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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 17
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Waldmann, Emil: Die altsumerischen Funde aus Ur
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0593
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DIE ALTSUMERISCHEN FUNDE AUS UR

VON EMIL WALDMANN
Im Britischen Museum in London wurde am 23. Juni die Ausstellung der
neuesten Funde aus Ur in Chaldaea, im südlichen Mesopotamien gelegen, er-
öffnet. Sie dauert bis zum 15. September^ dann wird ein Teil des Fundes an
die Universität Pennsylvania abgeliefert, die gemeinschaftlich mit den Eng-
ländern vom British Museum, unter Leonard Woolley, die Ausgrabung ver-
anstaltet hat.
Was hier, in den Jahren 1927 und 1928, ans Licht kam, bedeutet eine der
größten archäologischen Entdeckungen seit den Ausgrabungen auf Kreta vor
einem Viertel]ahrhundert. Eine bisher so gut wie unbekannte Kultur trat hier
zutage, eine Kultur von sehr hoher Entwicklung und großer Festigkeit. Und:
sehr vorsichtig gerechnet, ein halbes Jahrtausend noch älter als die älteste
ägyptische Dynastie. Soviel kann man heute schon, ehe die Orientalisten alles
verarbeitet haben, sagen, daß die mesopotamische Kultur, die Kultur der Alt-
Sumerer, älter ist als die ägyptische.
An den Datierungen sind Zweifel nicht möglich. Einige Inschriften in Silben-
schrift (ohne Reste von Bilderschrift und mit nur wenigen Resten von Ideo-
grammschrift) gehören, inhaltlich wie philologisch beweisbar, in die zweite
Hälfte des 4. Jahrtausends. Und da diese Gräber noch tiefer liegen als die äl-
testen Gräber der ersten Dynastie von Ur (ca. 3100) und sie direkt unter
ihnen liegen^ und da ein ausgeraubtes Königsgrab dann ums Jahr 3000 wieder
benutzt wurde, ist die Datierung auf ca. 3500 richtig. Und man kann, da es
sich um eine äußerst entwickelte Kultur handelt, behaupten, daß ihre Anfänge
sicher noch einige Jahrhunderte weiter zurückliegen. Die Alt-Sumerer, von
denen man nicht recht weiß, woher sie kamen, ob vielleicht von den nordöst-
lichen Bergen oder etwa als letzte W elle der Völkerbewegung, die von beiden
Rändern des westlichen Mittelmeers nach Nordosten zog und sich dann süd-
wärts wandte, also vom Kaukasus und Armenien herunter, — diese dann
später von den semitischen Akkädern verdrängten Alt-Sumerer saßen wohl
schon ums Jahr 4000 am unteren Euphrat. Die Gudea-Zeit, aus der die be-
kannten Skulpturen von Tello stammen, ist neu-sumerisch, also später als die
Akkader, um 2500. Dieses nicht-semitische jüngere Summerervolk ward gegen
Ende des Jahrtausends von jenen semitischen Stämmen überwältigt, die sich
dann unter Hammurabi zu einem großen Reich zusammenschlossen- damals,
als der Erzvater Abraham die Stadt Ur in Chaldaea verließ.
Man hat in den letzten Jahren nun die Königsgräber gefunden, zwölf Meter
unter dem heutigen Boden. Das Grab des Königs selbst wurde in alter Zeit
geplündert, so daß man seinen Namen nicht weiß. Aber das Grab der Königin
Shub-Ad war unangerührt, ebenso wie das eines der Großen des Reiches, Mes-
Kalam-Dug, des »guten Heros des Landes«.
Was man in diesen Schachtgräbern fand, in denen die eigentlichen Grab-
kammern, Gewölbebauten, versteckt lagen, ist ein ungeheurer Schatz von
goldenen und sonstigen kostbaren Dingen, Erzeugnisse einer Kunst, die alles
sonstige von damals durch ihre Schöpferkraft und ihre Vollendung weit über-

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