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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 16
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Rundschau
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Fra Evangelista da Reggio zugeschrieben, um 1480
König David. Aus einem Psalterium
Berlin, Kupferstichkabinett
RUNDSCHAU

DIE MINIATURENAUSSTELLUNG
IM RERLINER KUPFERSTICH-
KABINETT
Die Kunst der Miniaturen ist von jeher nur
eine Kunst für wenige gewesen. Kein. Wun-
der, daß die Miniaturen der mittelalterlichen
Handschriften weit weniger bekannt und wis-
senschaftlich durchforscht sind als etwa die
gleichzeitigen Architekturen. Und doch müßte
die Geschichte der mittelalterlichen Malerei
hauptsächlich auf diesen Bilderhandschrif-
ten auf gebaut sein, denn ihr Vorzug vor
den viel restaurierten Werken der Wandmale-
rei und der Tafelmalerei besteht gerade dar-
in, daß sie ihre alte Farbigkeit aufs reinste be-
wahrt haben. Sie sind also als Quelle für die
mittelalterliche Malerei von unschätzbarem
Wert.
Das Berliner Kupferstichkabinett zeigt in einer
lehrreichen Ausstellung seinen Besitz an Mi-
niaturen. In mehreren Schaukäs ten is t. der Be-
stand an Bilderhandschriften vom 11. bis iG.
Jahrhundert, die als Ganzes nach Berlin ge-
kommen sind, und an den Wänden sind die
Einzelblätter, meistens Bilderreste solcher
Handschriften nach den Ländern ihrer Ent-
stehung geordnet, ausgestellt.
An Fülle und Reichtum dieses mittelalterli-
chen Besitzes kann sich Berlin mit den gro-

ßen Sammlungen wie Paris, London, Rom,
Florenz, München und Brüssel nicht messen.
Ungünstig ist ferner der Umstand, daß die
Berliner Bestände an Miniaturenhandschriften
zwischen dem Kupferstichkabinett und der
Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek
geteilt und dadurch viel unübersichtlicher
sind als anderwärts. Was das Kupferstichka-
binett zeigen kann, ist nicht sehr viel, dafür
aber vieles von besonders hoher Qualität.
Die frühesten der ausgestellten Werke gehö-
ren der deutschen romanischen Kunst an. Von
vollständig erhaltenen Handschriften ist das
Evangeliar, das in der ersten Hälfte des 11 .Jahr-
hunderts in Hildesheim entstanden ist (Abb.
S. 5/|o) und das Evangeliar aus dem W estfäli-
schen Kloster Abdinghof, ein Werk der rhei-
nischen Kunst des 11. Jahrhunderts zu nen-
nen. Ferner ein Evangelistar, das wahrschein-
lich der Sachsenkaiser Heinrich IV. besaß, eine
Handschrift, die die Reichenauer Kloster-
schule in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhun-
derts reich mit Miniaturen geschmückt hat.
Leider hat das Titelblatt sehr gelitten, so daß
man das Gesicht des Königs nicht mehr recht
erkennen kann. Unter den weiteren 23 Bil-
dern dieser Handschrift befinden sich mei-
stenteils biblische Szenen. Aus dem 12. und
i3. Jahrhundert, die an Denkmälern der Mi-

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