Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:
Henry, Françoise: Ein neuentdecktes Selbstbildnis des jungen Dürers
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0183
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
EIN NEUENTDECKTES SELBSTBILDNIS DES
JUNGEN DÜRER von f henry

Herzog Philipp II. von Pommern, ein eifriger Kunstsammler, hatte schließlich,
als seine reichen Kunstschätze in dem weitläufigen Schlosse zu Stettin, auf viele
Räume verteilt, eine geordnetere Aufstellung erheischten, einen neuen Flügel
anbauen lassen. Aber nur wenige Jahre sollte er sich seines »Museums« er-
freuen- er starb noch nicht 45 Jahre alt. —- Heute ist der Bau der unansehn-
lichste Teil des ganzen Schlosses- besonders zeigt die Straßenseite nur eine
lange öde Wandfläche. Auf der Hofseite besteht außer einem Volutengiebel
der einzige Schmuck aus einem Sandsteinrelief mit den Brustbildern Philipps II.
und seines Bruders und Nachfolgers Franz. Philipp starb 1618 und sein Bruder
folgte ihm zwei Jahre später im Tode nach. Als der nächstälteste und einzig
übriggebliebene von sechs Brüdern, Bogislaw XIV. im Jahre 1637 die Augen
schloß, da erlosch mit ihm das alte Fürstengeschlecht der Greifen. Nur ein
Schwestersohn, der Herzog Ernst Bogislaw zu Croy war noch am Leben- er
nahm den Bischofssitz zu Cammin ein und resignierte zugunsten von Branden-
burg. Durch persönliche Freundschaft mit dem Großen Kurfürsten eng ver-
bunden, vermachte er diesem einen Teil der Kunstschätze, die er aus dem Nach-
laß des Oheims Philipp geerbt hatte, unter anderen den Pommerschen Kunst-
schrank, der jeden Besucher des Kunstgewerbemuseums in Berlin durch seinen
unglaublich reichen und musterhaft gearbeiteten Inhalt in Staunen versetzt.
Ein anderes, nicht minder wertvolles Kunstwerk ist im Besitz der Universität
Greifswald; es ist das eine Haute-Lisse-Tapete, der Croyteppich, auf dem mehr
als zwanzig Mitglieder des Pommerschen Herzoghauses sowie Dr. Martin Luther
nach zuverlässigen, meist von den beiden Cranachs geschaffenen Porträts ein-
gewebt sind. Als Vorbilder haben dem Verfertiger des Teppichs mehrere Öl-
skizzen gedient, die sich in einem Bande befinden, von dem weiter unten die
Rede sein wird. Und ein drittes Stück sei noch erwähnt, ein kostbares Schwert,
das Bogislaw X. vom Papste Alexander V. erhielt, als er im Jahre 1498 auf der
Rückkehr von einer Wallfahrt nach Jerusalem den Papst in Rom besuchte.
Das Schwert befindet sich im Hohenzollern-Museum. Freilich besitzt auch die
Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde in ihrem Mu-
seum zu Stettin manches wertvolle Stück, das sich einst in Herzog Philipps
Sammlungen befand, doch das meiste ist verschollen.
Philipp Hainhofer, der Mann, der im Jahre 1617 persönlich den erwähnten
Kunstschrank, zu dessen Herstellung sich die ersten Künstler und Kunsthand-
werker Augsburgs vereinigt hatten, dem Herzog überbrachte, hat in seinem
Reisetagebuch, das die genannte Gesellschaft besitzt, ausführlich über die her-
zoglichen Kunstschätze berichtet. Und dabei erwähnt er auch vier Bücher, die
der Herzog eigenhändig mit Kunstblättern aller Art gefüllt, die er auf die
leeren Seiten aufgeklebt habe. Auch sie waren verschollen und sind es bis auf
eines heute noch.
Es war im Jahre 1888, als einer dieser Bände wieder zum Vorschein kam. Er
war damals im Besitz des Bürgermeisters von Kämpen, einem holländischen
Städtchen im Distrikt Overyssel, eines Herrn de la Sabloniere. bald darauf
kam er zum öffentlichen Verkauf und endlich gelang es dem Geh. Kommerzien-

12 Der Cicerone, XX. Jahrg., Heft 5

155
 
Annotationen