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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 14
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Kunst-Literatur
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KUNST-LITERATUR

MUSEUMSPUBLIKATIONEN
I.
Festschrift aus Anlaß des 5ojähri-
gen Bestehens desMuseumsvereins
und des S u e r m o n d t - M u s e u m s (1878
bis 1928). Aachener Kunstblätter,
Heft XIV. Im Aufträge des Vorstandes
herausgegeben von Museumsdirektor Dr.
Felix Kuetgens. Mit 4 Tafeln und 106
Abbildungen.
Die sonst in bescheidenem Umfang einmal
jährlich erscheinenden „Aachener Kunstblät-
ter“ sind heuer aus Anlaß des Jubiläums zu
einer imposanten Sonderveröffentlichung ge-
worden. Diese ist der Geschichte der Aachener
Museen und des Museumsvereins gewidmet
und enthält außerdem die üblichen Berichte
über die Tätigkeit der städtischen Museen und
des Museumsvereins. Alles schön und gut und
für die Aachener Bürger interessant. Aus der
Gegenüberstellung vom Früher und Heute er-
kennt man den eminenten Fortschritt, den das
Suermondt-Museum unter der Initiative sei-
nes gegenwärtigen Leiters im Hinblick auf die
völlige Neuordnung an sich erfahren hat.
Dennoch wäre über diese Dinge an dieser
Stelle kaum des breiteren zu sprechen, wenn
die Festschrift nicht durch zwei Aufsätze ihren
besonderen Wert für die Kunstwissenschaft
besäße. Ein sehr wertvoller Beitrag zur Ge-
schichte des rheinischen Sammelwesens ist die
vom Archivdirektor A. Iiuyskens verfaßte
Studie über die Aachener Gemäldesammlung
Bettendorf, die nicht wie diejenigen von Wal 1-
raf und Boisseree das Glück gehabt hat, in be-
kannten öffentlichen Museen weiterzuleben,
sondern deren Schicksal bis heute noch nicht
restlos klargestellt ist.
Wichtiger für uns ist der zweite Beitrag, der
etwa die Hälfte des ganzen Bandes für sich be-
ansprucht, die grundlegende Arbeit von Fe-
lix Kuetgens über Johann Baptist Jo-
seph Bastine, den 1906 auf der ersten
Jahrhundertausstellung zu Unrecht verges-
senen Aachener Porträtmaler, von dem die
letzt jährige Gedächtnisausstellung im Suer-
mondt-Museum über 70 Bilder vereinigen
konnte. Viele Abbildungen sind beigegeben.
Dieser 1783 in Löwen gebürtige Vlame kam
einundzwanzigjährig zu Jacques Louis David
und wurde hier der Schüler des berühmten
napoleonischen Hofmalers, dem neben den
großen Schinken der Historienmalerei Dut-
zende der besten Porträts aus dem Beginn des
19. Jahrhunderts in Europa gedankt werden.

Nicht dem „maitre des grandes maschines“,
sondern dem Maler der Mme. Recamier und
des Papst PiusVII. hat Bastine nachgeeifert
und auch der Einfluß seines drei Jahre älteren
Kollegen Ingres, der noch vor seinem Weg-
gang nach Rom (1800) das Bild der Mme. Ri-
viere gemalt, scheint in den Porträts Bastines
spürbar, den ein selbstgewähltes Schicksal
1811 in die auf blühende Industrie- und Bade-
stadt Aachen führte. Hier wurde er einer der
besten und reifsten Vertreter des rheinischen
Klassizismus und des Biedermeier und seine
kunstgeschichtliche Sendung ist nicht nur in
der Tatsache begründet, daß er der Lehrerund
Entdecker des jungen Rethel wurde, sondern
voll und ganz in seinen zum Teil höchst impo-
santen Einzel- und Gruppenbildern begründet,
in denen uns die Physiognomie des aufstei-
genden wohlhabenden Bürgertums höchst ein-
drucksvoll entgegentritt. Die Geschichte dieser
Persönlichkeit und ihres künstlerischen Wer-
kes hat Kuetgens mit breitem, lebendigem
Strich nachgezeichnet und diese Studie ist es,
die die „Festschrif t“ zu einer sehr beachtens-
werten Tatsache der neueren Kunstliteratur
stempelt.
II.
Meiste rwerke aus dem Provinzial-
MuseuminHannover. Im Auftrag des
Kunstvereins herausgegeben von Alexan-
der Dorner. 1927- Kunstverein Han-
nover E. V.
Auch diese Veröffentlichung verdankt ihre
Entstehung einem Jubiläum, und zwar dem
76 jährigen Bestehen des Museums der Pro-
vinz Hannover, das im Spätherbst letzten Jah-
res gefeiert werden konnte. Sie ist möglich
geworden durch die von A. Dorner vorbild-
lich durchgeführte Neuordnung der Kunst-
sammlungen, die 1923 begonnen undnachdrei
Jahren beendet wurde, nachdem die Stadt ihre
schöne moderne Galerie als Leihgabe dem
Provinzialmuseum zur Verfügung gestellt und
das Übereinkommen mit dem Gesamthaus
Braunschweig-Lüneburg durchgeführt worden
war.
In diesen wenigen Jahren hat Hannover ein
Kunstmuseum erhalten, das heute mit zu den
besten in Deutschland zählt. Es umschließt
einen Besitz europäischer Kunst, der rund
1000 Jahre repräsentiert. Wundervoll ist hier
vor allem die früheste Kunst Niedersachsens
vertreten („Die goldene Tafel“ aus Lüneburg
u. a.), und Dorner hat sein Sammelprogramm

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