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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 8
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Freund, Frank E. Washburn: Leih-Ausstellungen in amerikanischen Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0283
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LEIH-AUS STELLUNGEN IN AMERIKANISCHEN
MUSEEN VON FRANK E WASHBURN FREUND
In den letzten Monaten haben einige amerikanische Museen Leihausstellungen
veranstaltet, deren Bedeutung eine besondere Behandlung verdient. Zwei der-
selben waren ausschließlich der spanischen Malerei gewidmet und als Ge-
denkausstellungen für Goya gedacht, den sie sozusagen als den Nachkommen
der Großen des i 7. Jahrhunderts und in dem einen Fall auch als Vorfahren der
späteren Künstler feiern wollten.
Das New Yorker Metropolitan Museum hat so seine Hand auf eine ganze
Anzahl hervorragender Werke zu legen verstanden und nicht nur Goya in einer
Reihe höchst charakteristischer Gemälde vorzuführen vermocht, sondern auch
Velasquez, Greco und Ribera, während von Murillo, Zurbaran, Herera, Col-
lantes, Cano, Mazo, Legote, Pantoja und Luis Tristan immerhin ein oder
mehrere Bilder zu sehen waren. An der Ausstellung hatten sich neben einer
Anzahl von Privatsammlern auch einige Museen durch Leihgaben ihrer besten
Werke der spanischen Schule vorbildlich beteiligt. Interessant war es nun
zu sehen, wie die für amerikanische Sammler so charakteristische Bevor-
zugung des Bildnisses auch auf diesem Gebiete zutage trat. So war es z. B.
bei Ribera auffallend, daß, von einem hl. Hieronymus abgesehen, eigentlich
alle ausgestellten Werke zum mindesten einen Bildnischarakter trugen. Auch
Goya war fast nur als Porträtmaler repräsentiert, ausgenommen einen glanz-
vollen »Stierkampf« aus der Sammlung Arthur und Alice Sachs und die Serie
von sechs Tafeln, die die Gefangennahme des Räubers Margaroto durch den
Mönch Pedro de Zaldivia darstellen und dem Mr. M. A. Ryerson gehören, die
eine Idee von Goya als Schilderer seiner Zeit vermittelten. Unter seinen Bild-
nissen waren einige von jener erstaunlichen Meisterschaft, die von dem brennen-
den Temperament des Malers zeugen. Etwas wie alte Magik sprach aus dem
Bildnis des Knaben Don Manuel Osorio de Zuniga, der eine Schalaster an einem
Bändchen hält, während drei Katzen, die hinterste fast nur noch durch ihre
phosphoreszierenden Augen erkenntlich, auf den Vogel starren, als ob sie ihn
hypnotisieren wollten. Hier sind Tendenzen lebendig, die in unserer Zeit von
gewissen expressionistischen Malern wieder aufgenommen worden sind.
Glänzend war auch El Greco vertreten, dessen eine Version seines »Gethsemane«
(ebenfalls der Sammlung Arthur und Alice Sachs angehörend) mit seinem fluten-
den Rhythmus der Komposition wie der Farben jedem unvergeßlich bleiben
wird. Von seiner »Vertreibung der Wechsler aus dem Tempel« waren eine
furiose, kleinformatige Skizze (Eigentümer Aaron Naumburg) und eine Version
mit dem Bildnis Tizians in der unteren rechten Ecke zu sehen (aus dem Institute
of Arts in Minneapolis).
Von Velasquez waren u. a. sein wunderbar gemalter früher »Mann mit Wein-
glas« aus dem Museum von Toledo (in Amerika), ein Selbstbildnis (Eigentümer
Jules S. Bache), ein Bildnis Philipps IV. (Mrs. Thomas J. Emery-Sammlung) und
ein Mädchenkof aus seiner Spätzeit (im Besitz von Mr. John N. Willys) ausge-
stellt. Das Mr. Bache gehörige Selbstbildnis soll nach A. L. Mayer eine Studie
zu dem in der »Übergabe von Breda« vorkommenden Selbstporträt sein.
Daß das Metropolitan Museum aus der immerhin erstaunlichen Zahl bedeuten-

ig Der Cicerone, XX. Jahrg., Heft 8

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