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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 8
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Kunst-Literatur
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Heinrich Aldegrever
Aus der Versteigerung von Kupferstichen usw.
KUNST-LI
MARIE SCHIJETTE: GESTICKTE BILD-
TEPPICHE UND DECKEN DES MITTEL-
ALTERS. Bd.I: Die Klöster Wien-
hausen und Lüne. Das Lünebur gische
Museum. XIX und 66 Seiten Text. 62 Ta-
feln in Lichtdruck, davon 20 farbig. Verlag
von Karl Hiersemann. Leipzig 1927.
Die Veröffentlichung, die drei Bände vorsieht,
bringt auf breiter Basis die erste grundlegende
Bearbeitung eines der wichtigsten Gebiete mit-
telalterlichen Kunstfleißes, der Stickerei. Die
Methode Marie Schnettes gliedert den Stoff
nicht vorwiegend nach zeitlichen und stilisti-
schen Gesichtspunkten; die Verfasserin er-
schließt vorerst in dem vorliegenden Teil die
wesentlichsten Sammlungen Niedersachsens,
der Klöster Wienhausen und Lüne. Das Rück-
grat der Publikation bildet der mit äußerster
Gewissenhaftigkeit und gründlicher Sach-
kenntnis auf gestellte Katalog, dem mehr all-
gemein gehaltene kurze Besprechungen — Ge-
schichte der Klöster, Eigenart der Technik usw.
— vorauf gehen. Etwas störend tritt die Tat-
sache in Erscheinung — durch die Art des
Aufbaues bedingt —, daß die in Parallele ge^
stellten zeitgenössischen Stickereien — Braun-
schweiger Landesmuseum, Provinzialmuseum
zu Hannover u. a. a. Orten — vorerst keine
bildliche Wiedergabe erfahren, also eine noch-
malige Arbeit des Vergleichens — mit den noch
ausstehenden Teilen — erfordern.
Das Thema, mit hingebender Liebe behandelt,
erfährt eingehendste Bearbeitung; sowohl die
ikonographischen als auch die geschichtlichen
-— in erster Linie heraldischen —, technischen
und literarischen Momente und Quellen fin-
den aufschlußreiche Berücksichtigung.
Den Kern des Textilienschatzes von Wienhau-
sen bilden die wollgestickten großen Teppi-

Die tanzenden Kinder. B. 205
am 14./15. Mai bei Hollstein & Puppel, Berlin
TERATUR
che — Episoden aus der Tristansage, Prophe-
tendarstellungen, Jagdmotive, ein Specuhim
humanae salvationis in schier endlosen Bil-
dern, die seltsamen Geschehnisse des St. Tho-
mas in Indien, Motive aus dem Leben der hei-
ligen Frauen Anna und Elisabeth —, Arbeiten,
die eine Zeit von rund zwei Jahrhunderten
umspannen, die auf eine verschiedene — in
allen Fällen niedersächsische — Provenienz
deuten. Einzelheiten führen zu weit. Viel-
leicht hätte sich noch das eine oder andere auf-
schlußreiche Moment — wenigstens soweit die
späteren Stickereien in Frage kommen — durch
Vergleich mit den zeitgenössischen, allerdings
nur sehr spärlich erhaltenen Erzeugnissen der
Schwesterkunst, der Bildwirkerei, ergeben. Ein
gütiges Geschick ermöglichte — in der Berli-
ner Ausstellung Ilinrichsen — Lintpaintner
— auch weitesten Kreisen die Gegenüberstel-
lung des Schuetteschen Werkes mit den Wien-
häuser Originalen. Der Vergleich bestätigt voll
und ganz die Mustergültigkeit des Tafelappa-
rates. Die liebevolle Sorgfalt, die Professor
Fritz Goetz und seine Mitarbeiter den Repro-
duktionen angedeihen ließen, spricht sowohl!
aus den einfarbigen, wie namentlich auch aus
den farbigen Wiedergaben. Die Töne sind
durchweg vorzüglich getroffen, Detailaufnah-
men fördern in hohem Maße die Erkenntnis
der Technik, sie stellen zugleich die stilisti-
schen Eigenarten der mittelalterlichen Sticke-
rei Niedersachsens klar vor Augen.
Dieselben Feststellungen wie für die Gruppe
der W ienhäuser Wollstickereien gelten auch
für die übrigen, in dem vorliegenden Teil be-
arbeiteten und reproduzierten Teppiche, Dek-
ken und Tücher. Im Gegensatz zu den Monu-
menten von W'ienhausen entfaltet Kloster
Lüne den reichsten Schatz an frühen Weiß-

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