Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

DOI Heft:
Heft 9
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0339
Lizenz: In Copyright

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Fritz Scherer Steinbruch bei Ajaccio. Öl. 1928
Aus der Ausstellung »Deutsche Kunst der Gegenwart Nürnberg 1928«

RUNDSCHAU

AMSTERDAM
Der sogenannte Ehrensaal des Rijksmuseums
ist nach Inhalt und dekorativer Ausgestaltung
gründlich geändert. Man hat die Seitennischen,
die eine Stufe höher als der Mittelgang lagen,
in das Ganze des Raums dadurch einbezogen,
daß man den Mittelgang erhöhte, und man hat
ihnen außerdem einen hellen Maueranstrich
gegeben, so daß der Gesamtraum nun nicht
mehr einem düsteren Kirchenschiff gleicht,
sondern sich licht und munter wie ein Fest-
saal gibt. Nach dem Prinzip des Kaiser-Fried-
rich-Museums hat Schmidt-Degener allenthal-
ben zeitgenössisches Möbelwerk, dazu in Vitri-
nen die Ehrenabzeichen der Schützengilden,
ihre Koller, Helme, Hellebarden aufgestellt.
In den Seitenvitrinen schimmert das Delfter
Steingut der Sammlung Loudon. H
KÖNIGSBERG
Die alte Krönungsstadt der preußischen Kö-
nige, die durch den unseligen Versailler Ver-
trag viel zu sehr isoliert von der übrigen deut-
schen Kultur ihr Dasein behaupten muß, hatte
kürzlich einen großen Tag. Am 20. April fand
dort die feierliche Eröffnung der städtischen
Kunstsammlungen statt, die der neue Direk-
tor Dr. Alfred Roh de, ein Schüler Sauer-
landts, mit frischem Wagemut und feinem
künstlerischen Instinkt neu geordnet und im

alten Schloß im Sinne eines wohlgegliederten
modernen Museums aufgestellt hat. Jetzt erst
zeigt sich nämlich, welchen Reichtum an Wer-
ken des Mittelalters, der Renaissance, des Ba-
rock und der Biedermeierzeit Königsberg aus
der Tradition seiner Geschichte beherbergt
und überraschend tritt neben diesen wohl-
tuend angeordneten Zimmern von vorwie-
gend kunstgewerblichem Inhalt die neue Ge-
mäldegalerie vor den Beschauer. Die früher
überwuchernde Mittelmäßigkeit wurde maga-
ziniert, dafür aber gewinnt jetzt das einzelne
Bild an Bedeutung. Daß es in dieser Galerie
Werke von Hals, Brouwer, Ostade, Jordaens
und Tintoretto gibt, war uns im Reich bei-
nahe unbekannt, und sehr beachtlich ist auch
die Schau deutscher Kunst des 19. Jahrhun-
derts. Da gibt es erstklassige Bilder der Wald-
müller, Gärtner, Rohden, Caspar David Fried-
rich, die zu den Modernen überleiten, den Bil-
dern von Corinth und Mesek.
Daß hier noch unzählige Lücken klaffen, die
dem Kennerblick und der Initiative eines ziel-
bewußten Museumsleiters lohnende Aufgaben
stellen, ist leider nicht zu leugnen. Aber wenn
die Stadt die Begabung ihres neuen Direktors
nur halbwegs richtig einschätzt, wenn sie Mit-
tel bereitstellt und der Staat auch einmal die
hier latente wichtige künstlerische Pionierar-
beit erkennt, dann ist zu hoffen, daß dieses
neue Museum der östlichsten Provinz einmal

25 Der Cicerone, XX. Jahrg., Heft 9

5°9
 
Annotationen