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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 11
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Sammler und Markt
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SAMMLER UND MARKT

VOM AMERIKANISCHEN MARKT
Der kürzlich erfolgte Ankauf der „Madonna
mit Kind“ von Raffael aus der Sammlung
der Lady Desborough durch Sir Joseph Du-
veen hat in Amerika natürlich größtes Auf-
sehen erregt, zumal verkündet wurde, daß das
Bild im nächsten Herbst in New York öffent-
lich ausgestellt wird. Der Preis, der gezahlt
worden sein soll, das Äquivalent von fast
$ 900000, trug auch das seinige dazu bei, den
Kauf zu einer Riesensensation zu stempeln,
denn es ist wieder einmal ein „Rekord“ ge-
schlagen worden. Nachdem schon die erste
„Cowpermadonna“ — 19 *3 — durch die Ver-
mittlung Sir Josephs nach Amerika gekommen
— sie hängt jetzt in der Widenersammlung —
scheint es auch das Los der zweiten, aus dem
Jahre i5o8 stammenden, zu sein ihr Heim
in Amerika zu finden, denn es bestellt kaum
Aussicht, daß patriotisch gesinnte Kunstfreun-
de in England die Riesensumme werden auf-
bringen können, um das Werk für die Lon-
doner National Gallery zu retten, wiewohl Sir
Joseph sich bereit erklärt hat, es dieser zum
Ankaufspreis zu überlassen. War doch seiner-
zeit auch Rembrandts „Mühle“ nicht für Eng-
land zu retten gewesen.
Neben diesem Raffaelbilde dürften wohl die
Hauptwerke der großen, soeben in Europa,
vor allem in London und Rerlin stattgehabten
Versteigerungen während der nächsten Saison
auf dem hiesigen Markt erscheinen. Der be-
deutenden Gesichte wird es also genug geben.
Mittlerweile ist der eine Rembrandt „Mann,
sich die Rüstung anlegend“, der hier auf der
Versteigerung Gary von der bekannten Firma
John Levy eingesteigert worden war, an den
Sammler Frederick Rrown verkauft Avorden.
Diese Firma ist es, die vor kurzem erst den
in Deutschland neu entdeckten „Mann in Rü-
stung“ von van Dyck erworben hat. (Abb. im
Cic. 1928, Seite 189.) F
AMSTERDAM
Eine eigenartige, aber in ihrer Art bedeut-
same Versteigerung findet unter der Direk-
tion von Ant. W. M. Mensing am 20. Juni
bei Frederik Müller & Co. statt, auf die
in erster Linie alle Freunde der Innenarchi-
tektur und der dekorativen Kunst des 18. Jahr-
hunderts aufmerksam gemacht seien. Es han-
delt sich im einzelnen um einen Marmorka-
min von R. u. J. de Wilde, um Decken so-
wie Supraportenmalereien von Jacob de Wit
586

aus einem Patrizierhaus an der Heerengracht;
um ähnliche dekorative Arbeiten von Bloe-
maert I., J. de Moucheron, J. L. Augustini,
Verkolje, J. Voorhout u. a., ferner um 10 de-
korative Panneaux in Bister und Grisaille von
J. de Wit aus der Fransche ICerk in Amster-
dam und um Supraporten aus einem Hotel an
der Heerengracht aus dem Jahre 1772. Der
Katalog verzeichnet 19 Nummern, unter de-
nen aber eine Mehrzahl von Objekten zusam-
mengefaßt ist. Eine seltene Sammlung von ge-
schlossenem Charakter. G
DIE SAMMLUNG HOLFORD
Bei Christie Manson u. Woods, London,
fand am 17. und 18. Mai die Versteigerung
des letzten Teils der Iiolford Bilder statt,
die eine Gesamtsumme von rund 417000 £ er-
brachte. Der Andrang, sowohl zur Vorbesichti-
gung als auch zur Versteigerung, Avar enorm.
Der internationale Handel war der Hauptak-
teur bei dem Schauspiel, bei dem die Mu-
seumsdirektoren der alten und neuen Welt le-
diglich die Rolle des Zuschauers übernahmen.
Da ein wesentlicher Teil der Bilder auch von
den größeren europäischen Händlern erAvor-
ben Avurde, besteht die Hoffnung, daß hier-
von einiges auch in die Privatsammlungen des
alten Kontinents zurückfinden Avird. Eine Li-
ste sämtlicher Preise veröffentlichen die Ver-
steigerungsergebnisse dieses Heftes. G
DIE TEPPICHSAMMLUNG AGAY
Das Frankfurter Kunstgewerbemuseum zeigt
frühe Perserteppiche aus der Privatsammlung
des Frankfurter Kunsthändlers Joseph Agay.
Aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist
der Schah-Abbas-Teppich, dessen blaue innere
Fläche von blaßrotem, arabeskenhaftem Ran-
kemverk durchzogen ist. Auch der „Vasentep-
pich“, der seinen Namen von dem eingeweb-
ten Vasenmustern bezog, stammt aus der Sa-
fiden-Epoche. Da aus dieser Teppichgattung
nur etAva zAvölf meist fragmentarische Stücke
bekannt sind, so bietet dieser in Paris ent-
deckte, ausgezeichnet erhaltene Teppich eine
Rarität. Sein guter Zustand läßt darauf schlie-
ßen, daß er nicht als Fußbekleidung auf dem
Boden einer persischen Moschee, sondern als
Vorhang einer Türe im Gotteshaus VerAven-
dung gefunden hatte. Seine Zeichnung zeigt
ein geometrisch fesselndes Spiel, vielgestaltig
bewegt und doch einheitlich durch die Wie-
derkehr derselben Motive und die absolute Flä-
 
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