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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 4
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Scharf, Alfred: Ein neuer van Dyck
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0168
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EIN NEUER VAN DYCK
i I
VON ALFRED SCHARF
Nur selten tauchen Bilder des van Dyck neu auf. Um so erstaunlicher ist es,
daß in letzter Zeit zwei Bilder dieses Meisters im Berliner Handel zu sehen
waren, die vordem gänzlich unbekannt, nunmehr der Vergessenheit ent-
rissen sind.
Das eine, ein bisher ungedeutetes Schlachtenbild (Galerie van Diemen), ist in
Format und Darstellung dem Gemälde »Heinrich IV. in der Schlacht bei
Martin d’Eglise« in der Münchner Pinakothek, mit dem es wohl einen Teil
einer Folge bildete, verwandt. Der planartige, gleichsam kartographisch
genau aufgenommene Mittel- und Hintergrund rührt vermutlich von dem
habsburgischen Hofmaler Pieter Sriayers her, der als Schlachtenmaler zu jener
Zeit besonders geschätzt wurde. Bei beiden Bildern hat van Dyck die Figuren
des Vordergrundes in breiten Pinselstrichen ganz alla prima eingetragen.
*
Das zweite Gemälde, das Bildnis eines Feldherrn in Rüstung, das sich nur
wenige Tage in Berlin auf hielt, um nach Amerika verkauft zu werden, ist be-
reits in Heft 2 des Cicerone erwähnt worden. Heule sind wir in der Lage,
eine Abbildung dieses Werkes bringen zu können.
Die Befangenheit in der Haltung des Dargestellten, die Härte der Modellierung
und die Festigkeit der Farbe deuten auf den Stil seiner Frühzeit hin. Das weiß-
liche Inkarnat steht in starkem Kontrast zu der effektvollen Schwarzmalerei
des Panzers, aus dem scharfe weiße Lichter ohne Schattenhalbtöne heraus-
springen. Der Einfluß des römischen Barock um Caravaggio wird hierin be-
sonders deutlich erkennbar. Mit diesem Gemälde stilistisch eng verwandt ist
das Bildnis des Präfekten Raphael Bacius, das sich jetzt in der Sammlung
Widener in Philadelphia befindet (zuerst publiziert im »Illustrat Catalogue of
500 paintings by old masters of the Sedelmeyer Gallery« (1898) Nr. 23). Die
auf beiden Bildern vorkommende starke Wendung des Kopfes ist ein Motiv,
das van Dyck in späterer Zeit noch mehrfach anwandte, so in den Bildnissen
der Feldherrn in Rüstung in W7ien und dem Lomellini auf dem Gruppenbild
in Edinburgh. Eine nähere zeitliche Bestimmung ergibt sich aus dem Bildnis
des Emanuel Philibert von Savoy, den van Dyck, wie Beilori erwähnt, 1624
in Palermo gemalt hat, und der dort im gleichen Jahre an der Pest gestorben
ist. Das in Dulwich aufbewahrte Gemälde geht auf das Engste mit dem Lo-
mellini und dem Wiener Bildnis zusammen. Für das neu aufgetauchte Bildnis
ergibt sich demnach das Jahr 1624 als terminus ante. Es wird wohl am besten
in den Anfang seines italienischen, genuesischen Aufenthaltes zu setzen sein.

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