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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Sammler und Markt
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SAMMLER UND MARKT

NEUERWERBUNGEN AMERIKANISCHER
SAMMLER
In den letzten Monaten sind eine ganze Reihe
bedeutender Kunstwerke in amerikanischen
Privatbesitz übergegangen, ohne daß das so be-
kannt geworden wäre Avie der Millionenankauf
von Thomas Lawrences Mädchenbild „Pinkie“
für die Huntington-Sammlung in Kalifornien,
wo es nun neben dem blauen J ungen des Gains-
borough hängt, einst dem Stolz der Galerie
des Herzogs von Westminster. Neben die in
den letzten , Jahrzehnten meist genannten
Sammlungen, die Frick, Lehmann, Havemeyer,
Goldman, Sachs, Kahn — die Sammlungen
Widener und Gardner haben ja schon längst
Museumscharakter — treten als neuere Namen
Colonel Michel Friedsam in New York, Jules
Rache, ebenda, Clarence I I. Mackay in Roslyn,
Long Island. Das Bildnis Raffaels — das ist
jedenfalls der meist genannte Name, wenn auch
die Zuschreibung nicht über allem ZAveifel
steht —, das öfter als Bildnis aus der Familie
Montefeltre bezeichnet wurde, ist nun von
Jacob Epstein in Baltimore erworben worden.
Die Verwaltung des.Hauses Frick, der der ver-
storbene Sammler ein großes Kapital für die
Ausgestaltung seines Besitzes hinterlassen hat,
kaufte das Dogenbildnis des Andrea Vendra-
min von Gentile Bellini, 1/476 datiert: einst
hing es in einer englischen Privatsammlung
neben dem Bildnis, das der jüngere Bruder,
Giovanni Bellini, von dem Dogen Leonardo
Loredano malte, und das nun eine Zierde der
Londoner Nationalgalerie ist. Georg Gronau
machte im Burlington Magazine noch ein bis-
her unbekanntes Bildnis eines venezianischen
Senators von Gentile, dem seltensten der Künst-
lerfamilie, bekannt, das in einer amerikani-
schen Privatsammlung aufgetaucht ist. Otto
H. Kahn hat ein Bild des großen Andrea Man-
tegna erworben. Rubens Bildnis seines Sohnes
Nicolaus kam zu Max Epstein nach Chicago,
und die glänzende Komposition van Dycks „Ri-
naldo und Armida“, einst beim Herzog von
Newcastle, zu Jacob Epstein. Zwei der stol-
zen Spätwerke Rembrandts wurden in den letz-
ten Monaten in New York verkauft: die Lu-
cretia von 1666 erwarb Ilerschel W. Jones in
Minneapolis, seinen „Christus mit dem Pil-
gerstabe“ aus dein Jahre 1661, kaufte Bache,
der auch Rembrandts Fahnenträger, früher
bei Gould, erAvarb. AndreAv Mellon in Pitts-
burgh kaufte das Frauenbildnis des Delfter
Vermeer mit dem roten Hut. Max Epstein er-
Avarb von Velasquez das Bildnis der Isabella,

der ersten Gemahlin seines Königs Philipp IV.,
dem Vorzüge vor dem Wiener Exemplar die-
ses Porträts nachgerühmt Averden. Die Frick-
Sammlung erweiterte sicli durch Ingres’ Bild-
nis der Komtesse d’Haussonville. Und von
neueren Erwerbungen seien wenigstens van
Goghs eine Fassung seiner Arlesierin genannt,
die Adolph Lewisohn in New York kaufte, und
Cezannes Mann in Blau, der zu A. C. Goodyear
nach Buffalo kam. Von den Sammlern ost-
asiatischer Kunst erAvarben Charles P. Taft in
Cincinnati und John L. Severance in Cleve-
land hervorragende Stücke von Kanghsi-Por-
zellan. Mackay kaufte die Folge französischer
Bildwirkereien des ausgehenden i5. Jahrhun-
derts mit Darstellungen aus dem Landleben,
und. eine von Boucher signierte und 1761 da-
tierte Tapisserie „Die Genien der Künste“ kam
nach Ohio in eine Privatsammlung. Man darf
sagen, daß diesen amerikanischen Kunsterwer-
bungen des Jahres 1927, denen noch die Mu-
seumsankäufe Avie die Ehebrecherin Rem-
brandts und das Herzogsbildnis Tizians für
Detroit u. a. an die Seite treten, kaum in einem
früheren Jahre an Umfang und Wert ihres
gleichen halten. R
MÜNCHEN
Am 17. und 18. Januar findet Lei Hugo Hel-
bing eine Versteigerung von Antiquitäten und
alten Gemälden aus deutschem und ausländi-
schem Besitz statt. Der Katalog beginnt mit
Keramiken und Gläsern, daran schließen sich
Silbergegenstände, darunter Gefäße der Spät-
renaissance, jüdische Kultgegenstände des 18.
Jahrhunderts, Girandolen und Tafelaufsätze
der Empire. Ein spätgotischer Bronzemörser,
eine Sammlung von Zinngeräten, Arbeiten in
Messing, Bronze und Kupfer, orientalische
Waffen und Knüpfteppiche, Pointbezüge, ge-
Avirklc und gestrickte Decken, chinesische Ke-
ramiken und Bronzen des 17. und 18. Jahr-
hunderts leiten über zu den Möbeln, unter
denen ein spanischer eingelegter Kabinett-
schrank der Spätrenaissance, Barockschränke,
Rokoko- undLouis-XVI.-Möbel besondereAuf-
merksamkeit verdienen. Eine Louis-XVI.-
Bronze-Wanduhr, Girandolen, Rahmen, Spie-
gel, kleine Kabinettschränke ergänzen diese
Bestände. Unter den zahlreichen Gemälden der
deutschen, flämischen und italienischen Schu-
len befinden sich gesicherte, zum Teil signierte
Werke von Beschey, Castiglione, Everdingen,
Grimou, Ileem, Iluclitenburg, Kessel, Lys,
Molenaer, Vos u. a. m. Aus dem Kreise IJer-

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