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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 12
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Rundschau
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RUNDSCHAU

RÖMISCHE SAMMLUNGEN
Das Thermenmuseum hat durch die Eröffnung
von nahezu zwanzig neuen Sälen und Kabi-
netten eine ganz bedeutende Erweiterung er-
fahren. Man hat den so gewonnenen Raum in
der Hauptsache dazu benutzt, die vorhandenen
Werke günstiger aufzustellen. So ist ein Saal
im Erdgeschoß des Südflügels des Kloster-
hofs allein den Resten der Ara Pacis gewid-
met. Ferner sind eine Reihe sehr wichtiger
Stücke, darunter der im Tiber gefundene
Apollo, die bisher in dem ersten kleinen Raum
des oberen Stockwerks ziemlich zusammenge-
drängt standen, über mehrere Säle verteilt
worden, wobei besonders der Apollo, der jetzt
frei in der Mitte eines großen Saals steht, zu
starker Wirkung kommt. Das kleine Kabinett
für die ßronzestatuen ist durch einen geräu-
migen Saal ersetzt worden. Besonders zu be-
grüßen ist es, daß man zwei Kabinette, die
antike Kleinkunst enthielten, aus dem Erdge-
schoß nach dem Antiquarium verlegt und da-
durch Platz für eine einwandfreie Aufstellung
des Torsos von Subiaco, der Venus vonKyrene
und des Niobiden, deren jeder jetzt einen eige-
nen Raum einnimmt, gewonnen hat. Die Tö-
nung des Wandanstrichs stimmt gut mit dem
Charakter der in den betreffenden Sälen aus-
gestellten Werke zusammen. Alles in allem
eine Tat, für die man der Leitung des Ther-
menmuseums dankbar sein muß.
Der Graf Contini, dessen Name als Sammler
auch in Deutschland gut bekannt ist, hat die
Gemächer Pauls III. in der Engelsburg mit
einer Schenkung von seltener Großzügigkeit
bedacht. Er hat einen großen Saal und sechs
kleinere Zimmer mit Mobiliar der Renaissance
und einer Reihe von Gemälden ausgestattet.
Unter den Gemälden sei hier nur ein gut be-
zeugtes Bild von Signorelli (Madonna mit vier
Heiligen) hervorgehoben, ferner mögen die
Namen Ercole Grandi, Alunno, Dosso Dossi,
Savoldo, Poussin und G. M. Crespi genannt
werden. Von den Plastiken verdienen eine Nic-
colö dell’Arca genannte Pieta und eine sehr
merkwürdige Grablegung mit vielen Figuren,
die man der veronesischen Schule des 13. Jahr-
hunderts zuschreibt, besondere Beachtung.
Auf das ausgezeichnete Mobiliar, die Majoli-
ken und das sonstige Kunstgewerbe hinzuwei-
sen, ist hier leider kein Raum.
In dem seit langen Jahren im Bau befindli-
chen Erweiterungsbau der Villa Giulia sind
nunmehr drei Säle zugänglich gemacht wor-

den, von denen der eine Kleinbronzen und die
beiden andern griechische Vasen enthalten.
Schließlich ist noch anzumerken, daß die
Missionsausstellung, die während des Jubi-
läumsjahres in den vatikanischen Gärten statt-
fand, nunmehr im ersten und zweiten Ge-
schoß des Lateranpalastes einen dauernden
Platz gefunden hat. Es ist damit ein nicht un-
bedeutendes ethnographisches Museum ent-
standen, das einzige, das bis jetzt in Rom exi-
stiert. Bedauerlicherweise leidet die Samm-
lung unter einer vollkommen unsachgemäßen
Auswahl der einzelnen Objekte. Wenn hier
aber einmal das Gute vom Schlechten geson-
dert wird, kann noch eine schöne und brauch-
bare Schöpfung entstehen. Dankbar begrüßt
man, daß nunmehr Gelegenheit gegeben ist,
die für die Zeit Sixtus V. so charakteristische
Ausmalung des Piano Nobile des Palastes zu
sehen.
In der Villa d’Este in Tivoli, deren Restaura-
tion in den letzten Jahren ausgezeichnete Fort-
schritte gemacht hat, hat man im oberen Stock-
werk ein Museum italienischer Volkskunst, das
sich in der Hauptsache aus den Beständen der
Sammlung Loria zusammensetzt, begründet.
Bis jetzt ist allerdings die Zahl der eröffneten
Säle und der darin ausgestellten Gegenstände
noch gering. L. S.
DIE SAMMLUNG KRÖLLER
Die berühmte Kunstsammlung der Frau II.
Kröller-Müllcr im Haag ist als Gesamtheit vom
holländischen Staat erworben worden. Damit
geht die wichtigste Sammlung neuerer Kunst,
die in unserer Zeit in Holland entstanden ist,
in Staatsbesitz ebenso über wie die für die
vorige Generation maßgebende Sammlung des
Landschafters Mesdag im Haag. Frau Kröller
hat in ihrem Hause in der Langen Voorhout
einen Besitz vereinigt, der von Anfang an lehr-
haft zugeschnitten war, und sie hat von alten
Meistern an bis zu den abstrakten Werken un-
serer Zeit, mit Ausblicken auch auf die Kunst
des Ostens, Werke vereinigt, die besonders für
van Gogh und Picasso schmerzlich empfun-
dene Lücken des öffentlichen Kunstbesitzes
Hollands füllen. Die alte deutsche Kunst ist
in ihrem Hause mit einer großen Venus von
Hans Baidung, mit einem Bildnis des Kurfür-
sten Johann von Sachsen aus der Cranach-
Werkstatt vertreten — der deutschen Kunst
unserer Zeit gegenüber hat sich Frau Kröller
leider weniger zugewandt als der französi-

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