts zu legen, an Stelle der antiken Münze
entsteht das „Geldstück". Die Prägepressen werden
vervollkommnet und heute verlangen es unsere kapi-
talistischen Einrichtungen, daß fcde Geldmünze in
Material, Gewicht und Aussehen genaues! wie die
andere in den Verkehr gelangt.
Der heutige Geldvcrkehr bringt ferner das Zu-
sammenfassen der einzelnen Münzen in Nollen und hier-
mit ist auck? sowohl die beschränkte Höhe des Münzreliefs
gegeben als auch die exakte Gleichmäßigkeitdes Umfangs
verlangt. Man bedient sich des Prägeringes, der die
beiden Münzstempel während der Prägung umfaßt,
zur Herstellung der meist angewandten Rreisform;
ein Ueberquellcn des Metalles im Stempel ist
damit vermieden. Dieser so erreichten Regelmäßigkeit
von Form und Gewicht gesellt sich natürlich auch

das Verlangen einer absoluten Rlarheit der Darstellung
auf der Münze. Hierzu reicht oft die Funktion des
Auges und die Fertigkeit der Hand nicht mehr aus
und es wird als ein Hilfsmittel die Reliefverkleinerungs-
maschine verwendet, die auf das System des Storch-
schnabels gegründet, eine Reduktion des Reliefs direkt
in ein der Größe der Münze entsprechendes Stahl-
stück bewerkstelligt. Von diesem verkleinerten positiven
Relief wird dann durch Senken desselben in ein
anderes Stahlstück erst der eigentliche Stempel her-
gestellt. Selbstverständlich haben die von derartig
hergestcllten Stempeln ausgeführten Prägungen ein
anderes Aussehen als jene, mittels des antiken
Prägeverfahrens hergestellten
Münzen.
Die Rcliefverkleinerungs-
maschine, die bei ihrer heutigen
Vollendung jedes Detail des
Modelles übernimmt, verführt
leicht zu kleinlicher Darstellungs-
weise. Sie wird infolgedessen
vielfach als ein dem Stil der
Münze und Medaille zuwider-
wirkendes Hilfsmittel angefoch-
ten, während sie doch zweifelsohne eine Er-
leichterung bedeutet, unter der Voraussetzung, daß
der Medailleur sie richtig zu handhaben ver-
steht. Zu diesen Vorbedingungen gehört, daß er
sich auf knappe großzügige Darstellung beschränkt,
daß er die Details, die in der starken Verkleinerung
stören würden, wegläßt; mit einem Worte, daß das
zu verkleinernde (Original der Münze oder Medaille
in der künftigen Wirkung gedacht ist. Die Bismarck-
medaille von Hildebrand in ihrer großzügigen, der
Antike nahekommenden Wirkung, die mittels der
mechanischen Reproduktion hergcstellt ist, rechtfertigt
glänzend diese Art der Herstellung. Die richtige
Handhabung der Reduktionsmaschine verlangt ebenso-
wohl einen Meister des Reliefs, als der direkte Tief-
schnitt nur durch den geübten Stempelschneider her-
gestellt werden kann, dem aber bei den heute ver-
langten verschiedenen Größenabstufungen der Münzen
die Funktionen von Auge und Hand Beschränkungen
in der Darstellung auferlegcn.
Es stehen sich hier, wie so häufig in unserer
Zeit der Technik, Maschine und Hand feindselig
gegenüber. Diese hat den Stil der Tradition für
sich, während sich jene erst ihre ästhetische Ausdrucks-
weise suchen muß. Als ein Ergebnis unserer modernen
 
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