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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 9
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Kunst-Literatur
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KUNST-LITERATUR

GUSTAV PAULI: ZEICHNUNGEN ALTER
MEISTER IN DER KUNSTIIALLE ZU
HAMBURG. Niederländer. Neue Folge.
Prestel Verlag, Frankfurt a. M.
Diese Mappe bringt die Veröffentlichung nie-
derländischer Zeichnungen der Hamburger
Kunsthalle zum Abschluß. Es wird nun nur
noch eine Auswahl von deutschen, italieni-
schen, französischen und spanischen Zeich-
nungen folgen, verteilt auf zwei bis drei Map-
pen. Die Wiedergaben (3i Lichtdrucke) sind
wieder ausgezeichnet und führen in den mei-
sten Fällen aufs dichteste an die Originale
heran. Die Anordnung ist wieder chronolo-
gisch, das Begleitheft Paulis gibt wieder wich-
tige Deutungen, Provenienzen und Literatur-
angaben. Wir möchten folgendes erwähnen:
Das merkwürdige Blatt mit der Auferstehung
Christi und der genau dazugehörenden „Aus-
gießung“ auf der Rückseite. Beides als Illu-
strationen zum Symbolum apostolicum be-
stimmbar, zu jener Folge rechnend, die sich
auf Berlin, Koburg, Paris und Chantilly ver-
teilt. Die Unterbringung scheint mir schwie-
rig, Winkler schlägt vor „die Art des späten
D. Bouts oder des frühen Memling“. Eine von
Dürer abhängige und etwas nach L. van Ley-
den tendierende „Darstellung im Tempel“
schreibt man B. van Orley zu. Desgleichen die
„Fortuna“, in der ich eine edle Arbeit noch
zurückhaltender Modellierung sehe, die von der
Atmosphäre zwischen Dürer und ITolbein
noch so viel enthält, daß einem jene Zu-
schreibung nicht ganz eingehen will. Das Be-
deutendste der Mappe ist der „Sommer“ des
alten P. Brueghel, die gegenseitige Vorlage zur
Radierung, in sicherer Form signiert und da-
tiert. Zwei weitere Landschaften schreibt man
Jan Brueghel d. Ä. zu. Kompositioneil er-
staunlich und auffallend ist die Kreidezeich-
nung mit farbigen Stiften „Felsklippen“, die
aber wirklich sehr verlockt, R. Savery zuer-
teilt zu werden. Hinter eine weitgestreckte
lavierte Flachlandschaft setzt man mit Recht
„Id. Seghers?“, denn sie steht dem Meister
nahe, ohne restlos zu überzeugen. Nun füh-
ren vier fesselnde Blätter zu Rembrandt, wo-
von nur eines von einigen Autoren in Frage
gestellt wurde. Eine wundervoll klare, sig-
nierte Kreidezeichnung von Cornelis Vis-
scher II sei weiterhin hervorgehoben, sowie
der entlegene Herman Nauwinx, falls man
hier wirklich diesen Meister vor sich hat. Es
folgt ein Wouwerman und ein wenig über-
zeugendes Blatt, das man Jak. Ruisdael gab.
3l8

Eine entschlossene Pinselzeichnung wird den
verwandten Blättern zugerechnet, die der
Sammlung Hofstede de Groots zugehören, wo
man sich bis zur problematischen Bestimmung
„Brouwer“ vorgewagt hatte. Einer Baum-
studie, Hobbema genannt, wird mit Recht ein
Fragezeichen angehängt, da sie auffällig
wehend-geschmeidig ist für diesen Meister.
Weitere Landschaften des 17. Jahrhunderts
(Jan van der Heyden, J. W. de Wet, I. Mou-
cheron usw.) beschließen die schöne Reihe
und den anregenden Katalog. Roh
HANS WEGENER: BESC1 (REIBENDES VER-
ZEICHNIS DER DEUTSCHEN BILDER-
IIANDSCHRIFTEN DES SPÄTEN MIT-
TELALTERS IN DER HEIDELBERGER
UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK. Verlag
I. I. Weber. Leipzig 1927.
Von den Handschriften der altberühmten Pa-
latina sind bisher nur die zwei Hauptwerke
„Der Wälsche Gast“ und die Manessische Lie-
derhandschrift kunstgeschichtlich beschrieben
worden, und zwar 1887 und i8g5 von Adolf
von Oechelhäuser. Nun unternimmt es die Hei-
delberger Universitätsbibliothek, durch Hans
Wegener die deutschen Bilderhandschriften
des späten Mittelalters bearbeiten zu lassen, und
zwar bei I. I. Weber in Leipzig, der soigroße
Sorgfalt an die Beschreibung der Miniatur-
handschriften der preußischen S taatsbibliothek
gewandt hat, was wir ihm an dieser Stelle mit
allem gebührendem Lobe attestieren durften.
Im vorliegenden Fall handelt es sich besonders
um oberdeutsche Manuskripte, die von den
Pfalzgrafen hei Rhein gesammelt wurden. Zu-
meist nicht eigentliche Prachtcodices, wie sie
beispielsweise in Frankreich für die Herzoge
von Burgund geliefert wurden. Nur die beiden
Geomantiebücher kann man als solche bezeich-
nen. Die eine Handschrift ist bayerischen Ur-
sprungs um 14go, pal. germ. 832, mit schö-
nem astronomischen Drehbild und einer gro-
ßen Zahl Miniaturen; die zweite nürnbergisch,
pal. germ. 833, von Albrecht Glockendon dem
Jüngeren (1557). Die meisten anderen jedoch
sind Erzeugnisse bürgerlicher Kunst, wenn
auch von gutem Niveau. Vorherrscht das höfi-
sche Epos, so da ist der Lancelot, der Parsi-
val, der Tristan, Flore und Blancheflor, Ort-
nit, die Eneide des Heinrich von Veldeke, der
Renner von Hugo von Trimberg. Dagegen fehlt
das Kirchenbuch fast ganz, völlig die Horen,
die sonst eine so große Rolle in der Miniatur-
malerei spielen. Die Art der Herausgabe ist
 
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