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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 15
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Freund, Frank E. Washburn: Von den amerikanischen Museen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0527
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VON DEN AMERIKANISCHEN MUSEEN
VON FRANK E. WASHBÜRN FREUND
Unter den amerikanischen Sammlungen, die sich vornehmlich die Pflege der
modernen Kunst zur Aufgabe gemacht haben, steht das Museum in Newark
(New Jersey) unter der Leitung des Mr. Dana an erster Stelle. Es hat in der
vergangenen Saison u. a. eine Ausstellung moderner Künstler veranstaltet, die in
vielleicht mustergültigerWeise die ewige Frage, ob eine juryfreie oder zensurierte
Ausstellung vorzuziehen sei, dadurch zu lösen versuchte, daß es auf Grundlage
sorgfältiger Erkundigungen eine Anzahl noch ziemlich unbekannter, aber viel-
versprechender Künstler aus verschiedenen Städten zum Ausstellen aufforderte
und auf diese Weise eine wirklich lebendige und anregende, für Aussteller wie
Besucher gleich wertvolle Ausstellung zustande brachte.
Auch das Brooklyn-Museum unter Dr.Foxs Leitung trat eifrig für die moderne
Kunst ein. Es stellte seine neuen schönen Galerien sogar der Societe Anonyme der
Miß Dreier gastfrei zur Verfügung, so daß die Vertreter der verschiedensten Rich-
tungen aus aller Herren Länder ungehindert zu Worte kommen konnten.
Großen Mut bewies auch der seit einiger Zeit als Direktor des Museums in
D enver tätige deutsche Bildhauer A. Roennebeck, der auf seinem etwas ex-
ponierten Posten den Ehrgeiz hat, ein wahres Kulturzentrum zu schaffen. Er
veranstaltete eine Reihe unter sich logisch verbundener Ausstellungen, wie die
indianischer und moderner Kunst, und wußte die nötigen Mittel aufzubringen,
um Maillols »Sommer« für sein Museum anzukaufen.
Eine der wichtigsten Funktionen im Kunstleben der Vereinigten Staaten hat
die nur halböffentliche Phillips Memorial Gallery in Washington auf
sich genommen.
Mr. Duncan Phillips, ihr Direktor und unumschränkter Herrscher, den kein
»board of directors« in seinen Entscheidungen hindert und der daher kurz ent-
schlossen zugreifen kann, wenn sich ihm die Gelegenheit eines guten Kaufes
bietet, hat soeben (bei E. Weyhe, New York) ein Geleitbuch — keinen
eigentlichen Katalog — durch seine Galerie herausgegeben. Es ist textlich und
bildlich eine Art Glaubensbekenntnis und verrät eine seltene und bedeutende
Persönlichkeit.
Die diesen Artikel begleitenden Illustrationen demonstrieren bildlich, daß Mr.
Phillips in seiner »werdenden Galerie«, wie er sie nennt, abreißenden Zusam-
menhang wahrhaft lebendiger Kunst in alter wie neuer Zeit sucht, um damit
künstlerisch und seelisch anzuregen.
Was Mr. Phillips in verhältnismäßig wenigen Jahren an bedeutenden Werken
zusammenbrachte, ist gleich erstaunlich und bewunderungswert. Das berühm-
teste Werk seiner Galerie ist Renoirs »Dejeuner des Canotiers«; das ge-
waltigste »Der Aufstand« von Daumier, dem Mr. Phillips besondere Liebe
und Verehrung gilt, und von dem er eine ganze Anzahl von Gemälden besitzt.
Corots köstliches Frauenporträt sei noch besonders hervorgehoben.
Mit Recht und wohl auch aus einem schönen Pflichtgefühl heraus betont Mr.
Phillips in seiner Sammlung ebenfalls die neuere amerikanische Malerei. Um
dem Publikum »seine« Künstler und deren Werke näher zu bringen, hat er in
seinem Buche jedem eine kleine Abhandlung gewidmet und die von mir für

55 Der Cicerone, XX. Jahrg., Heft 15

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