Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

DOI Heft:
Heft 21
DOI Artikel:
Kieser, Emil: Die Bekehrung des Paulus bei Rubens
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0681

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Abb. 3. Rubens Zeichnung zur Bekehrung Pauli
Paris, Louvre
ein Bild aus anderem Stoffkreis, dessen formales Thema aber gleichlautet: Zu-
sammenprall von Mensch und Pferd mit einer höheren Gewalt, dem pracht-
vollen »Tod des Hippolytos« (Abb. 2). Ihn weist Oldenbourg (P. P. Rubens,
S. 79) mit Recht jener Gruppe von Bildern aus den Jahren 160g—11 zu, die
einen ersten entschiedenen Durchbruch des Barock manifestieren. Mit ihnen
teilt er das Übermächtige und Herbe der Formen und der Empfindung, das
Kühne und ausgesprochen Geniale des einmaligen großen Wurfs. In dem in-
zwischen errungenen, sehr viel geschmeidigeren, lockereren und auch reicheren
Stil erfolgt nun die Umarbeitung vom »Hippolytos« zum »Paulus«. Energisch
wird auf Tiefenwirkung ausgegangen, von Paulus bis zu Christus geht es
schraubenartig hinein und hinauf, ausschlagend wühlen die Pferde der Neben-
figuren den Raum auf, dazu eine heftige, irreguläre Lichtführung, kein Zwei-
fel, daß da neue Kräfte am Werk sind. Jedoch die Umschmelzung ist nicht
völlig befriedigend gelungen, die sich kontrastierenden Nebenfiguren wirken
leise artistisch und die Pferde, die die Hauptträger derartiger Kompositionen
sind, deren einmal gefundene Prachtbewegungen immer wieder in neue Zu-
sammenhänge aufgenommen werden1, drängen sich hier so sehr vor, daß die
Evidenz der Erzählung leidet. Paulus und seine Beziehungen zu Christus
kommen entschieden zu kurz und bei der Rückenlage, in der Paulus erscheint,
konnte auch seinem Gesichtsausdruck nur ein heftiges Erschrecken abgewonnen
werden. Daß ein solches jähes Rücklingsstürzen hierher nicht gehöre, ist schon
in einem nächsten Versuch, der Louvrezeichnung (Abb. 5), erkannt. Das
Pferd des Paulus ist hier nicht niederbrechend, sondern steigend genommen
und mit den beiden Begleitenden zu einer auf schmaler Basis prachtvoll empor-
gehenden Gruppe vereinigt. Wieder liegt das Hauptinteresse auf der wilden
Bewegung der Pferde und es bleibt mißlich, daß der Kopf des Paulus in so be-
denkliche Nähe der ausschlagenden Pferdebeine gerät und daß nicht abzusehen
1 Fast jede der Hauptbewegungen der Pferde der Paulusbilder kann man gleich in drei
oder vier anderen Bildern dieser Epoche wiederfinden.

6 57
 
Annotationen